John Williamson, CEO der Schweizer Privatbankengruppe EFG International, über Jazz, seine Affinität zur Schweiz, die Freiheit der Kundenberater und das Ausmerzen von Fehltritten.


Herr Williamson, gibt es so etwas wie eine kritische Grösse für Privatbanken?

Die Vorteile der Grösse sind in der Vermögensverwaltung nicht vollends schlüssig. Weil es ein Beziehungsgeschäft ist, gibt es über das ganze Grössenspektrum Gewinner und Verlierer.

Natürlich schafft eine gewisse Masse die Möglichkeit, Kosten einzusparen und die Margen zu erhöhen. Dafür sind grössere Organisationen oft komplex und schwerfällig, was zu Unzufriedenheit an der Front und zu anderen Problemen führen kann.


«Wir wurden erst 1995 gegründet»


Persönlich glaube ich, dass eine Privatbank weder zu gross noch zu klein sein sollte. Bei EFG International haben wir eine gewisse Grösse, aber immer noch einen «personal touch». So können wir flexibel auf Kundenanliegen eingehen.

EFG International verfügt über ein Geschäftsmodell, das auf unabhängig arbeitenden Vermögensverwaltern beruht. Dies lässt vermuten, dass auch Schwarzgeld angezogen wird.

Das ist ganz sicher nicht der Fall. Vielmehr gilt, dass unversteuertes Geld für EFG International weniger ein Problem ist als für andere Schweizer Banken. Denn wir wurden erst 1995 gegründet, und das Gros unseres Wachstums fand zu einer Zeit statt, als der Zufluss unversteuerter Gelder in die Schweiz bereits mehrheitlich der Vergangenheit angehörte.


«Wir haben unsere Kontrollressourcen verstärkt»


Sowohl EFG als auch unsere Kundenberater sind nur an einem nachhaltigen, konformen Geschäft interessiert. Unser unternehmerisches Geschäftsmodell bedeutet nicht, dass wir bezüglich Regeln und Kontrollen ein «Laissez-faire» walten lassen.

Im Gegenteil, wir haben im Zuge unseres Wachstums und der regulatorischen Entwicklungen unsere Risiko- und Kontrollressourcen laufend verstärkt. Unser Anspruch aber bleibt, zwischen Autonomie und Vorschriften die richtige Balance zu finden, um so erfolgreiches Unternehmertum zu fördern.

Seit Ihrem Amtsantritt als CEO von EFG International haben Sie die Finanzgruppe weitgehend reorganisiert. Was waren die zentralen Massnahmen?

Unser Private-Banking-Geschäft war immer kompetitiv und profitabel, auch als ich CEO von EFG International wurde. Verschiedene Fehltritte der Vergangenheit wie Investitionen in nicht-strategische Geschäfte, überambitionierte Ziele und suboptimales Kostenmanagement hatten die Stärken des Kerngeschäfts jedoch überschattet.


«Wir haben einen Schlussstrich gezogen»


Entsprechend leitete ich nach meinem Amtsantritt eine Geschäftsüberprüfung ein. Wir haben unter die Fehler einen Schlussstrich gezogen, unsere Organisation neu ausgerichtet und konzentrieren uns nun wieder auf das, was wir schon immer am besten gemacht haben, nämlich reines Private Banking.

Wohin sind Sie jetzt unterwegs?

Unsere Vision ist klar: Wir möchten eine führende Privatbank sein mit hoch zufriedenen Kunden und unternehmerischen Kundenberatern. Wir haben uns zu einer Reihe mittelfristiger Zielsetzungen verpflichtet, etwa zu einem Netto-Neugeldwachstum von 5 bis 10 Prozent pro Jahr, einer Reduktion unseres Kosten-Ertrags-Verhältnisses auf unter 75 Prozent, einer weiteren Stärkung unserer Kapitalbasis und einem starken zweistelligen Gewinnwachstum.

Was gibt Ihnen die Gewissheit, diese Ziele zu erreichen?

Nach der Neuausrichtung der vergangenen Jahre sind wir nun ganz auf Wachstum konzentriert, und bezüglich wichtiger zukunftsgerichteter Indikatoren haben wir in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres erfreuliche Fortschritte erzielt – etwa bei der Rekrutierung neuer Kundenberater oder beim Nettozufluss an Neugeldern.


«Unsere Marge ist robust»


Auch unsere Marge hat sich als robust erwiesen. Für die Zukunft bin ich deshalb zuversichtlich. Was die Kosten betrifft, verdoppeln wir nun unsere Anstrengungen, um unsere betrieblichen Ausgaben unter Kontrolle zu halten, investieren aber weiterhin in unsere zahlreichen Wachstumsinitiativen.

Was sind das für Wachstumsinitiativen?

In erster Linie wollen wir in allen Regionen weitere sehr gute, unternehmerisch denkende Kundenberater für uns gewinnen. Zudem erweitern wir in Singapur unsere Geschäftsaktivitäten, und in Spanien haben wir kürzlich eine Banklizenz erhalten. In Griechenland und Zypern wollen wir Standorte eröffnen, und in Chile steigen wir mit erfahrenen Spezialisten in das Onshore-Geschäft ein.

In der Geschäftsleitung von EFG International sind kaum mehr Schweizer vertreten. Haben schweizerische Werte überhaupt noch eine Bedeutung bei «Ihrer» Bank?

Wir sind sehr gerne und mit Überzeugung in der Schweiz zuhause – in Zürich mit unserem Hauptsitz und in Genf mit unserem betrieblichen Zentrum – und wir sind an der SIX kotiert. Die Schweiz und das Private Banking sind sozusagen Synonyme, das Geschäft hat hier eine enorme Tradition.


«Wir stellen den Kundenberater ins Zentrum»


Die Stabilität und die Serviceorientierung wie auch die hohe Zuverlässigkeit sind Werte, die wir sehr schätzen und auch pflegen. Gleichzeitig sind wir natürlich ein sehr internationales Unternehmen und resolut meritokratisch. In unserer Geschäftsleitung sind viele verschiedene Nationalitäten vertreten. Das muss auch so sein angesichts der Globalisierung auf der einen Seite und der lokalen Konkurrenz in den meisten Märkten auf der anderen.

Wie unterscheidet sich EFG International von der Konkurrenz?

Das Unternehmen ist ganz auf das Private-Banking-Geschäft fokussiert, und unsere Manager haben langjährige Branchenerfahrung. Eine Besonderheit ist sicherlich unser Geschäftsmodell, das flexibel und unternehmerisch ausgerichtet ist und die Kundenberater ins Zentrum stellt. Darüber ist schon viel gesagt und geschrieben worden, aber das wichtige ist, was dies für unsere Kunden bedeutet.

Nämlich?

Unser Geschäftsmodell ist für erfahrene Kundenberater attraktiv. Darum bleiben uns die meisten langfristig erhalten, was wiederum zu einer sehr hohen Kontinuität bei den Kundenbeziehungen führt. Unsere Kundenberater sind frei, die für ihre Klientel besten Finanzprodukte auf dem Markt auszuwählen. Unsere Mitarbeiter unterliegen auch keinen Verkaufszielen.

Sie sind Brite und arbeiten seit zwölf Jahren für ein Institut, das sich als Schweizer Privatbank bezeichnet. Was verbindet Sie persönlich mit der Schweiz?

Früher habe ich das britische Geschäft von EFG geleitet. Da war die Affinität zur Schweiz zwar vorhanden, aber nicht so ausgeprägt. Als ich Mitte 2011 CEO der Gruppe wurde und mit meiner Frau in die Schweiz gezogen bin, ist die Verbundenheit rasch gewachsen.


«Hier funktioniert einfach alles»


Wir fühlen uns hier ausgesprochen wohl. Neben Französisch, das ich studiert habe, kann ich mich mittlerweile auch auf Deutsch recht gut durchschlagen.

Was schätzen Sie an der Schweiz?

In der Schweiz gelingt es, sowohl dem Individuum als auch der Gemeinschaft gerecht zu werden. Das bewundere ich sehr. Ausserdem die Tatsache, dass hier einfach alles funktioniert, und zwar sehr gut. Auch die Schönheit des Landes, das hohe Qualitätsbewusstsein und die Lebensqualität geniesse ich.


«Ich bin ein schlechter Tänzer»


Als Eigenheit fällt mir jedes Jahr wieder der Kontrast zwischen der Technoparty «Streetparade» und dem «Sechseläuten-Umzug» der Zünfte auf, die beide unter grossem Publikumsauflauf in der Zürcher Innenstadt stattfinden.

Warum mögen Sie Musik, und welche mögen Sie ganz besonders?

Ich kann nicht genau in Worte fassen, was mich an Musik so fasziniert – vielleicht ihre einzigartige Fähigkeit, gleichzeitig den Geist, die Seele und die Füsse zu stimulieren – obwohl ich wahrscheinlich einer der schlechtesten Tänzer der Welt bin...

Ich habe eine spezielle Liebe für den Jazz, mag aber fast jede Art von Musik und gehe voll und ganz mit Duke Ellington einig, der sagte: «Es gibt zwei Arten von Musik. Die gute, und die andere Art.»


john williamson 200Der 52-jährige Brite John Williamson ist seit Juni 2011 CEO von EFG International. Zum Unternehmen stiess er bereits 2002. Er leitete neun Jahre lang das Geschäft in Grossbritannien und auf den Kanalinseln. EFG International ist eine global tätige Privatbankengruppe mit Sitz in Zürich. Sie beschäftigt an 30 Standorten etwas mehr als 2'000 Personen und verwaltet (per Ende Juni 2014) gut 80 Milliarden Franken. Williamson ist ein grosser Musikliebhaber und Absolvent des London College of Music, wo er heute in dessen Ausschuss sitzt, ebenso in demjenigen der Southbank Sinfonia in London. Er ist verheiratet und wohnt in Zug.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.34%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.8%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.83%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.39%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.64%
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