Kündigungen sind für Unternehmen immer ein Kostenfaktor – sofern sie unerwünscht sind. Sie zu verhindern, spart beispielsweise der Credit Suisse jährlich bis zu 100 Millionen Franken. Sie setzt dafür ein intelligentes Frühwarnsystem ein.

Verlassen Leistungsträger ein Unternehmen, ist dies in der Regel kostspielig. Denn die Suche und Einarbeitung neuer Mitarbeiter geht ins Geld. Weiter droht die Stimmung in einer Abteilung zu kippen, wenn Führungsleute oder Integrationspersonen gehen. Die mögliche Folge: Weitere Mitarbeiter verlassen das Schiff.

Im gegenwärtigen Strukturwandel, der die Bankenbranche seit einiger Zeit erfasst hat, sind zahlreiche Banken von solchen ungewollten Kündigungen bedroht. Besonders aber die Credit Suisse, die sich in einem andauernden Restrukturierungsprozess befindet. Die jüngsten vollzogenen und angekündigten Wechsel im Top-Management der Bank haben die Situation zumindest nicht entschärft.

Mit dem designierten CEO Tidjane Thiam steht das Investmentbanking auf dem Prüfstand – Mitarbeiter sind verunsichert. Auch der plötzliche Abgang von Barend Fruithof, dem Chef des Firmenkundengeschäfts, dürfte weitere Personalwechsel in seinem früheren Bereich zur Folge haben.

«Flight risks» identifizieren

Somit ist es gerade für die Credit Suisse wichtig, talentierte Mitarbeiter und solche in Schlüsselpositionen an Bord zu behalten. Die Bank setzt dafür auf Algorithmen, wie kürzlich das «Wall Street Journal» berichtete.

Mit Hilfe von Algorithmen identifiziert die Bank anhand von zahlreichen Faktoren wie Vergütung, Anstellungsdauer, Leistungsbeurteilungen, Kompetenzen des Vorgesetzten und auch Persönlichkeitstests sogenannte «flight risks». Das ist ein Begriff aus dem Personalwesen, der für kündigungswillige Personen steht.

Warnsystem für Chefs

Anhand dieser Analysen können die betreffenden Manager frühzeitig vor einer möglichen Kündigung eines Mitarbeiters gewarnt werden. Damit bleibt ihnen Zeit, Gegenmassnahmen einzuleiten.

Bei der Credit Suisse erwägen laut dem Finanzblatt vor allem Mitarbeiter eine Kündigung, die in grossen Teams unter «low-rated» (wenig kompetenten) Managern arbeiten.

Verwendet würden die Daten auch, um neue Konzepte zu erarbeiten, für die Gewinnung, Bindung und Ausbildung von Talenten, schrieb die Bank in einer internen Publikation vom letzten Sommer. Daraus geht auch hervor, dass der Startschuss für dieses Programm bereits vor über drei Jahren fiel.

Massive Kosteneinsparungen

Damals stellte die Bank unter der Ägide von William Wolf, Leiter Talent Acquisition & Development, ein kleines internationales Team von Datenerfassungs- und Statistikexperten zusammen.

Die Credit Suisse verspricht sich durch den Einsatz dieser Technologie auch Kosteneinsparungen in Millionenhöhe. «Werden nicht beabsichtigte Kündigungen um ein Prozentpunkt reduziert, spart die Bank zwischen 75 bis 100 Millionen Dollar pro Jahr», sagte Wolf gegenüber dem «Wall Street Journal».

Einsatz von «Schnüffel-Software»

Ein geeignetes Mittel mehr über die Kündigungsabsichten eines Mitarbeiters zu erfahren, wäre die Überwachung der Kommunikationswege. VolvoMetrix ist laut dem Finanzblatt ein Softwareunternehmen, welches anonymisierte E-Mail- und Kalenderdaten von Mitarbeitern analysiert, um «flight risks» zu identifizieren. Bekannt ist auch, dass sich die Credit Suisse unlängst am Softwareunternehmen «Digital Reasoning» beteiligt hat, wie finews.ch berichtete.

Auch dieses Unternehmen arbeitet mit Algorithmen, welche aus der Kommunikation der Bankangestellten bestehende oder entstehende Risiken für Fehlverhalten und Manipulationen herausfiltern. Ob die Credit Suisse diese Software verwendet, um kündigungswillige Personen aufzustöbern, ist nicht bekannt. Allerdings wäre es nur ein kleiner Schritt, aus dem Kommunikationsrauschen auch Informationen über Motivationsprobleme oder gar Kündigungsabsichten der Belegschaft herauszuziehen.

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