Marco Illy, einer der dienstältesten Investmentbanker in der Schweiz, über Stress, Klischees in seinem Job, und wie er sein Beziehungsnetz bei der Credit Suisse auch noch nutzt.

Der 53-jährige Marco Illy amtet heute als Head of Credit Suisse Investmentbanking für die Schweiz. Zudem ist er Mitglied der Geschäftsleitung der Credit Suisse in der Schweiz. Nach seinem Studium an der Hochschule St. Gallen stiess er 1989 zur Credit Suisse, wo er seither eine steile Karriere machte.

Herr Illy, wie geht einer der dienstältesten Investmentbanker wie Sie mit Stress um?

Das, was ich beruflich mache, mache ich gern. Allerdings hat man in meinem Beruf sehr viel mit exogenen Faktoren zu tun, wie beispielsweise die Volatilität der Kapitalmärkte bei Aktienplatzierungen. Man muss deshalb mit Stresssituationen umgehen können. Hier hilft mir meine langjährige Erfahrung.

So beschaulich wie Sie das beschreiben, dürfte der Alltag eines Investmentbankers trotzdem nicht sein.

Vieles, was in den Medien über Investmentbanker zu lesen ist, wird hochstilisiert. Ein Grossteil der Leute realisiert nicht, dass klassische Investmentbanker wichtige makro-ökonomische Funktionen erfüllen. Für die Weltwirtschaft sind sie wie Kapitaldrehscheiben.

Das müssen Sie etwas genauer erklären.

Vereinfacht gesagt, sie verschieben Kapital von da, wo es im Überfluss vorhanden ist, dorthin, wo es benötigt wird. Heute läuft der Transfer von Westen nach Osten in die Schwellenländer. In der Schweiz versorgen die Investmentbanken die Grossunternehmen mit Wachstumskapital – auch eine wichtige Funktion. Doch die Kritiker wollen das nicht verstehen. Sie bevorzugen die Klischees der abgehobenen Investmentbanker.

Während seiner langjährigen Tätigkeit als Investmentbanker war Illy verantwortlich für die Durchführung praktisch aller grossen Firmen-Transaktionen, die in der Schweiz stattgefunden haben, wie Nestlés Kauf von Perrier, der Verkauf von Alcon an Novartis, die Abspaltungen der Syngenta von Novartis, der Givaudan von Roche oder der Verkauf von Ciba an BASF.

Im Kapitalmarkt verantwortete er eine Vielzahl von Transaktionen, etwa für den Bund den Verkauf der UBS-Beteiligung, oder für Alpiq und ABB deren Rekapitalisierungen.

Illy und seine Truppe waren auch verantwortlich für die meisten Börsengänge (Initial Public Offering, IPO) in der Schweiz, wie die IPOs von DKSH, Leonteq, Glencore, Gategroup, EFG International, Geberit, Barry Callebaut, Panalpina oder Actelion.

Herr Illy, seit bald zehn Jahren engagieren Sie sich für das Schweizerische Rote Kreuz (SRK). Hat das damit zu tun, dass Sie als Investmentbanker wieder etwas gut machen wollen?

Nein, keineswegs. Mir geht es eher darum, etwas zur sozio-ökonomischen Stabilität in dieser Welt beizutragen. Und der erste Schritt dahin ist, die Armut zu bekämpfen, und zwar dort, wo sie am grössten ist. Der globale Handel kann nur gedeihen, wenn möglichst viele Länder auf der Welt der Armut entfliehen können und politisch stabil sind.

Haben Sie Zeit für ein solches Engagement?

Ich nehme mir Zeit dafür. Ich finde zudem, dass ich in meiner Position privilegiert bin, und somit etwas bewegen kann, nicht zuletzt über das Netzwerk der Credit Suisse. Spätestens seit der jüngsten Finanzkrise ist es enorm wichtig, dass die Privatwirtschaft etwas unternimmt.

Warum?

Viele Länder, die heute hoch verschuldet sind, haben ihre Entwicklungshilfe drastisch gekürzt. Die finanzielle Unterstützung der westlichen Industrienationen ist in den letzten Jahren um fast 20 Prozent gesunken. Ein instabiles ökonomisches Umfeld erhöht jedoch das Risiko sozialer und politischer Konflikte.

Was machen Sie konkret für das Rote Kreuz?

Ich unterstütze das Komitee bei der Suche von Sponsoren für die Gala, die alle zwei Jahre stattfindet, und leiste selber auch einen wichtigen persönlichen finanziellen Beitrag.

Gala-Dinner und Rot-Kreuz, passt das zusammen?

Absolut. Der diesjährige Anlass am morgigen Samstag in Zürich ist dem Thema «Mother & Child» gewidmet. Wir erwarten rund 400 Gäste aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft, die sich für einen guten Zweck engagieren. Der Erlös der Gala fliesst in Programme des SRK für «Opfer vergessener Katastrophen».

Damit werden bedürftige Menschen unterstützt, die unter den Folgen von Naturkatastrophen oder Armut leiden und zwar auch dann noch, wenn diese Ereignisse medial nicht mehr beachtet werden. In diesem Jahr unterstützt das SRK Projekte in Laos, Bolivien und Togo.

Können Sie das noch konkretisieren?

Wo es keine Gesundheitszentren, kein medizinisches Personal und kaum Kenntnisse über die Verhütung von Krankheiten gibt, werden alltägliche gesundheitliche Störungen schnell zur tödlichen Gefahr.

Noch immer sterben jedes Jahr 600'000 Frauen an den Folgen von Schwangerschaft und Geburt. Millionen Kinder fallen Krankheiten wie Masern oder Durchfall zum Opfer; solches lässt sich mit einfachen Mitteln bekämpfen.

Wie stellen Sie sicher, dass das Geld tatsächlich an die «richtigen» Orte fliesst?

Wie im Investment Banking muss man eine «Due Diligence», also eine Sorgfältigkeits-Abklärung, durchführen, die aufzeigt, dass die Mittel nachhaltig eingesetzt werden. Beim SRK haben wir eine Arbeitsgruppe, die sich regelmässig vor Ort ein Bild darüber macht. Zudem zeigen wir im Gala-Magazin 2013 detailliert, wie die Gelder von 2011, immerhin ein Spendenbetrag von rund 420'000 Franken, verwendet wurden.

Was sind Ihre persönlichen Motive für Ihr Engagement?

Ich habe immer viel vom Roten Kreuz gehalten, gerade weil diese Institution auch dann noch hilft, wenn nach einer Katastrophe das Interesse der Öffentlichkeit längst erloschen ist.

Gleichzeitig fand ich, dass sich die Credit Suisse ebenfalls für humanitäre und soziale Projekte engagieren könnte. Inzwischen ist sie global ein offizieller Partner des Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) sowie von verschiedenen nationalen Rotkreuz-Gesellschaften wie dem SRK.

Wie kommt das Geld bei der Rot-Kreuz-Gala zusammen?

Über den Ticket-Verkauf sowie über Auktionen und eine Tombola am Abend selber. Auf diesen Zeitpunkt hin gibt es auch immer Spenden von einzelnen Gästen. Bei den Auktionen versuchen wir auch Preise zu stiften, die im Normalfall nicht oder nur sehr schwierig zu kaufen sind, wie dieses Jahr beispielsweise zwei Tickets für den Fussball-WM-Final 2014 in der Fifa-VIP-Lounge im Maracanà-Stadion in Rio de Janeiro.

Was ist Ihr nächstes Ziel?

Dass wir die Spendensumme von 420'000 Franken, die 2011 zusammen kam, dieses Jahr nochmals übertreffen.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.5%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    19.11%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    27.95%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    8.91%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.52%
pixel