Die tiefgreifenden Veränderungen auf dem Schweizer Finanzplatz stellen für manche Unternehmen auch enorme Chancen dar. Etwa für das US-Institut State Street, wie dessen Länderchef Markus Steiner im Gespräch mit finews.ch betont.

Was sich hinter dem Begriff «Global Custody» alles verbirgt, ist selbst in der Finanzbranche bisweilen wenig bekannt. Dabei ist es ein Milliardengeschäft, bei dem die marktführenden Akteure trotz geringer Margen einiges verdienen. Das «Global Custody» umfasst – vereinfacht gesagt – die Wertschriftenverwahrung, die Fondsadministration, das institutionelle Reporting sowie die Funktion als Depotbank für Drittkunden.

Vor dem Hintergrund, dass zahlreiche Unternehmen, Banken wie auch institutionelle Anleger, auf Grund des strukturellen Wandels in der Finanzwelt ihre Arbeitsprozesse überdenken und einzelne Non-core-Abteilungen auslagern, bieten sich den wirklichen «Global Custodians» derzeit enorme Chancen, wie Markus Steiner (Bild) im Gespräch mit finews.ch erklärt.

Im Wettbewerb mit bekannten Namen

Er übernahm vor eineinhalb Jahren (1. Juli 2013) die Leitung der State Street Bank in der Schweiz, die neben den erwähnten Custody-Dienstleistungen auch Private-Label-Lösungen sowie zusätzliche Services für institutionelle Anleger wie Pensionskassen und Versicherungen anbietet. Bereits seit 1998 im hiesigen Markt präsent, beschäftigt das Unternehmen hierzulande aktuell gut 180 Personen. Dabei steht es im Wettbewerb mit Akteuren wie den beiden Schweizer Grossbanken oder Instituten wie Pictet und Lombard Odier.

State Street ist ein amerikanischer Konzern mit Sitz in Boston, der weltweit rund 29'500 Personen beschäftigt und umgerechnet 27,7 Billionen Franken unter Verwahrung (Custody) und Administration hat. Zudem verwaltet State Street Global Advisors (SSgA) auch noch Vermögenswerte von Kunden in der Höhe von 2,3 Billionen Franken als drittgrösster Asset Manager weltweit (beide Zahlen per Ende September 2014).

Kein Unbekannter

Markus Steiner ist kein Unbekannter in der Branche. Seit bald einem Vierteljahrhundert ist er im Asset Management sowie im Fondsgeschäft tätig. Von 1999 bis 2012 leitete er das UBS Fund Management (Switzerland) und engagierte sich gleichzeitig in den entsprechenden schweizerischen und europäischen Fondsverbänden. Seit 2014 nimmt er als Vertreter des Verbands der Auslandsbanken in der Schweiz erneut im Vorstand der Swiss Funds & Asset Management Association (SFAMA) Einsitz.

Wie Steiner weiter erklärt, hat die Konsolidierung und Fokussierung auf Kernkompetenzen in der Schweiz erst jetzt richtig eingesetzt. Lange Zeit konnte das Universalbankensystem viele Dienstleistungen anderen Instituten anbieten. Erst seit sich im Prinzip die ganze Branche Gedanken darüber mache, wie sie ihre Prozesse vor dem Hintergrund der steigenden Kosten und der verschärften Regulierung optimieren könne, würden sich für Unternehmen wie State Street – ausgerichtet auf globale Asset-Servicing-Präsenz und lokale Kundenbetreuung – weitreichende Geschäftsmöglichkeiten ergeben, sagt Steiner.

Über die Basisdienstleistung hinaus

Er betont allerdings auch, dass heute die meisten Kunden, und es sind bei State Street ausschliesslich institutionelle, mehr als nur Custody-Dienste verlangen würden. Custody sei bloss eine Basisdienstleistung, die ungefähr kostendeckend sei. Um den Kundenwünschen zu entsprechen, müssten auch Fondsadministration, Depotbankfunktionen, Risikoanalysen und Performance-Messungen angeboten werden – besonders bei Wertschriften, die eine komplexe Bewirtschaftung aufweisen würden. Hier sei die Marge aber auch Komplexität wesentlich höher, sagt Steiner.

Unter diesen Prämissen räumt denn auch der Schweizer State-Street-Chef unumwunden ein, dass die zunehmende Regulierung im Prinzip ein Vorteil sei für sein Unternehmen. Denn jede neue Bestimmung, die die Kunden umsetzen müssten, erhöhe die Wertschöpfung, die State Street anbiete, erklärt Steiner.

Zusätzlich auch eine Bank

Insofern trifft das Bonmot, das am Konzernhauptsitz in Boston oft zitiert wird, auch tatsächlich zu: «Wir sind eine IT-Firma, die zusätzlich auch eine Bank ist.» Ein Blick auf die internationale und im Besonderen auf die europäische Präsenz – in insgesamt elf Ländern – zeigt denn auch, dass das Unternehmen allein in Polen mehr als 1'900 Leute beschäftigt, die für die ausgelagerten IT-Operationen zuständig sind. Davon profitiert man auch in der Schweiz. Auch das ein Hinweis darauf, wie heute, auch im Custody-Geschäft, Prozesse und Kosten mit so genannten Center of Excellences optimiert werden, um im Wettbewerb überhaupt mithalten zu können.

Polen hin oder her – die Firma State Street hat unlängst auch ein Bekenntnis zum Schweizer Markt und Standort abgegeben, indem sie 2011 die Ostschweizer Investment-Controlling-Firma Complementa übernahm, die seither als Kompetenzzentrum für Investment Controlling und Performance Reporting im Konzern genutzt wird. Sowohl in der Schweiz wie auch in Deutschland, Holland und Italien wird dadurch die Marktposition gestärkt und ausgebaut, wie Steiner betont.

Am Ball bleiben

So sei man noch besser in der Lage, zusätzliche Dienstleistungen anzubieten, sagt der Schweiz-Chef von State Street und betont dabei, dass selbst ein Konzern wie State Street den grossen strukturellen Veränderungen letztlich auch ausgeliefert sei, aber immerhin einiges dazu beitragen könne, als Intermediär am Ball zu bleiben.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
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