Anne-Marie de Weck, Partnerin bei der Genfer Privatbank Lombard Odier, fürchtet, dass die Schweizer Banken noch Jahre auf einen Marktzugang in der EU warten müssen – Schuld daran sei die Masseneinwanderungs-Initiative.

Die Schweizer Banken werden sich noch eine ganze Weile gedulden müssen, bevor sie innerhalb der 28-EU-Staaten ihre Vermögensverwaltungsdienste (offhore) anbieten können. Dies sagte Anne-Marie de Weck (Bild) am Montag an einer Konferenz der Britisch-Schweizerischen Handelskammer in Genf, wie die Nachrichtenagentur «Bloomberg» berichtet.

«Die einzige Möglichkeit, unsere Crossborder-Dienstleistungen von der Schweiz aus nach Europa zu exportieren, bestünde darin, den entsprechenden Markzugang zu haben. Doch diesen werden wir nicht rechtzeitig erhalten», erklärte de Weck. Mit ein Grund dafür sei die Anfang Februar vom Schweizer Volk angenommene Masseneinwanderungs-Initiative.

Nicht nach dieser Abstimmung

Es werde Jahre dauern, bis die Schweiz einen Marktzugang haben werde; denn nun seien neue Verhandlungen nötig. «Aber ich glaube nicht, dass die Schweizer bereit sind, diesen Weg zu gehen, und gleichzeitig glaube ich auch nicht, dass die EU bereit ist, grosses Entgegenkommen zu zeigen, besonders nicht nach der Abstimmung, die wir erlebt haben.»

Obschon einige Schweizer Vermögensverwalter und Asset-Management-Firmen Niederlassungen im EU-Raum bereits eröffnet hätten und so auch den Marktzugang innerhalb Europas besässen, gebe es immer noch einen lokalen Markt mit wohlhabenden Privatpersonen, die ihr Geld oder einen Teil davon lieber offshore, also in der Schweiz, haben wollten, sagte de Weck weiter.

Kunden seit 200 Jahren

Solche Kunden zu betreuen, ist mittlerweile sehr schwierig geworden, sofern man als Bank keine entsprechende Auslandsniederlassung besitzt, wie Branchenkenner versichern. Besonders betroffen davon sind die Genfer Privatbanken, die derlei Dienste als ihr Kerngeschäft betrachten. «Das sind Kunden, die wir schon seit zweihundert Jahren betreuen. Es ist offensichtlich, dass wir sehr daran interessiert sind, diese auch weiterhin zu bedienen», erklärte de Weck, eine der insgesamt acht geschäftsführenden Teilhaber von Lombard Odier.

Aktuell können Schweizer Offshore-Banker beispielsweise nicht nach Frankreich, um Kunden dort zu treffen. Im Gegensatz dazu haben Vermögensverwalter in London oder Luxemburg freien Zugang zu allen Märkten innerhalb der EU. Dadurch sind die Schweizer Banken benachteiligt.

Im Rahmen diverser Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU, aber auch mit einzelnen EU-Staaten, war immer wieder vom Marktzugang der Schweizer Banken in Europa die Rede. Doch konkretisiert hat sich in dieser Frage bislang nichts.

Langfristig ein Stellenabbau

Langfristig könnte das dazu führen, dass Schweizer Banken entweder die Bearbeitung gewisser Märkte aufgeben oder aber Auslandsniederlassungen aufzubauen. Beides wäre logischeweise mit einem Stellenabbau in der Schweiz verbunden.

Das 1796 gegründete Finanzinstitut Lombard Odier verfügt bereits über Niederlassungen in einigen EU-Staaten, wie in Grossbritannien, Frankreich, Deutschland, Holland, Belgien, Luxemburg, Spanien und in Italien. Die Bank hege keine Pläne EU-Institute zu übernehmen, um allfällige Kapitalabflüsse von ausländischen Privatkunden in Genf zu kompensieren, sagte de Weck am Rande der Konferenz. Dies schliesse aber Akquisitionen nicht generell aus, betonte de Weck.

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