Julius Bär beweist ein rasches Handlungsvermögen. Dennoch dürfte 2015 ein schwieriges Jahr für die Bank werden. Eine Übergangsphase bahnt sich an.

Einmal mehr hat Julius-Bär-Chef Boris Collardi seinen Kritikern den Wind aus den Segeln genommen. Denn der Abschluss 2014 liegt gewinnseitig über den Erwartungen. Zudem hat das Management die Integration des internationalen Vermögensverwaltungsgeschäfts von Merrill Lynch (IWM) erfolgreich über die Bühne gebracht – bloss Indien fehlt noch (siehe unten Punkt 3).

Seit dem Ende der Euro-Untergrenze Mitte Januar hat Julius Bär ebenfalls rasch gehandelt und kündigt bereits ein Sparprogramm an. Dennoch bleibt die Bank einem gehörigen Gegenwind ausgesetzt, wie selbst Collardi am Montag vor den Medien einräumte. Allerdings betonte er auch, dass die veränderte Ausgangslage «interessante Möglichkeiten» biete.

1. Wegfall von Sonderposten führt zu Gewinnsprung

Die Gewinnverdoppelung nach IFRS gegenüber dem Vorjahr ist zu einem grossen Teil auf zwei Faktoren zurückzuführen. Erstens auf den Wegfall von Rückstellungen im Zusammenhang mit dem Quellensteuerabkommen zwischen der Schweiz und Grossbritannien; zweitens auf den Rückgang der Kosten für die Integration des IWM-Geschäfts (siehe auch Punkt 3).

2. Weitere Abflüsse im Crossborder-Geschäft

Die Bank profitiert in der Welt eindeutig von ihrem Schweizer Image und konnte so die verwalteten Vermögten auf ein neues Rekordniveau bringen. Dass Julius Bär stark in Asien ist, braucht nicht weiter zu erstaunen. Interessant ist eher, dass im grenzüberschreitenden europäischen Geschäft Gelder auf Grund der Selbstdeklarationen von Kunden weiterhin abfliessen.

3. Integration bloss noch in Indien

Die Übernahme der IWM-Aktivitäten hat Julius Bär mehrheitlich abgeschlossen. Bloss noch in Indien müssen die Kunden auf die bankeigene Plattform überführt werden. Laut CEO-Collardi blieben auf dem Subkontinent allerdings alle früheren Merrill-Lynch-Kunden und auch -Mitarbeiter Julius Bär treu.

4. Endlich neue IT

In den vergangenen Jahren musste sich Julius Bär oft den Vorwurf gefallen lassen, eine veraltete IT-Plattform zu haben. Das soll sich nun (endlich) ändern. Mit dem Schweizer Unternehmen Temenos hat die Bank einen Vertrag abgeschlossen, wonach in den nächsten drei bis (eher) fünf Jahren eine neue IT installiert wird. Begonnen wird damit in Asien, so dass ab 2017 für die Schweiz und die europäischen Märkte eine erprobte Vorlage vorhanden ist, wie Collardi am Montag erklärte.

5. Stellenabbau trifft die Schweiz

Auf Grund der Frankenaufwertung und den damit verbundenen Konsequenzen streicht Julius Bär insgesamt 200 Stellen. Dabei handelt es sich mehrheitlich um Arbeitsplätze in der Schweiz, wie Finanzchef Dieter Enkelmann am Montag ausführte. Dabei wird es auch zu Entlassungen kommen. In der Schweiz beschäftigte Julius Bär Ende 2014 rund 3'100 Personen (siehe auch Punkt 6).

6. Auslagerungen und weitere Massnahmen

Neben dem Stellenabbau soll es auch zu Auslagerungen (Outsourcing) von Abwicklungsfunktionen ins Ausland kommen, war am Montag weiter zu erfahren. Das angekündigte Sparprogramm wurde sehr kurzfristig etabliert und soll auch möglichst rasch seine Wirkung entfalten. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass die Bank im Laufe des Jahres weitere Sparmassnahmen trifft. Hier bleibt eine grosse Unsicherheit. Weltweit zählte Julius Bär Ende 2014 rund 5'250 Vollzeitstellen.

7. Schonender Umgang mit der Klientel

Im Gegensatz zu anderen Banken will man bei Julius Bär die von der Schweizerischen Nationalbank verordneten Negativzinsen nicht auf die Kundschaft überwälzen. Vielmehr sei man bestrebt, mit den Kunden einen Dialog zu führen und in den Portfolios Anlagemöglichkeiten zu finden, welche die Negativzinsen vermeiden. Dieses Vorgehen muss sich in der Praxis allerdings noch bewähren.

8. Einigung im Steuerstreit?

Boris Collardi gab sich in den vergangenen Jahren immer wieder überzeugt, eine Lösung im Steuerstreit mit den USA sei Greifnähe. Doch jedesmal täuschte er sich, wie er am Montag selber einräumte. Dennoch hält Collardi an seiner Einschätzung fest und geht davon aus, dass die Kontroverse nun 2015 zum Abschluss kommt und die Bank Julius Bär, die in der Kategorie 1 figuriert, zu den ersten Instituten zählen wird, die sich einigen kann. Das Ausmass der Sanktionen ist immer noch unklar (siehe Punkt 9).

9. Konsolidierung bietet Chancen

CEO Collardi ist überzeugt, dass die plötzliche Frankenstärke einigen Finanzinstituten in der Schweiz enorme Probleme bereiten wird. Vor diesem Hintergrund sieht er «interessante Möglichkeiten» für die Übernahme von Kundengeldern und Mitarbeitern anderer Institute. Vom Kauf ganzer Banken hierzulande hält der Julius-Bär-Chef hingegen nichts, weil das zu teuer käme und die damit verbundene Infrastruktur nicht gebraucht würde. Die kürzliche Übernahme der Mitarbeiter und Kundengelder der israelischen Bank Leumi in der Schweiz ist sozusagen eine Blaupause für die Vorgehensweise von Julius Bär. Eine grössere Akquisition bleibt allerdings unmöglich, solange der Steuerstreit nicht beseitigt ist. (siehe Punkt 8)

10. Nachhaltig hohe Dividende?

Für einige Überraschung sorgte am Montag die hohe Dividende, die der Verwaltungsrat der Generalversammlung vorschlägt. Sie beträgt 1 Franken gegenüber 60 Rappen im Vorjahr. Wie Collardi betonte, sei die Bank so solide unterwegs, dass eine solche Ausschüttung gerechtfertigt und Ausdruck des weiteren Wachstums sei. Offenbar ist auch in den nächsten Jahren eine so hohe Dividende geplant – sofern es die Profitabilität natürlich zulässt, wie am Montag zu erfahren war.

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