Die Zürcher Bank Vontobel hat sich auf ein gewagtes Experiment in der Vermögensverwaltung in Asien eingelassen.

Seit diesem Jahr hat die Vontobel-Gruppe grosse Ambitionen im asiatischen Markt. Das hängt unter anderem mit Alex Fung (Bild) zusammen. Der 56-jährige Private Banker wechselte vor knapp 100 Tagen von der Société Générale, wo er Asien-CEO war, zur Zürcher Bank Vontobel in Hongkong.

Fung, der mehr als dreissig Jahre Erfahrung im internationalen Wealth Management mitbringt, soll nun mit seinem Know-how die Schweizer Bank Vontobel im asiatische Private Banking zum Erfolg führen. Solche Erwartungen haben zwar auch andere Institute, die schon viel länger in diesem Wachstumsmarkt tätig sind.

Anders als die Konkurrenz

Doch interessanterweise geht Vontobel in verschiedenen Belangen einen anderen Weg als die Konkurrenz. Das zeigt sich an mindestens sieben Punkten:

1. Standort
Während die meisten Banken im Wealth Management aus Singapur heraus operieren, hat Vontobel seinen Sitz im Private Banking in Hongkong. Das hat zum einen damit zu tun, dass Fung ein gebürtiger Hongkonger ist und daher auch in der früheren britischen Kronkolonie über eine entsprechend dichtes Beziehungsnetz verfügt, zum andern ist allerdings weniger bekannt, dass Hongkong längst auch ein Private-Banking-Mekka ist, wo das Neugeld offenbar erst noch schneller wächst als in Singapur, nämlich zwölf Prozent pro Jahr gegenüber zehn Prozent in Singapur.

2. Nationalität
Obwohl Swissness in Asien ganz hoch im Kurs steht, verzichtet Vontobel bei der persönlichen Komponente auf diesen Trumpf und setzt voll auf einen asiatischen Banker, der ein ganzes Team an weiteren asiatischen Mitarbeiter leitet, welche das Geld zu einer vergleichsweise noch wenig bekannten Schweizer Bank in Asien bringen sollen. Ob das aufgeht, muss sich noch weisen.

3. Erfahrung
Alex Fung ist zwar eine grosse Nummer im asiatisch-pazifischen Raum, doch bei einer Schweizer Bank hat er noch nie gearbeitet. Seine bisherigen Arbeitgeber waren die Allied Irish Bank, die Bank of Helsinki (heute ein Teil von Nordea), die Canadian Imperial Bank of Commerce (CIBC) und schliesslich die Société Générale. Man kann ihm zugute halten, dass er auch schon ausserhalb Asien, nämlich in Toronto und in London tätig war, doch ob er mit den schweizerischen Gegebenheiten zurecht kommt, ist offen – aber anzunehmen.

4. Crossborder
Während die meisten Schweizer Banken in Asien auf ihre lokale Buchungsplattform stolz sind und damit onshore arbeiten. Verzichtet Vontobel vorerst auf eine solche Einrichtung – aus Kostengründen – und bucht alle akquirierten Kundengelder bis auf weiteres in der Schweiz ein. Damit verfolgt die Bank ein klassisches Crossborder-Geschäftsmodell – früher sprach man auch von Offshore-Banking, ein Begriff, der seit der anhaltenden Steuerthematik in Finanzkreisen nicht mehr sonderlich gemocht wird. Nach den Worten Fungs dürfte sich eine eigene Buchungsplattform für Vontobel in Asien ab einem Depotvolumen von mindestens 4 Milliarden Franken lohnen. Doch von diesem Ziel ist die Bank noch weit entfernt. Innert zwölf Monaten will Fung mit seinem Team rund 1 Milliarde Franken akquirieren.

5. Generationenwechsel
Wachstumschancen verspricht man sich bei Vontobel von der Tatsache, dass bei vielen vermögenden Unternehmerfamilien in Asien ein Generationenwechsel stattfinde. Jene Entrepreneurs, die vor rund zwei Jahrzehnt im Sog der aufkommenden Globalisierung ihre Unternehmen gründeten und zum Erfolg führten, gehen langsam in Pension oder streben Nachfolgeregelungen an. Vor diesem Hintergrund geht Alex Fung davon aus, dass sich manche Privatkunden dafür interessieren werden, einen Teil ihres Vermögens bei einer kleinen, aber feinen Privatbank zu platzieren. Generell lässt sich also sagen, dass nun im asiatischen Wealth-Management-Geschäft die Karten teilweise neu gemischt werden.

6. Konkurrenz
Fung war zuletzt bei der Société Générale tätig, die in Asien gut 12 Milliarden Franken an Kundenvermögen verwaltete. Das reichte offenbar nicht, um in dieser Weltregion profitabel zu sein. Darum verkauften die Franzosen dieses Geschäft der DBS Bank in Singapur, die verstärkt ins Private-Banking-Geschäft einsteigen will. Allerdings sind nicht alle Kunden gewillt, von einem französischen Finanzkonzern zu einer nur in Asien tätigen Bank zu wechseln. Darum ist Fung zuversichtlich, einen grossen Teil seiner bisherigen Kunden zu Vontobel lotsen zu können. Insofern setzt Vontobel bei der Expansion in Asie auf die Effekte der globalen Konsolidierung.

7. Universalbank
Im Gegensatz zu anderen Banken setzt Vontobel nicht ausschliesslich auf die Vermögensverwaltung. Vielmehr will das Institut auch in seinen beiden anderen Geschäftsbereichen, Investmentbanking sowie Asset Management, in Asien wachsen. Im Investmentbanking geht es dabei vor allem um die Plattform Deritrade, über welche Strukturierte Produkte von verschiedenen Anbietern gehandelt werden. Solche Produkte sollen auch der Privatklientel angeboten werden. Und im Asset Management verfügt Vontobel über einige Aktiefonds, die vom US-Fondsmanager Rajiv Jain in den vergangenen Jahren eine überdurchschnittliche Performance hingelegt haben, und die ebenfalls den Individualkunden in Asien angeboten werden sollen.

Fazit

Alles in allem kommen die Expansionspläne von Vontobel in Asien spät; sie unterscheiden sich aber von jenen anderer Finanzinstitute, die mit der grossen Kelle anrichten.

Ohne Onshore-Buchungsplattform, überschaubarem Headcount, klaren Zielsetzungen und eine Produktangebot, das auch Dienstleistungen aus dem Asset Management und dem Investmentbanking beinhaltet, hat Vontobel eine so genannte Value Proposition, die den einen oder anderen asiatischen Kunden durchaus interessieren könnte. Ob das allerdings genügt, muss sich noch zeigen.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.35%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.74%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.84%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.43%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.63%
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