Wie können Banken ihre Angestellten im Ausland schützen? Antworten von Ghislain de Kerviler, CEO von International SOS in der Schweiz.

Freitag, 27. April 2012. Die Finanzberaterin steht am Flughafen Kloten, als sie kurz vor Abflug nach Bahrain die SMS-Warnung erreicht: Die politische Opposition nutzt das für Sonntag angesagte Formel-1-Rennen auf der Insel im Persischen Golf für Proteste.

Sie holt sich Rat bei der Alarm-Zentrale der Firma International SOS. Da sich die Demonstrationen auf das Gelände rund um die Rennstrecke beschränken, rät ihr diese zur Weiterreise.

Gewaltausbruch in der Innenstadt

Nach Ankunft der Geschäftsreisenden in ihrem Hotel in Bahrain weiteten sich die Unruhen allerdings aus und greifen auch auf die Stadt über.

Nach neuer Lagebeurteilung wurde die Frau evakuiert, zusammen mit 3 weiteren Mitgliedern, deren Aufenthalt International SOS im Auftrag ihrer Arbeitgeber getrackt hatte.

Viel Risiko-Managment für Kapitalanlagen – wenig für «Human Capital»

De_Kerviler

«Bei Banken ist das Risiko-Management in der Regel hoch angesiedelt. Trotzdem vernachlässigen sie oftmals ihr 'Human Capital' im Ausland», bemängelt Ghislain de Kerviler, CEO von International SOS in der Schweiz.

Dabei spricht er nicht von den beiden Grossbanken. Er zielt auf die zahlreichen Privatbanken und Vermögensverwalter in der Schweiz, die seit jeher viel reisen und Land und Leute ihrer Ziel-Destination aus vielen Aufenthalten gut kennen.

Auf der Suche nach dem Rohstoff Vermögen

Doch auch der Vielflieger kann sich immer weniger auf seine Erfahrung verlassen: Wie die Minenbetreiber sind die Schweizer Privatbanken gezwungen, auf der Suche nach ihrem Rohstoff Vermögen in immer entlegenere Regionen vorzustossen.

Und trotz aller Erfahrung könne auch den Reiseroutinier das Unerwartete treffen, meint de Kerviler: «Was tun, wenn in Südafrika plötzlich eine Magenblutung auftritt?» Das Mitglied von International SOS, dem dies passiert, sei innert dreier Stunden in einem Ambulanzflugzeug nach Genf repatriiert worden.

OR 328 verpflichtet den Arbeitgeber

Und de Kerviler erinnert die Banken an den Artikel 328 aus dem Schweizer Obligationenrecht. Der verpflichtet die Schweizer Arbeitgeber, ihren Mitarbeiter auch bei Auslandseinsätzen zu unterstützen. «Das beginnt bei der richtigen Vorbereituung und reicht bis zur Intervention vor Ort und der Evakuierung.»

Der OR-Artikel sei umso aktueller, je unsicherer die «Alte Welt» wird. De Kerviler: «Ägypten galt bis vor Ausbruch des Arabischen Frühlings als relativ sicheres Reiseland.»

Der Arabische Frühling überraschte viele

Insgesamt evakuierte International SOS im Verlauf des Arabischen Frühlings rund 3000 Personen. Dies waren Mitarbeiter von 450 verschiedenen Firmenkunden:

  • Tunesien: 180 Evakuierungen in sieben Tagen 
  • Bahrain: 4 Evakuierungen
  • Ägypten: 1220 Evakuierungen
  • Libyen: 1516 Evakuierungen

Jahr der Grossereignisse

Laut de Kerviler haben sich die Grossereignisse 2011 und 2012 gehäuft. «Mit dem Erdbeben und Tsunami in Japan und der Aschewolke aus Island waren vermehrt Gebiete der 'Ersten Welt' betroffen und nicht nur die klassischen Katastrophegebiete etwa in Asien und Afrika.» 

Aus Arbeitgebersicht würden aber nicht die spektakulärsten Fälle das grösste Risiko für die Firmen darstellen, sondern die häufigsten. Und das sind Autounfälle und Herzinfarkte.

Auf der Geschäftsreise steigt das Risiko eines Herzinfarkts

Risikopersonen sind auf Geschäftsreisen besonders gefährdet, weil gestresst: Sie hetzen während des kurz gehaltenen Aufenthalts im fremden Land unter Hochdruck von Sitzung zu Sitzung.

«Was tun Sie bei einem Autounfall in Peking: Steigen Sie in den lokalen Krankenwagen ein?», fragt de Kerviler. «Wollen Sie in ein chinesisches Krankenhaus eingeliefert werden, wo niemand Englisch spricht?»

Fast 20'000 Evakuierungen pro Jahr

  • Die Assistance Zentrale von International SOS in Genf war in den letzten 12 Monaten an rund 150 internationalen Evakuierungen und Repatriierungen direkt beteiligt. 
  • 2011 wurden über 3'000 Einzelfälle pro Jahr für Schweizer Kunden in Genf bearbeitet. 
  • Für die gesamte Organisation belief sich die Zahl der Evakuierungen und Repatriierungen auf 19'541. Dies entspricht in etwa einer alle 45 Minuten.
  • Weltweit erhielt International SOS 4.2 Millionen Anrufe von Hilfesuchenden – 1 Anruf alle 12 Sekunden. Darunter waren 700'000 medizinische Notfälle und 15'000 sogenannte «Security-Fälle». 

Zu letzterem gehören auch die Unterstützung der Firmen bei Entführungen und Lösegeldzahlungen. Dafür unterhält International SOS ein Joint Venture mit dem weltweiten Marktführer im Bereich «Kidnap & Ransom». 

Aber: Keine Rettung aus dem Gefängnis

Doch der Einsatz von International SOS für Schweizer Banker in Not hat Grenzen – dann, wenn ein Schweizer Banker an einem fremden Flughafen im Zusammenhang mit dem Steuerstreit der Schweiz mit anderen Ländern verhaftet wird: «Das ist klar ein politisches Thema», erklärt de Kerviler.

Auf eine Befreiungsaktion dürfen dann Mitglieder nicht warten. Aber: «Ist sein Arbeitgeber Mitglied bei uns, sorgen wir - falls nötig und möglich für die medizinische Versorgung des Betroffenen. Es könnte sich allenfalls um einen Diabetiker handeln», sagt de Kerviler.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.36%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.81%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.84%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.35%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.64%
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