Das Bundesgericht hat einen weiteren Entscheid zu Retrozessionen gefällt. Zwei Anwälte erklären, was das Gericht gesagt und was es (noch) nicht gesagt hat.

 

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Das Bundesgericht hat am 30. Oktober 2012 ein weiteres Urteil zur Rechenschafts- und Herausgabepflicht von Retrozessionen gefällt. Leonardo Cereghetti (links) und Dominik Oberholzer, Partner im Banking und Finance Team von Kellerhals Anwälte Zürich, Basel und Bern haben den Bundesgerichtsentscheid analysiert. 

Konkret geht es um Vertriebsentschädigungen, die eine Bank von gruppeneigenen und -fremden Gesellschaften für Anlagefonds und strukturierte Produkte erhielt, die sie für Vermögensverwaltungskunden erworben hat.

Banken mit den gleichen Pflichten wie die Vermögensverwalter

Der Entscheid knüpft nahtlos an die bisher ergangenen Entscheide zur Rechenschafts- und Herausgabepflicht von Retrozessionen an (Bundesgerichtsentscheide vom 22. März 2006 und vom 29. August 2011). Er enthält aber auch Klärungen zu noch offenen Fragen.

Insbesondere hielt das Bundesgericht fest: Nicht nur Vermögensverwalter, sondern auch Banken unterliegen gegenüber Vermögensverwaltungskunden der Rechenschafts- und Herausgabepflicht für Vertriebsentschädigungen, die sie im Rahmen der Ausübung des Vermögensverwaltungsmandats erhalten haben.

Begründet wird das mit dem inneren Zusammenhang, den die Vertriebsentschädigung mit dem Vermögensverwaltungsvertrag hat.

Fehlen eines Schweizer Konzernrechts

Dies gilt selbst dann, wenn Vertriebsentschädigungen von konzerneigenen Produktanbietern wie zum Beispiel konzerneigenen Fondsleitungen oder Emittenten von strukturierten Produkten bezahlt werden. Begründet wird das mit dem Fehlen eines Schweizer Konzernrechts, weshalb jede juristische Person zivilrechtlich als eigene Einheit zu betrachten ist.

Eine wirtschaftliche Betrachtungsweise im Zusammenhang mit dem Bankkundenvertrag sei vorliegend nicht angebracht.

Das Argument, Vertriebsentschädigungen würden nicht der Rechenschafts- und Herausgabepflicht unterliegen, da sie eine Entschädigung für die Vertriebstätigkeiten der Bank darstellen, hat das Bundesgericht verworfen. Dies unter anderem, weil die Vertriebsentschädigungen erfolgsabhängig berechnet wurden und in keinem nachweisbaren Verhältnis zum effektiven Vertriebsaufwand standen.

Herausgabepflicht breit auslegen

Die Herausgabepflicht sei breit auszulegen, da sie die Treuepflicht des Beauftragten konkretisiere. Als solche beuge sie der Gefahr vor, die Bank könnte sich aufgrund der Vertriebsentschädigungen veranlasst sehen, die Interessen des Kunden und Auftraggebers nicht ausreichend zu berücksichtigen, sprich: sie könnte Produkte auf Grund der zu erwartenden Vertriebsentschädigung und nicht auf Grund der Geeignetheit für den Anleger aussuchen.

Dabei verlangt das Bundesgericht nicht den Nachweis, dass die Vertriebsentschädigung die Auswahl der Finanzprodukte beeinflusst hat. Vielmehr sieht es den inneren Zusammenhang zur Vermögensverwaltung schon dann als gegeben, wenn die Gefahr besteht, die Bank könnte sich auf Grund der Vertriebsentschädigungen veranlasst sehen, die Interessen des Auftraggebers nicht ausreichend zu berücksichtigten.

Dass die Vertriebsentschädigungen aus der Verwaltungskommission bezahlt werden, deren Höhe sich aus dem Fondsvertrag und/oder dem Prospekt des Anlagefonds ergibt und zu deren Erhebung der Vermögensverwaltungskunde – zumindest indirekt – zugestimmt hat, ändert am Urteil nichts.

Da die Bank im konkreten Fall keine Verzichtserklärung bezüglich allfälliger Zuwendungen beim Kunden eingeholt hatte, die den neuesten vom Bundesgericht entwickelten Anforderungen genügte, musste sie die erhaltenen Vertriebsentschädigungen herausgeben.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
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