Die angekündigte Transparenz der britischen Überseegebiete ist reine Kosmetik, meint Thomas Sutter von der Schweizerischen Bankiervereinigung.

Thomas_Sutter_119x178Thomas Sutter ist Leiter Kommunikation und Mitglied der Geschäftsleitung bei der Schweizerischen Bankiervereinigung

«Grossbritannien zwingt seinen Überseegebieten den automatischen Informationsaustausch (AIA) auf». Brüssel frohlockt, die gewohnt hyperventilierende deutsche Opposition zeigt sich euphorisch und die offizielle Schweiz schweigt.

Business as usual. Wir sind einmal mehr Zeuge der hohen Kunst von PR und Diplomatie. Machiavelli grüsst aus dem Londoner Nebel.

Wer während Jahrhunderten ein weltweites Kolonialreich beherrscht, dieses dann dosiert, überlegt und rechtzeitig in die Unabhängigkeit entlassen hat und am Ende gar mit dem Commonwealth of Nations belohnt wurde, weiss, wie Machtpolitik und Interessenvertretung funktionieren.

Grosse Dunkelheit neben dem Scheinwerfer

Wir können staunend das immer gleiche Spiel beobachten. London zieht den Scheinwerfer der öffentlichen Aufmerksamkeit auf sich, kündigt vom Zeitpunkt her überraschend in diesem Fall den AIA für seine Überseegebiete an und gibt sich somit als Vorreiter für weltweite Transparenz.

Dabei ist doch bekannt, dass es dort, wo der Scheinwerfer nicht hinreicht, umso dunkler ist. Was passiert mit den für Grossbritannien so wichtigen anonymen Trusts? Nothing. Denn wo keine Information vorhanden ist, kann auch keine ausgetauscht werden. Weder gemäss OECD-Standard noch automatisch.

Die Privatsphäre weniger Privatanleger wird mit grossem PR-Getöse geopfert. Die Länder mit Bankgeheimnis angeprangert und die eigenen Pfründe so gesichert. Wird der AIA weltweit umgesetzt?  Of course not. Vermögen aus Asien, den USA oder Lateinamerika bleiben weiterhin im Dunkeln. Die City kann beruhigt den Afternoon Tea trinken.

Differenzierte erste Kommentare

We are not amused, liebe Briten, aber Chapeau für diese Lehrstunde. Ganz anders die auf dem internationalen Parkett ungelenker operierende hiesige Regierung. Ein etwas unglücklich formulierter Satz zu möglichen Neuverhandlungen des deutsch-schweizerischen Steuerabkommens gibt der deutschen Opposition die Steilvorlage.

Einmal mehr wird unser Land als Wahlkampfthema missbraucht. Und die Tagesschau von SRF vom Donnerstag kann in einer nachrichtenlosen Zeit ganze 10 Minuten über etwas berichten, dessen Informationsgehalt um Null oszilliert. Erste Medienkommentare stimmen mich trotzdem optimistisch.

Vielleicht kommen die Briten dank Offshore-Leak mit dieser Charade für einmal nicht durch. Ob die Lernkurve der offiziellen Schweiz bei der Interessenvertretung in internationalen Gremien aber rasch genug ansteigt, steht auf einem anderen Stern geschrieben. Hoffen wir trotzdem auf «The return of the Jedi».