Wolfgang Marty, Obligationen-Spezialist bei der Credit Suisse, hat soeben ein Standardwerk über ‹Portfolio Analytics› publiziert. Die Arbeit daran hat ihn an seine Mittelschulzeit erinnert.  

Herr Marty, Sie haben ein Buch über Portfolio Analytics verfasst. Worum geht es darin?

«Portfolio Analytics» diskutiert den Return und das Risiko eines Portfolios.

Welchen Nutzen ziehen die Leser aus diesem Werk?

«Portfolio Analytics» ist ein Lehrbuch, aber es lässt sich auch als Nachschlagewerk benutzen. Ich führe einzelne Begriffe aus der Portfolio-Theorie ein. Ausserdem möchte ich aufzeigen, wie sich verschiedene Aspekte der Naturwissenschaften auf die Analyse von Portfolios übertragen lassen.


«So entstand die Idee für das Buch»


Als ich 1990 in der Finanzbranche anfing, gab es beim damaligen Schweizerischen Bankverein (SBV) nur wenige Mathematiker. Heute habe ich eine Menge Kollegen, die eine solide Ausbildung in Mathematik haben und auf der Bank arbeiten.

Wo kommt die Disziplin Portfolio Analytics in der Praxis zum Einsatz?

Die Obligationen Kommission Schweiz (OKS) hat eine Arbeitsgruppe «Portfolio Analytics» ins Leben gerufen, die sich aus Teilnehmern aller wichtigen Schweizer Banken zusammensetzt. Dabei befassen wir uns mit Software-Entwicklungen, theoretischen Aspekten von Portfolio-Analysen oder auch mit der Genauigkeit von Return- und Risiko-Berechnungen.

Was war überhaupt Ihre Motivation, ein so anspruchsvolles Buch zu verfassen?

Den Inhalt hatte ich bereits an zahlreichen Seminaren präsentiert. Vor einigen Jahren begann ich dann, meine Vorträge niederzuschreiben. So entstand die Idee für das Buch, das für ein bestimmtes Zielpublikum durchaus nützlich ist.


«Komplizierte Formeln sind nicht zweckmässig»


Dieser Meinung war auch der renommierte Wissenschaftsverlag Springer, der das Buch nun publiziert. Darauf bin ich besonders stolz.

Was unterscheidet Ihr Buch von anderen Werken dieser Art?

Ich kenne keine Bücher, die Performance-Messung und moderne Portfolio-Theorie zusammenbringen. Das mag daran liegen, dass diese beiden Gebiete in unterschiedlichen Zeiträumen entwickelt worden sind.

Für mich gehören diese beiden Bereiche aber zusammen – Return und Risiko sind nämlich der Input für die moderne Portfolio-Theorie.

Wie viel Mathematik-Wissen ist nötig, um Ihr Buch zu verstehen?

Das Schreiben hat mich an meine Mittelschulzeit erinnert. Im Buch habe ich vor allem algebraische Ausdrücke verständlich umgeformt. Dabei hielt ich mich an die Devise des emeritierten ETH-Professors Jörg Waldvogel, der sagte: «Komplizierte Formeln sind nicht zweckmässig.»


«Jim O'Neill war mein Arbeitskollege»


Welche Leserschaft hatten Sie vor Augen, als Sie das Buch schrieben?

Ich habe versucht, mich auf das Wesentliche zu konzentrieren und die Begriffe verständlich einzuführen. Das Buch gibt eine systematische Einführung in die Performance-Messung eines Portfolios. Aber es eignet sich auch für Leute, die noch wenig über dieses Thema wissen.

Behandeln Sie auch Prognose-Modelle?

Nein. Ich bin kein Ökonom. Ich habe jedoch mit verschiedenen Ökonomen wie Jim O'Neill zusammengearbeitet. Ich trenne Prognose und Methodik. Prognosen sind subjektiv, und Methoden sind objektiv.


«Ich freue mich auf jede Leser-Reaktion»


Ich liefere eine kurze Einführung in die verschiedenen Ansätze, wie sich eine Prognose formulieren lässt. Denn die moderne Portfolio-Theorie ist im Wesentlichen nichts anderes als aktives Portfolio-Management.

Planen Sie weitere Publikationen?

Momentan befasse ich mich mit Portfolios, die ausschliesslich aus Fixed-Income-Instrumenten bestehen. Vielleicht heisst mein nächstes Buch «Bond Analytics». Aber vorläufig freue ich mich auf jede Leser-Reaktion.


  • Portfolio Analytics – An Introduction to Return and Risk Measurement, Wolfgang Marty, Springer Verlag, 2014, 200 Seiten, als Hardcover oder eBook.

Wolfgang Marty 180Wolfgang Marty ist Senior Advisor der Credit Suisse in Zürich. Er ist seit 1998 für die Credit Suisse tätig, zunächst als Leiter Product Engineering und dann als Leiter Portfolio Analytics. Von 1989 bis 1998 arbeitete er für den  Schweizerischen Bankverein (heute UBS) in London und Chicago. Seine Spezialgebiete sind Performance Messung, Fixed Income Portfolio Attribution und Portfolio Optimization.

Marty engagiert sich seit vielen Jahren für eine aktive Entwicklung der festverzinslichen Märkte. Insbesondere vertritt er die Interessen der Schweizer Marktteilnehmer in der European Bond Commission (EBC). Zudem ist er Mitglied des Executive Committee der EBC und der Bond-Indexkommission der SIX Exchange.

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