Sandro Merino vom Zürcher Asset-Manager Arecon wünscht sich kompetente Swiss Banker im nächsten James-Bond-Film. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg.

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Herr Merino, was spüren Sie konkret von der Konsolidierung unter den unabhängigen Vermögensverwaltern in der Schweiz?

Das eigentliche Asset Management muss neuen, professionelleren Standards gerecht werden, denn unabhängige Kundenberater können dies nicht ohne weiteres übernehmen. Dies dürfte sowohl zu einer stärkeren Spezialisierung zwischen Kundenberatung und Asset Management führen, als auch zu einer Konsolidierung.

Dabei bleibt die Beratungstätigkeit aber weiterhin weniger reguliert als der Asset-Management-Teil der Wertschöpfungskette. So dürfte die Landschaft der Berater vielfältig bleiben, während bei den Asset Managern Spezialisierungs- und Konsolidierungstrends stärker auftreten werden.


«Berater sollen sich auf Kundenbeziehungen fokussieren»


Diese Entwicklung schafft aber auch Chancen. Berater können sich auf ihre Kundenbeziehungen fokussieren, während sich die Asset Manager unter höheren und expliziteren Qualitätsstandards auf ihre Kernkompetenz konzentrieren.

Aktuell dürfte es in der Schweiz rund 3'000 unabhängige Vermögensverwalter geben. Wie viele davon werden in fünf Jahren noch existieren?

Etwa 30 Prozent der unabhängigen Vermögensverwalter sind als Ein-Personen Unternehmen organisiert. Etwa 80 Prozent der Firmen haben weniger als fünf Mitarbeiter. Daraus kann man schon schliessen, dass die neuen Regulierungen zu einem starken Rückgang der Anzahl Unternehmen führen wird.


«Auslagerungen können interessant sein»


Es gibt aber auch Trends die aufzeigen, dass neue, an die Regulierung angepasste Modelle für unabhängige Vermögensverwalter attraktiv sein können. Beispielsweise die Unterstellung unter ein Holding-Dach, wo die Kosten (für Informatik, Back Office, Compliance) geteilt werden.

Auch die Auslagerung des Portfolio-Managements kann für einen Vermögensverwalter, der sich auf das Relationship Management konzentriert, ein interessanter Ansatz sein. In dieser Konsolidierungswelle werden ebenfalls Skalierbarkeit (Kosteneffizienz) und Spezialisierung die Kernfragen sein, denen sich die Unternehmen stellen müssen.

Wo steht Arecon in dieser Entwicklung – Konsolidierer oder eher Konsolidierter?

Hört man sich im Markt um, dann entsteht der Eindruck, dass sich gegenwärtig alle als Konsolidierer sehen. Wir setzen in diesem Umfeld auf sinnvolle Partnerschaften mit anderen unabhängigen Anbietern und sehen die Frage der Konsolidierung nicht schwarz-weiss.


«Wir differenzieren uns vom Trend zur Industrialisierung»


Das eröffnet neue Perspektiven: Arecon ist ein institutionell orientierter Asset Manager und positioniert sich in der Wertschöpfungskette als Produzent professioneller Anlagelösungen.

Können Sie das noch etwas ausdeutschen?

Unsere Philosophie zielt auf Vermögensbewahrung in einem aktiven Anlageprozess ab. Sie differenziert sich somit vom heutigen Trend zur Industrialisierung, das heisst dem Trend zu passiven und stark indexorientierten Lösungen.


«Die Behavioral Finance hilft uns zusätzlich»


Dabei ist unsere Anlagephilosophie nicht dogmatisch, sondern stellt die Bedürfnisse des Kunden in den Mittelpunkt. Erkenntnisse aus der Verhaltensökonomik (Behavioral Finance) helfen uns dabei zusätzlich, Lösungen zu entwickeln, die den Ansprüchen unserer Kunden besser gerecht werden als eine reine Benchmark-Orientierung.

Warum sollte es Arecon in fünf Jahren noch geben?

Wir haben durch die Finanzkrise hindurch unseren Anlageansatz erfolgreich umgesetzt. Das gibt uns das Vertrauen, dass wir auch für die kommenden Jahre ein legitimes Kundenbedürfnis abdecken können.


«Wir verwalten vor allem institutionelle Vermögen»


Die latent bevorstehende Zinswende kann gerade bei Pensionskassen und anderen konservativen Investoren für grosse Probleme sorgen. Das ist für Arecon eines der zentralen Themen der Anlagestrategie.

Wie begegnen Sie den regulatorischen Veränderungen?

Arecon verwaltet vor allem institutionelle Vermögen und tritt nicht als Relationship-Manager bei Privatkunden auf. Daher sind wir eine ideale Ergänzung für unabhängige Vermögensverwalter, die eine Outsourcing-Lösung suchen, welche die Kundenbeziehung bewahrt.


«Die Fehler waren sehr gravierend»


Insbesondere für das Portfolio-Management von Vorsorgegeldern oder kollektiven Kapitalanlagen zu institutionellen Konditionen kann Arecon als Finma-Bewilligungsträger Lösungen anbieten.

Mittlerweile machen sich selbst in Schweizer Bankkreisen Anpassungstendenzen bemerkbar. Man nimmt sogar den automatischen Informationsaustausch mit der EU in Kauf. Tritt die Branche noch genug geeint auf?

Die in der Vergangenheit begangenen Fehler waren wohl zu gravierend, als dass man aus der gegebenen Ausgangslage ein besseres Verhandlungsergebnis hätte erzielen können. Die Schweiz ist in der Frage des Bankgeheimnisses auch innenpolitisch sehr gespalten.


«Die Schweiz ist in diesen Fragen isoliert»


Entsprechend ist von aussen keine klare Linie zu erkennen. Im Gegensatz dazu drängt die EU mehr oder weniger geeint auf den automatischen Informationsaustausch hin. Die Steueroasen Grossbritanniens oder der USA werden in der Diskussion ausgenommen, was bestätigt, wie isoliert die Schweiz in diesen Fragen ist.

Wie geht es weiter?

Dem Druck der EU wird sich die Schweiz nicht entziehen können. Zu politisch brisant ist die Diskrepanz zwischen den leeren Staatskassen der EU-Mitglieder, der Rekordarbeitslosigkeit im Süden Europas und dem Anonymitätswunsch von EU-Bürgern mit Lücken in ihrer Steuerdeklaration.


«Erreichbare Ziele sind nötig»


Wenn die Schweiz im Gegenzug zum automatischen Informationsaustausch für Finanzdienstleistungen den freien Zugang zum europäischen Markt erhält, dann wäre das schon ein gutes Ergebnis. Aber selbst dies ist aus heutiger Sicht noch nicht erreicht.

Was ist zu tun?

Es ist dringend nötig, erreichbare Ziele für den Schweizer Finanzplatz zu formulieren, welche auch innenpolitisch mehrheitsfähig sind. Das würde der Schweiz international eine bessere Verhandlungsbasis bieten. Die bisherige Linie ist inzwischen «an der Geschlossenheit der EU gescheitert».

Mit welchen Werten und Kompetenzen wird sich der Schweizer Finanzplatz in den nächsten Jahren gegenüber dem Ausland profilieren können?

Er muss stärker auf Qualität und Innovation setzen. Die Zeiten des «simple money» sind definitiv vorbei; Investoren wollen Performance und innovative Strategien. Aus meiner Sicht bleibt der starke Finanzplatz Schweiz in Zukunft nur dann erhalten, wenn eine Balance zwischen Beratung und Produktion gefunden wird.


«Die Kunden spüren, wo Kompetenz vorhanden ist»


Können Sie das noch etwas genauer erklären?

Wenn die Schweiz nur noch als Vertriebs- und Beratungsstandort gesehen wird und die Produktion von Finanzlösungen, die eigentliche Investmenttätigkeit, in die grossen angelsächsischen Finanzzentren verlagert wird, dann leidet mit der Zeit auch die Beratungskompetenz darunter. Die Kunden spüren, wo die Kernkompetenzen wirklich vorhanden sind.


«Bloss nicht diese dümmliche Verschwiegenheit»


Vorläufig ist das Vertrauen in den Finanzplatz Schweiz weiterhin vorhanden. Zusätzlich wünsche ich mir in einigen Jahren einen James-Bond-Film, in dem ein Schweizer Banker mit seiner herausragenden Investment-Kompetenz in Szene gesetzt und nicht stereotyp mit einer dümmlichen Verschwiegenheit karikiert wird.


Der 48-jährige Sandro Merino ist in der hiesigen Finanzbranche weitum bekannt, arbeitete er doch in den vergangenen 13 Jahren in verschiedenen Führungsfunktionen bei der UBS. Seit Anfang 2013 ist er für die in Zürich ansässige Arecon tätig, wo er die Verantwortung für das Portfolio Management der Fixed-Income-Produkte trägt. Ausserdem gestaltet er als stellvertretender Chief Investment Officer (CIO) zusammen mit Gründungspartner Christoph Bianchet die Anlagestrategie von Arecon.

Arecon ist ein unabhängiger Asset Manager, der 2007 von damaligen Anlagespezialisten der Winterthur-Versicherung gegründet wurde und auf Absolut-Return-Lösungen spezialisiert ist. Aktuell verwaltet das Unternehmen mit einem Dutzend Mitarbeitern zwei Milliarden Franken in Form von Mandaten für Pensionskassen, Privatbanken, Family Offices, unabhängige Vermögensverwalter, Stiftungen und Anlagefonds.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.29%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.73%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.92%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.28%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.78%
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