Die Verschlankung der Investmentbanking-Sparte bei Barclays hat für Aufsehen gesorgt. Sie sei ein Trend, der in Europa nun verstärkt zu beobachten sei, sagt Richard Woolnough von M&G.

Von Richard Woolnough, Fondsmanager bei M&G

Der Trend geht dahin, dass sich manche Banken von ihrem Handel mit festverzinslichen Anlagen, Rohstoffen und Devisen verabschieden und dafür ein weniger kapitalintensives Geschäftsmodell betreiben.

Zuletzt hat sich Barclays ebenso wie die UBS, die Credit Suisse und die Royal Bank of Scotland von ihren vor der Finanzkrise gehegten Ambitionen verabschiedet, zu einem der führenden Akteure an den globalen Anleihemärkten aufzusteigen.

Alles eine Frage der Profitabilität

Allein die Deutsche Bank bekräftigte kürzlich ihren Anspruch, an einer Führungsrolle im globalen Kapitalmarktgeschäft festzuhalten. Da die Volumina umlaufender Unternehmens- und Staatsanleihen zuletzt stark anstiegen, stellt sich die Frage, weshalb Barclays sich aus dieser interessanten Geschäftsmöglichkeit zurückzieht.

Ein Hauptgrund für diese Entscheidung kann darin liegen, dass Barclays die gegenwärtige Profitabilität dieses Segments weniger positiv bewertet respektive für die Zukunft einen Rückgang der Profitabilität erwartet.

Attraktiv für Obligationäre

Trotz einer Expansion der Anleihenmärkte erschweren gestiegene Kapitalkosten die Möglichkeit der Banken, hohe Einnahmen zu erzielen. Diese Einschränkung ist unter anderem auf die Begrenzung der Verschuldungsquoten seitens der Aufsichtsbehörden zurückzuführen.

Dies mag aus der Perspektive von Anleiheninhabern erfreulich sein, durch den Anstieg der effektiven Kosten sinkt allerdings im Gegenzug die Profitabilität.

Eine europäische Eigenart?

Der Rückzug aus dem Investmentbanking ist jedoch ausschliesslich im europäischen Bankensektor zu beobachten, obwohl strengere Regulierung und höhere Anforderungen an die Kapitalausstattung sowohl den nordamerikanischen als auch den europäischen Wirtschaftsraum betreffen.

Um diesen Unterschied zu erklären, können drei grundlegende Vorteile nordamerikanischer Banken gegenüber ihren ausländischen Pendants genannt werden.

Ein Blick nach Amerika

Zunächst agieren die US-Institute am grössten Kapitalmarkt der Welt. Im Gegensatz zu den europäischen «national Champions», die ihren Heimvorteil nur an wesentlich kleineren Märkten ausspielen können, profitieren solche Banken von beträchtlichen Skaleneffekten.

Vergleicht man darüber hinaus die weltweit grössten US-Kapitalmärkte mit den zweitgrössten Kapitalmärkten im Euro-Raum, so haben die europäischen Mitbewerber noch einen weiteren Nachteil. Denn obwohl der Euro die Basis eines einzigen Marktes bildet, werden die einzelnen Banken auf nationaler Ebene reguliert.

Nationale Auflagen

Durch ihre Grösse haben sie einen entsprechenden Einfluss auf die jeweiligen Binnenmärkte, was seitens der zuständigen Aufsichtsbehörden für erhöhte Wachsamkeit sorgt.

Dies führt zu strengeren nationalen Auflagen hinsichtlich der Kapitalausstattung, des Verschuldungsgrades sowie erforderlicher Rückstellungen zum Ausgleich von eventuellen Verlusten.

Folgen der Globalisierung

In den USA ist dieses Problem hingegen weniger relevant, da die Banken einen grösseren Teil ihres Geschäfts in einem geografisch und aufsichtsrechtlich klar abgegrenzten Gebiet mit einer einheitlichen Währung tätigen. Deshalb kann die US-Aufsichtsbehörde die Auflagen für grosse Kreditinstitute weniger restriktiv handhaben.

Schliesslich hat die Globalisierung auch zur Folge, dass US-Unternehmen ausserhalb des Bankensektors an ihren jeweiligen Märkten ebenfalls eine dominierende Position einnehmen – sei es aufgrund ihrer Innovationskraft oder wegen der natürlichen US-Grössenvorteile.

Zusammenarbeit selbstverständlich

In den vergangenen Jahren war dies zu beobachten, als Vodafone seine Mobilfunksparte an Verizon verkaufte, Liberty Global die Firma Virgin Media übernahm und Pfizer versuchte, einen Mehrheitsanteil an Astra Zeneca zu erwerben.

Für US-Unternehmen ist die Zusammenarbeit mit US-Banken selbstverständlich, zumal der Aufbau grosser Konzerne mit einem immensen Finanzierungsbedarf auch einen entsprechend grossen Kapitalmarkt voraussetzt. Diese Faktoren sprechen dafür, dass die US-Kapitalmärkte gegenüber ihren europäischen Pendants sogar noch weiter wachsen werden.

Ist dieser Rückzug wirklich intelligent?

Dass Barclays seine Ambitionen im Investmentbanking zuletzt reduziert hat, deckt sich mit einem allgemeinen Trend innerhalb des europäischen Bankensektors. Langfristig wird sich herausstellen, ob der Rückzug der europäischen Banken aus dem Kapitalmarktgeschäft oder das Festhalten am Investmentbanking, wie es die Deutsche Bank plant, als erfolgreichere Strategie erweist.

Anhand der jüngsten Entwicklung zeigt sich, dass von der Globalisierung vor allem jenen Staaten profitieren können, die neben Effizienz und Innovationskraft auch über die grössten und effektivsten Binnenmärkte verfügen und daher in der Lage sind, Skaleneffekte zu erzielen.

Dies ist für die in den USA börsenkotierten Unternehmen zwar eine gute Nachricht. Den Rest der Welt könnte sie aber vor ein grosses Problem stellen.

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