Credit-Suisse-Präsident Urs Rohner kommt auf alte Geschichten zu sprechen, Hans-Ulrich Meister ist nach wie vor überfordert, und neue Top-Shots stehen in den Startlöchern.

Die Bemerkung kam wie aus dem Nichts: Am vergangenen Wochenende gab Credit-Suisse-Verwaltungsratspräsident Urs Rohner ein Interview in der «NZZ am Sonntag». So weit, so gut. Dass die CS mit einem künftig kleineren Investmentbanking für Krisen besser gewappnet sei, ist nicht nur löblich, sondern auch zu hoffen.

Unvermittelt war vielmehr, dass Rohner auf die alte Geschichte von CEO Brady Dougans 70-Millionen-Vergütung zu sprechen kam, selbst wenn es dabei ganz allgemein um die Entlöhnungssysteme ging (Artikel online nicht verfügbar, hier der Hinweis von finews.ch).

Dabei weiss mittlerweile alle Welt, dass der amerikanische CEO der zweitgrössten Schweizer Bank vor einigen Jahren ein erfolgsabhängiges Gehaltspaket erhielt und in der Folge rund 70 Millionen Franken kassieren konnte. Darüber wurde ausgiebig berichtet. Umso mehr verwundert es, dass Rohner diese Geschichte nochmals indirekt zur Erwähnung brachte.

CEO und Präsident unter Druck

Rohners Äusserungen in Bezug auf Dougans früheres Gehaltspaket wirkten etwas merkwürdig. Doch Tatsache ist: Rohner steht unter Druck, weil der Markt die nach wie vor diffuse Konzernstrategie der CS nicht goutiert.

Die CS hält gegenüber finews.ch fest, dass die obige Aussage kaum der Fall sein könne. Denn seit Juli 2012 sei der Kurs um 63 Prozent gestiegen, seit Jahresbeginn um 21 Prozent. Damit liege das Unternhemen innerhalb des Bankensektors und auch im SMI in der Spitzengruppe.

Schlechtes Quartal erwartet

Allerdings wird CEO Brady Dougan im dritten Quartal 2013, dessen Zahlen am 24. Oktober präsentiert werden, ein offenbar schlechtes Resultat im Investmentbanking ausweisen wird, wie verschiedene Finanzanalysten bereits jetzt zu wissen glauben.

Das könnte die Ablösung von Dougan an der Spitze der CS beschleunigen, über die – zugegebenermassen – schon viel spekuliert worden ist. Bloss, wer soll die Führung übernehmen? Ein wirklich valabler Kandidat hat sich bisher nicht durchgesetzt.

Die CS hält fest, dass Urs Rohner bei dem oben erwähnten Interview auf eine Frage des Journalisten geantwortet und das Thema keineswegs «aufgewärmt» habe. Rohner's Aussage bezog sich generell auf Veränderungen in den Vergütungssystemen und war keine Kritik am CEO, wie ein Banksprecher gegenüber finews.ch weiter betonte.

Kometenhafter Aufstieg

Hans-Ulrich Meister, der in den letzten zwei Jahren innerhalb der CS geradezu kometenhaft aufgestiegen war und bis heute zwei grosse Bereiche, nämlich das Private Banking (in Co-Leitung mit Robert Shafir) und das Schweiz-Geschäft verantwortet, wirkt zunehmend überfordert in seinem Job. Das mag weniger an seinen Qualitäten liegen, als vielmehr an der Tatsache, dass eine solche Doppelbelastung, mitsamt Restrukturierung «inhouse» und Konsolidierung in der ganzen Branche, über eine längere Dauer kaum zu stemmen ist.

Umso mehr überrascht es, dass die CS das Schweiz-Geschäft nicht schon an einen anderen Leiter übertragen hat. Anwärter dafür gäbe es durchaus. Oder sind diese potenziellen Top-Manager für andere Aufgaben vorgesehen?

Neue Stars

Einen Top-Job macht seit langem Barend Fruithof. Sein Geschäftsbereich, das Firmenkundengeschäft, erzielt mit einer Eigenkapitalrendite (nach Steuern) von 20 Prozent einen aussergewöhnlichen Leistungsbeitrag. Unter diesen Prämissen wäre es nicht überraschend, wenn dieser Banker in den nächsten Monaten einen noch grösseren Verantwortungsbereich erhalten würde.

Stark an Bedeutung gewinnt CS-intern auch Christoph Brunner, aktuell Leiter Private & Wealth Management Clients Schweiz. Der langjährige CS-Banker war einst Stabchef von Ulrich Körner und kennt so den Betrieb wie seine Hosentasche.

Inzwischen ist Körner bei der Konkurrenz (UBS), und Brunner nimmt mittlerweile wichtige operative Aufgaben wahr. Dabei geht er bisweilen höchst unzimperlich vor. Die jüngst angekündigte und kritisch beachtete Gebührenerhöhung auf CS-Privatkunden-Konti dürfte seiner Initiative entstammt sein.

Gebührenerhöhung als Leistungsausweis

Hinter diesem Plan liegt auch eine klare Absicht: Vieles deutet darauf hin, dass Brunner darauf spekuliert hat, dass die meisten Kunden zu träge sind, um die Bank zu wechseln, selbst wenn alles um ein paar Franken teurer wird.

Brunner kann das nur freuen. Denn unter dem Strich kann er so die Erträge in seinem Geschäftsbereich signifikant steigern und sich mit seinem Leistungsausweis für höhere Chargen empfehlen. Unter diesen Prämissen deutet einiges darauf hin, dass es in den nächsten Monaten zu einigen personellen Rochaden kommen könnte.

Das grosse Dilemma

Eine Schweizer Lösung an der Spitze der Credit Suisse wäre zwar grundsätzlich begrüssenswert, bleibt aber umstritten, da es offenbar doch nicht so viele Schweizer Banker gibt, die mit den angelsächsischen Usanzen in der globalisierten Finanzwelt vertraut sind.

Das zeigte sich in der jüngeren Vergangenheit auch bei Hans-Ulrich Meister, wenn die Rede war, dass er Dougan beerben könnte. Sogleich hielt man ihm vor, dass er zu wenig Erfahrung auf US-Boden mitbringe – selbst wenn dies nicht ganz richtig ist, und er sich das auch aneignen oder mit entsprechenden Stellvertretern bewerkstelligen könnte. Das grosse Dilemma der Credit Suisse dürfte bis auf weiteres der Background des künftigen Konzernchefs sein.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.61%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.44%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.44%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.26%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.26%
pixel