Der Finanzblog «Zero Hedge» zog kürzlich über Hedge Funds her. Es wird behauptet, dass in Zeiten der unkonventionellen Geldpolitik und damit nach oben treibenden Aktienkursen eigentlich gar kein Abwärtsrisiko mehr bestehe. «Zero Hedge» stellt den Sinn von Hedge Funds grundsätzlich in Frage. Was soll das?

Die Aussage, dass an den Aktienmärkten kein Abwärtsrisiko mehr bestehe, erinnert mich an das Jahr 2000. Als Aktien damals auf immer neue Rekordstände kletterten, glaubten viele Anleger, die US-Notenbank würde sie vor einer Kurskorrektur retten. Es war die Rede von einem «Greenspan Put», sozusagen einem von dem Fed aufgespannten Sicherheitsnetz für Investoren.

«‹This time is different› erweist sich für Anleger meist als sehr teuer»

Viele Anleger glaubten damals, dass sich die Welt grundlegend geändert habe, die Risikoprämien von Aktien dauerhaft gefallen seien und die Aktienkurse über Jahre auf einem sehr hohen Bewertungsniveau notieren würden. Was dann kam wissen wir alle: Das Fed konnte die Anleger nicht retten, die Risikoprämien sind gestiegen und Anleger haben mit Aktien viel Geld verloren. Der bekannte Spruch «this time is different» erweist sich für Anleger meist als sehr teuer.

Auch heute sind Anlagen in Aktien und Anleihen natürlich weiterhin mit Verlustrisiken verbunden. Es kann gut sein, dass die expansive Geldpolitik des Fed in den nächsten Monaten dazu führt, dass sich die Wirtschaft in den USA weiter erholt und die Aktienkurse weiter steigen. Es kann aber auch sein, dass das Fed die Lockerungsmassnahmen irgendwann beendet und dem Markt wieder Liquidität entzieht. Gerade angesichts solcher Unsicherheiten ist es sinnvoll, die Risiken zu streuen. Zu einer ausgewogenen Diversifikation gehören meines Erachtens auch weiterhin Investments in ausgewählte Hedge-Funds-Strategien.

«Möglichst transparente, liquide und kosteneffiziente Hedge-Funds-Lösungen»

Die Autoren von «Zero Hedge» fragen sich ebenso, wie lange es sich die Kunden noch gefallen lassen, für die relativ flauen Renditen zwei Prozent Verwaltungsgebühren zuzüglich 20 Prozent Performance Fee zu bezahlen. Was sagen Sie dazu?

Institutionelle Kunden, die in Hedge Funds investieren, sind meist nicht auf der Suche nach einer hohen zweistelligen Performance. Ihnen geht es in erster Linie um konsistent absolute Renditen. Wie hoch die geforderten Renditen sind, hängt von der jeweiligen Strategie ab. Wenn einzelne Hedge Funds weniger rentieren als andere vergleichbare Vehikel, ziehen institutionelle Kunden eher früher als später ihr Kapital ab. Wie für jede andere Branche gilt auch für die Hedge-Funds-Industrie, dass Kunden für gute Leistung auch weiterhin hohe Preise bezahlen. Kritik sollten wir aber ernst nehmen und versuchen, unseren Kunden vermehrt möglichst transparente, möglichst liquide und möglichst kosteneffiziente Hedge-Funds-Lösungen anzubieten.

«Hedge-Funds-Industrie wird immer heterogener»

Welches sind die Herausforderungen für die Hedge-Funds-Industrie heute, morgen und übermorgen?

Es sind derzeit mehrere Trends in der Hedge-Funds-Industrie festzustellen. Zum einen ist die Branche, wie bereits erwähnt, zunehmend von institutionellen Anlegern geprägt. Zum anderen ist ein Konvergenztrend zwischen der traditionellen Asset-Management-Industrie und der Hedge-Funds-Industrie zu beobachten. Immer mehr traditionelle Asset-Management-Gesellschaften legen Strategien – oftmals im UCITS-Format – auf, die früher Hedge Funds vorbehalten waren.

Zudem dürfte die Regulierung der Hedge-Funds-Industrie weiter zunehmen. In Europa werden Hedge-Funds-Strategien in Zukunft vermutlich vermehrt in Ländern wie Luxemburg aufgelegt werden, die EU-Richtlinien schnell und effizient umsetzen. In Ländern wie Deutschland, die auf nationalstaatlichen Sonderregeln bestehen, werden wohl weiterhin überwiegend Hedge Funds vertrieben, die im Ausland aufgelegt werden.

Des Weiteren geht der Trend in Richtung Spezialisierung entlang von unterschiedlichen Strategien. Die Hedge-Funds-Industrie wird immer heterogener. Da die Rendite- und Risikoeigenschaften von unterschiedlichen Hedge-Funds-Strategien sehr unterschiedlich sind, differenzieren gerade institutionelle Anleger vermehrt zwischen den einzelnen Strategien. Die Hedge-Funds-Industrie wird wohl auch in Zukunft sehr innovativ bleiben. Auf der Suche nach Ineffizienzen entwickeln Manager immer neue Ansätze. Eines scheint sicher: Die Hedge-Funds-Industrie bleibt interessant.


viebig jan claimVor seinem Eintritt bei Harcourt leitete Jan Viebig von 2010 bis 2012 als Head of Emerging Markets Equities bei Credit Suisse in Zürich das Investment Team. Zuvor arbeitete Jan Viebig von 1999 bis 2009 bei DWS (Deutsche Bank Gruppe). Er war anfänglich Senior Portfolio Manager für International and Emerging Markets. Später arbeitete er als Managing Director und Hedge Fund Manager, wo er verschiedene Long/Short Equity, Absolute Return und Long-only Fonds verwaltete. In dieser Position gewann Jan Viebig mehrere Performance Awards. Jan Viebig schloss seine Habilitation (post-Doktortitel) an der Universität Bremen ab. Er besitzt einen Master of International Management (post-MBA) von der Thunderbird School of Global Management in Glendale, USA. Ausserdem besitzt er einen Master und einen Doktortitel in Wirtschaftswissenschaften von der Universität der Bundeswehr München. Er ist ein Chartered Financial Analyst (CFA).

 

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