Da hat einer wohl seinen Frust verarbeitet: Christoph Lieber, Chef der St. Galler Kantonalbank in Deutschland, schiesst scharf gegen den Staat und die deutschen Anleger.

Christoph Lieber (Bild) ist Vorstandsvorsitzender der St. Galler Kantonalbank Deutschland. Seinem Heimmarkt kann er zurzeit aber nichts abgewinnen. Diesen Eindruck vermittelt Lieber zumindest in einem Artikel im deutschen «Private Banking Magazin».

Vom «gegnerischen Staat» berichtet Lieber, der seine Bürger schröpft, um seine Ausgabenwut zu finanzieren. Und von der Repression, die sich in den negativen Realzinsen äussert.

Die Sympathien Liebers müssten da, so könnte man erwarten, beim deutschen Steuerzahler und Anleger liegen, seiner potenziellen Kundschaft – recht eigentlich. Doch die Anzahl der Alternativen, wie vermögende Anleger der «konfiskatorischen Zugriffspolitik des Staates» entgehen könnten, seien begrenzt, so Lieber. «Eine der besten Optionen ist der Kauf von Aktien», lautet das wenig überraschende Verdikt des Kantonalbanken-Manns.

Deutsche haben keine Ahnung

Dieses kontrastiert aber mit einer «traurigen Wahrheit»: «Viele Deutsche halten die Aktie noch immer für eine Wette, nicht aber für eine direkte Unternehmensbeteiligung». Der deutsche Anleger schätze die Aktienlandschaft völlig falsch ein, fährt Lieber fort – «aufgrund fehlender Fachkenntnisse».

Es ist schon so, dass deutsche Anleger gegenüber Aktien noch zurückhaltender eingestellt sind als Schweizer. Für eine Privatbank, die von Kundenaktivitäten in den Finanzmärkten lebt, ist Deutschland auch darum ein besonders schwieriger Markt.

Mit Millioneverlusten auf Zielkurs

Womit auch die St. Galler Kantonalbank ihre liebe Mühe hat. Seit der Gründung 2009 hat das Institutin Deutschland nur Verluste gemacht – bis 2012 insgesamt mehr als 24 Millionen Euro. Schwarze Zahlen, wie sie bis 2014 versprochen worden waren, sind wohl noch nicht in Sicht. In den letzten Jahren hätten mehr und mehr Hürden nicht nur Kosten verursacht, sondern auch das Wachstum verlangsamt, räumte Lieber im vergangenen März ein. Aber man befände sich auf Zielkurs.

Sein Artikel klingt schon fast wie eine Kapitulation vor dem deutschen Kundenverhalten: «Viele Bundesbürger fahren mit Stolz ein Produkt aus dem Hause Volkswagen, BMW oder Daimler, doch eine Aktie kaufen sie nicht. Hausfrauen schwören auf ein Produkt der Firma Henkel, aber sie denken im Leben nicht daran, eine Aktie zu kaufen. Jugendliche lieben Adidas oder Puma, aber eine Aktie wird zur Konfirmation nicht verschenkt», ärgert sich Lieber. Sein Fazit: Deutschland fehle Aktienkultur.

Unsicheres Deutschland

Und er setzt noch einen drauf: Deutschland sei auch kein sicherer Ort für Vermögen mehr. Denn der Euroraum sei in einem deutlich instabileren Zustand als es von der Politik behauptet werde. Die Währungsunion könne weiterhin zusammenbrechen.

«Anleger sollten sich also ernsthaft mit der Frage auseinandersetzen, ob sie ihr Vermögen nicht in einem anderen Rechtsraum domizilieren möchten», so Lieber. Ein Aufruf also an die Deutschen, ihr Geld in die Schweiz zu bringen? So kann man das auch interpretieren.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.35%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.77%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.89%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.32%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.66%
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