Der Bankkunde von heute nutzt das Internet und Apps. Aber wie lange noch? Das Online-Banking, so wie wir es kennen, werde verschwinden, so lautet eine gewagte These.

Das Internet hat das Banking mindestens so stark revolutioniert wie der Bancomat oder die Kreditkarte. Die mit Abstand häufigsten Kontakte zwischen Kunde und Bank finden heute online statt.

Aber noch immer hinkt die Branche den neuen und sich ständig weiter entwickelnden Kundenbedürfnissen im digitalen Bereich hinterher und investiert enorme Summen, um den Abstand zu verringern.

Banken müssen sich neu erfinden

So wichtig der Online-Banking-Kanal zurzeit ist – die Wahrscheinlichkeit ist riesig, dass sich die Banken in Kürze ein weiteres Mal neu erfinden müssen und das E-Banking von heute künftig nicht mehr gefragt ist. Diese Prognose stellt Mark Ryan, Chefanalytiker von Extractable, einem Beratungsunternehmen für digitale Strategien, in einem Artikel des Bankenmagazins «The Financial Brand».

Was das Online-Banking für immer verändern werde, so Ryan, sei die menschliche Stimme. Vielmehr: die Stimmerkennung. Seit Apple mit Siri im iPhone diese Technologie eingebaute, wurde sie ständig weiterentwickelt. Dieses Jahr will beispielsweise der britische Bankenriese HSBC die Stimmerkennung für die Kundenidentifikation einsetzen.

Die Technologie ist reif

Und damit hat die nächste Revolution im digitalen Banking bereits begonnen: Die Kundenidentifikation wird dabei nicht das Ende des Einsatzgebietes der Stimmerkennung bleiben. Einfachere Banking-Aktivitäten wie Kontoüberprüfung, Überweisungen, Zahlungen und Aufträge werden ebenfalls mittels Stimmerkennung möglich sein – und in absehbarer Zeit auch eingeführt werden. «Das ist nicht mehr eine Frage der Technologiereife, sondern der verfügbaren Kanäle» Mark Ryan.

Und auch das ist eine Frage der Zeit: Das «Internet of Things», also die völlige Vernetzung der Welt, wird zunehmend Realität. Autos beispielsweise sind zunehmend vernetzt und verfügen teilweise über Stimmerkennung.

Sehr fokussierte Kunden

Theoretisch ist es bereits möglich, dass Bankkunden während der Autofahrt mündlich über eine installierte App mit ihrer Bank Kontakt aufnehmen, um Transaktionen zu tätigen.

Warum das nun für das herkömmliche Online-Banking ein Todesstoss sein kann, wird klar, wenn man die Gewohnheiten von Kunden auf Banken-Websites untersucht – wie Mark Ryan es getan hat.

Demnach generieren bestehende Kunden, die sich für irgendeine Dienstleistung interessieren, 85 Prozent des Traffics auf einer Bankenseite. Und diese Kunden sind in der Regel sehr fokussiert: Sie loggen sich ein, lösen eine Transaktion aus und verlassen die Seite wieder. Die durchschnittliche Verweildauer ist weniger als drei Minuten.

Massiver Einbruch des Traffics

Entwickelt sich die Stimmerkennung im Banking so wie prognostiziert, wird der Traffic auf Banken-Webseiten massiv einbrechen. Die Kunden brauchen die Banken-Webseiten nicht mehr. Die Folgen für die Banken sind düster: Ihr Marketing auf den eigenen Seiten erreicht die Kunden nicht mehr, Cross-Selling-Effekte wird es nicht mehr geben.

Die Erhöhung des «Share of Wallet» eines Bankkunden – also einem Kunden mehrere Bankdienstleistungen verkaufen zu wollen – wird damit viel schwieriger. Das personalisierte Banking wird nicht mehr funktionieren, da der Kunde mit dem massgeschneiderten Content und den Angeboten nicht mehr angesprochen werden kann.

Mehr hochwertige Inhalte

Der Schluss, dass Stimmerkennung für die Bankenindustrie eine echte Bedrohung darstellt, liegt damit auf der Hand. Allerdings nur für die Banken, die in der Gegenwart verharren.

Der Ausweg ist, dass sich Banken im Internet noch stärker auf hochwertige Inhalte konzentrieren; beispielsweise auf Online-Kredite, Hypotheken oder Finanzplanungs-Tools. Mit solchen Inhalten könnten die Banken sowohl ihre Kunden weiterhin auf ihre Webseiten und locken und möglicherweise auch die Verweildauer erhöhen.

Gelingt dies, ist die Stimmerkennung im Banking ein Gewinn: Für die Kunden sowieso, weil die Stimmerkennung für sie eine deutliche Vereinfachung bedeutet. Und für die Banken, weil sie die Kundenansprache und Benutzerfreundlichkeit verbessern und das Potenzial aus ihren Internetauftritten erhöhen können.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.69%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.42%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    15.54%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    45.71%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.64%
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