In den vergangenen Monaten hat René Hermann mehrere Beraterteams von anderen Bank engagiert. Der Mirabaud-Chef in Zürich achtet dabei vor allem auf den ‹Stallgeruch› der neuen Leute.

Das Swiss Private Banking alter Schule liegt in Agonie. Angesichts von Margenschwund und Gesetzeswelle setzen die grossen Häuser auf Automatisierung und Beratung nach ISIN-Norm.

Anders, so lautet die gängige Warnung, sei ein Überleben nicht möglich. Oder doch?

Einer, der die Lage ganz anders sieht, ist René Hermann (Bild). Der 45-jährige Top-Banker hat die Veränderungen in der Industrie während der vergangenen drei Jahrzehnte aus nächster Nähe miterlebt.

Zuerst bei der Credit Suisse, später bei der kleineren Teilhaberbank Maerki Baumann und zuletzt beim Aufbau der Private-Banking-Einheit für die Valartis Bank.

Seit exakt zwölf Monaten führt Hermann nun die Zürcher Niederlassung der Genfer Privatbank Mirabaud, wie finews.ch berichtete.

Fokus auf die Front

Für ihn ist klar: «Private Banking, das sich wirklich um die Beziehung zum Kunden dreht, kann auch in Zeiten tiefer Margen funktionieren.» Und Hermann hat auch eine genau Vorstellung davon, wie das zu bewerkstelligen ist. Natürlich brauche es ein automatisierters Back-Office und Risikomanagement im Hintergrund, gibt er zu.

Die Schlacht werde jedoch an der Kundenfront gewonnen.

Schweiz als Kompetenz-Zentrum

«Wir verfolgen einen Ansatz, der bei grösseren Banken in Vergessenheit geraten ist», sagt der Banker. Statt die Kundenbetreuung streng nach Ländern zu segmentieren, betreue bei Mirabaud ein Beraterteam seine Kunden in verschiedenen Regionen – ergänzt durch die Kompetenz der jeweiligen Länderspezialisten.

«Das wünschen international tätige Unternehmer und ihre Familien, und das ist ein Chance fürs Schweizer Private Banking», dessen ist sich Hermann sicher.

Fürs Asset Management gehe der Kunde nach Grossbritannien, fürs Traden nach Asien oder in den Nahen Osten. «Aber die Kompetenz, all diese Dienste und Vermögen zusammenzuführen, findet er am ehesten hier in der Schweiz», sagt Hermann.

Teams von Credit Suisse und Espirito Santo

Diese Chance will Hermann von Zürich aus nutzen. Mirabaud ist hier mit drei Geschäftsbereichen präsent: Private Banking, Asset Management und Brokerage. Mehr als 60 Prozent der verwalteten Vermögen entfallen dabei auf den Schweizer Heimmarkt. Die übrigen Depots stammen aus Wachstumsregionen wie Südamerika, Nahost, inklusive Türkei und Osteuropa.

Und die Zeichen stehen bei Mirabaud nicht auf Rückbau. Im Gegenteil. So konnte der Ex-CS-Banker Hermann dieses Jahr ein Türkei-Team von der Credit Suisse gewinnen; jüngst stellte er drei Südamerika-Spezialisten ein, die beim Verkauf von Hyposwiss zu Espirito Santo gewechselt hatten.

«Leute, die wir kennen»

«Wir sind weiterhin auf Akquisitionskurs», erklärt Hermann. Vorzugsweise übernehme Mirabaud kleine Teams oder einzelne Kundenberater. Das sei ein intensiver Prozess: «In den vergangenen zwölf Monaten haben wir hier in Zürich rund 200 Bewerbungen geprüft.»

Und bei der Einstellung spielt der ‹Stallgeruch› offenbar eine wichtige Rolle. Hermann: «Wir engagieren in der Regel nur Leute, die wir entweder schon kennen oder deren Arbeitsweise – insbesondere im Bereich Compliance – wir von ihrer Herkunft her einschätzen können.»

«Dann wird das Überleben schwierig»

Derweil schreite der Konsolidierunsgprozess im Schweizer Banking voran, beobachtet der Mirabaud-Mann. Er kennt die Überlebenstragien. «Entweder agiert man mit einem starken Fokus – oder es braucht eine gewisse Grösse, um auf genügend Ertragswachstum zu kommen.»

Sinke dieses unter 7 Prozent pro Jahr, dann werde ein Überleben meist schwierig.

Dabei habe es durchaus Platz für den Mittelbau, urteilt Hermann. Viele Kunden suchten für Ihre Vermögen Stabilität und Sicherheit. Traditionelle Privatbanken mit solider Bilanz und hohem Eigenkapital könnten dieses Bedürfnis erfüllen. «Entsprechend wollen wir uns positionieren», sagt Hermann.

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