Camille Vial zählt zu den seltenen Privatbankerinnen in der Schweiz. Was denkt sie über den Finanzplatz Schweiz, das Bankgeheimnis und Kinderbetreuung?

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Ihr Amtsantritt vor bald eineinhalb Jahren sorgte für Aufsehen, weil Vial die Tochter des langjährigen Teilhabers Thierry Fauchier-Magnan ist. Ausserdem ist die dreifache Mutter erst 35 Jahre alt.

Bankerin ist sie allerdings rein zufällig geworden, wie Camille Vial (Bild) im Gespräch mit finews.ch erklärt. Eigentlich habe sie Mathematik fasziniert, und während ihres Studiums in Lausanne habe sie auch Physik und Chemie gemocht. Nach ihrem Abschluss 2001 habe sie ein halbjähriges Praktikum bei Mirabaud absolviert.

Absage vom Nationalfonds

Weil der Schweizerische Nationalfonds die Finanzierung ihrer für danach geplanten Doktorandenstudie über Numerik ablehnte, blieb Vial schliesslich bei Mirabaud.

Anfang 2012 wurde sie Partnerin zur Partnerin des Hauses ernannt, während ihr Vater, Thierry Fauchier-Magnan, nach gut 30-jähriger Firmenzugehörigkeit in Pension ging. Inzwischen ist sie mit ihrem Team für das Portfoliomanagement des Hauses verantwortlich.

Lange Diskussionen

Ihre heutige Funktion erhielt sie allerdings nicht dank der prominenten Stellung ihres Vaters, wie Vial unterstreicht. «Es war nicht nur mein Vater, der über meine Rolle bei Mirabaud entschieden hat, sondern das gesamte Kollegium unter der Leitung von CEO Antonio Palma

Natürlich habe man bankintern lange darüber diskutiert, wie sie sich am besten in die Bank einbringen könne, sagt Vial. Sie habe verschiedene Geschäftsbereiche durchlaufen und sich dann – nicht zuletzt wegen ihres mathematischen Flairs – fürs Portfoliomanagement entschieden.

Ab nächstem Jahr wird Mirabaud mit rund 25 Milliarden Franken an Kundenvermögen die grösste «echte» Privatbank der Schweiz sein, weil die Konkurrenten Pictet und Lombard Odier unlängst beschlossen, diesen Status aufzugeben, wie auch finews.ch berichtete.

Kein Problem mit Auslandexpansionen

Bei Mirabaud steht ein solcher Wandel nicht an, wie Vial erklärt: «Als das bekannt wurde, sagte Yves Mirabaud (heute leitender Teilhaber), dass er sich selbstverständlich laufend überlegen würde, welches die beste Struktur für unser Geschäft sei. Aktuell denke er jedoch, dass die jetzige juristische Struktur dem Geschäftsmodell der Bank am besten entspreche.»

Pictet und Lombard Odier erklärten, die Rechtsumwandlung sei auch deswegen erfolgt, weil sie mit der bestehenden Struktur als Privatbankiers nicht im Ausland expandieren konnten. Dieses Handicap bekundet Mirabaud offensichtlich nicht. «Das ist für uns kein Problem», sagt Vial. «Unsere Struktur hat uns nie daran gehindert, im Ausland zu expandieren.»

Übernahme denkbar

Auf die Frage, ob auch eine Akquisition in der Schweiz in Frage käme, erklärt Vial: «Warum nicht? Zentral wäre jedoch, dass ein Unternehmen vollständig unserem Image, unseren Werten und Geschäftsaussichten entspricht.»

Vial bekennt sich auch klar zum Bankgeheimnis und sagt zur anhaltenden Debatte darüber: «Wir sollten nicht unsere ganze Vergangenheit über Bord werfen.» Die Genfer Bankerin räumt zwar ein, dass das Image ihrer Gilde in der Öffentlichkeit auch schon besser war, betont aber, dass sie das nicht zu spüren bekomme.

Karriere und Familie unter einem Hut

«Vielleicht liegt das daran, dass Mirabaud generell nicht für viel negative Publizität sorgt und in der Branche selber nicht negativ wahrgenommen wird. Wir leiden glücklicherweise nicht unter dem Gebaren gewisser anderer Banken in der Schweiz», so Vial.

Mit ihrem Flair für Naturwissenschaften und als dreifache Mutter gibt Vial nicht unbedingt den typischen «Banker» ab. Doch wie bringt sie Karriere und Familie unter einen Hut? «Selbst wenn man hierin geteilter Meinung sein kann, finde ich, dass das Betreuungsangebot für Kleinkinder in der Schweiz schon sehr gut ist», erklärt die Genferin.

Eine grosse Herausforderung

Natürlich sei sie privilegiert und habe einen Ehemann, der einen Teil der Kinderbetreuung übernehme. «Aber auch wir müssen uns organisieren, was an manchen Tagen nicht immer einfach ist», sagt Vial. Zudem würden die Kinder manchmal auch fragen, wieso ihre Mutter im Gegensatz zu anderen Müttern nicht zu Hause sei.

«Ich erkläre ihnen dann, was ich arbeite. Wenn die Kinder spüren, dass man mit seiner Lebenssituation zufrieden ist, dann akzeptieren sie das auch. Aber es bleibt eine grosse Herausforderung», stellt Vial fest.

Wegelin war ein Schock

Auf die Frage, was sie gedacht habe, als sie vom Ende der Ostschweizer Privatbank Wegelin gehört habe, sagt Vial: «Natürlich war das ein Schock. Aber ich will hier nicht beurteilen, was andere falsch oder richtig gemacht haben. Ich kann nur so viel sagen, dass sich unser Exekutivausschuss permanent Gedanken darüber macht, welche Entwicklungen zu antizipieren sind und was man daraus für sich selber ableiten kann.»

Die Privatbank Mirabaud habe schon vor 15 Jahren mit der Gründung eines exekutiven Führungsgremiums damit begonnen, die Strategie anzupassen und neben dem klassischen Private Banking neue Geschäftsfelder zu erschliessen, wie die institutionelle Vermögensverwaltung, also das Geschäft mit Pensionskassen, Versicherungen und anderen Institutionen.

Abhängigkeit vom Private Banking gelöst

«Wir haben auch eine Reihe von hochtalentierten Anlageexperten engagiert, um unser Investment-Know-how zu erhöhen. Zudem haben wir geographisch expandiert, etwa nach England und Spanien», sagt Vial.

Mittlerweile arbeiten rund 40 Prozent der Beschäftigten des Hauses ausserhalb der Schweiz. Das seien alles Schritte gewesen, um sich von der Abhängigkeit vom Private Banking zu lösen, erklärt Camille Vial.

Die Firma Mirabaud & Cie wurde 1819 in Genf gegründet. Die Privatbank beschäftigt heute in Europa, Amerika, Asien und Australien insgesamt 650 Personen. Das Finanzhaus verwaltet gut 25 Milliarden Franken.

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