Die Schweizer Banken haben keine wesentlichen Wettbewerbsvorteile mehr gegenüber dem Ausland. Was nun?

Schon vor 15 Jahren lautete die offizielle Sprachregelung in der Schweizer Finanzbranche: «Beihilfe zur Steuerhinterziehung ist kein Geschäftsmodell mehr.» Trotzdem lehnte kaum eine Bank das Schwarzgeld von Auslandkunden kategorisch ab.

Zugegeben, nach Schweizer Recht taten die Geldhäuser auch gar nichts Verbotenes. Doch vor dem Hintergrund der weltweiten Bekämpfung der Steuerhinterziehung, die Anfang des 21. Jahrhunderts mit voller Wucht einsetzte, hätte etwas mehr Vorsicht kaum geschadet. Umso mehr verwundert es, dass so viele Schweizer Banken so lange an diesen heiklen Praktiken festgehalten haben.

So verlockend

Selbst die Credit Suisse (CS) ging ihren Kunden in Sachen Steuerhinterziehung noch erstaunlich lange zur Hand. Von anderen Finanzinstituten ganz zu schweigen. So entzog sich im Prinzip eine ganze Branche der Realität. Der Grund dafür ist eigentlich banal: Die Einnahmen aus diesen Steuerhinterziehungs-Deals waren so verlockend, dass niemand darauf verzichten wollte.

Das war fatal, wie sich nun zeigt, da die CS in den USA «als kriminelle Organisation» dasteht und weiteres Ungemach anderen Schweizer Instituten droht. Doch es soll hier nicht darüber debattiert werden, ob die Amerikaner einen Wirtschaftskrieg gegen die Schweiz führen, ob es in Ordnung ist, wie die CS behandelt wurde, oder ob die obersten Verantwortlichen dieser Bank mehr Verantwortung übernehmen und zurücktreten müssten.

Frustrierte Mitarbeiter

Vielmehr soll hier festgestellt werden, dass die Zeit der «Übergewinne» für die Schweizer Banken endgültig vorbei ist. Oder auch anders ausgedrückt: Die Schweiz hat gegenüber ausländischen Finanzplätzen ihre wesentlichen Wettbewerbsvorteile verloren.

Mit der geplanten Einführung des Automatischen Informationsaustauschs (AIA) im EU-Raum fällt das Schweizer Bankgeheimnis als Verkaufsargument endgültig weg. Und selbst die finanzielle Privatsphäre, die das Bankgeheimnis garantiert, ist zunehmend gefährdet, seit frustrierte Bankmitarbeiter Kundendaten klauen und diese ausländischen Behörden zukommen lassen.

Enorme Unsicherheiten

Aber auch die rechtliche Sicherheit, die viele ausländische Kunden früher an der Schweiz schätzten, ist nicht mehr das, was sie einmal war; Bundesbern hat mit Notrecht, Passivität und einem vorauseilenden Gehorsam gegenüber dem Ausland enorme Unsicherheiten geschaffen.

Als weiteres Argument, sein Geld in die Schweiz zu bringen, galten einst die stabilen politischen Verhältnisse. Doch auch dieser Vorteil verpufft, seit immer häufiger wirtschafts- und unternehmerfeindliche Initiativen («Gegen die Abzockerei», «Mindestlohn», «1:12») zur Abstimmung gelangen und teilweise angenommen werden.

Weniger motiviert

Lange Zeit haben sich die Schweizer Geldhäuser auch mit der hohen Kompetenz ihrer Mitarbeiter gebrüstet und darauf verwiesen, dass die Angestellten von Banken in London, Frankfurt oder New York viel weniger gut ausgebildet seien. Die Realität ist heute eine andere: Viele Finanzinstitute im Ausland bieten einen genauso erstklassigen Service wie in der Schweiz.

Kommt hinzu, dass die Motivation vieler Schweizer Bankangestellten drastisch gesunken ist, seit sie zunehmend einer Hire-and-Fire-Mentalität im Betrieb ausgesetzt sind.

Mehr Arbeit – weniger Lohn

Fazit? Inskünftig werden bloss noch jene Banken Erfolg haben, die sozusagen eine «Über-Performance» hinlegen. Damit sind nicht nur höhere Renditen auf den Kunden-Portefeuilles gemeint, sondern ein in jeder Hinsicht besserer Service, was konkret auch bedeutet: Für weniger Lohn mehr zu leisten.

Mit anderen Worten: Fortan werden die Schweizer Finanzinstitute gleichen Rahmenbedingungen ausgesetzt sein wie die Konkurrenz im Ausland. Vor diesem Hintergrund hat der viel beschworene Transformationsprozess im Swiss Banking erst begonnen.

Nach allen Seiten offen

Wie sich die Banken in diesem nach allen Seiten offenen Wettbewerb schlagen werden, lässt sich vorläufig nicht abschätzen. Noch fehlen die Erfahrungswerte, oder um im Jargon der Branche zu bleiben: Es existiert kein «Track Record».

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