Ein Jahr nach dem Lehman-Kollaps scheint der Tiefpunkt der Krise überwunden. Die Schweizer Grossbanken formulieren ihre Erwartungen.

«Die Welt nach der Kreditkrise», so lautet deutsche Titel einer neuen Studie der Credit Suisse. Der Bericht ist leider nur auf Englisch erhältlich, aber sehr interessant. Zu einem Zeitpunkt, in dem sich Finanzmärkte und Weltwirtschaft erholen, liefert diese vielschichtige Studie einen guten Überblick über die aktuelle Situation und die strategischen Herausforderungen für Anleger zu Beginn der Erholungsphase.

Die UBS brachte bereits im letzten Frühjahr eine zum Teil vergleichbare Abhandlung heraus, im Gegensatz zur CS-Studie ist das UBS-Werk «Die Finanzkrise und die Zeit danach» auch auf Deutsch erhältlich. Interessant: Während bei der UBS ein eher verhaltener Grundton dominiert, herrrscht bei der Credit Suisse grössere Zuversicht.

Einige Einschätzungen der UBS:

  1. Die Staatsverschuldung wird noch akuter und dürfte neben einem niedrigeren Wachstumstrend auch die Gefahr einer hohen Inflation verstärken.
  2. Auf der Investitionsseite folgern die UBS-Spezialisten, dass angesicht der konjunkturell bedingt niedrigeren Anleihenrenditen nominale Staatsanleihen nur wenig Renditepotenzial haben.
  3. Die Krise wirke tief greifend auf die fundamentalen Bestimmungsfaktoren der Finanzmärkte. «Für Aktien», so schreiben die UBS-Experten, «halten wir eine baldige Gewinnerholung auf vormalige Höchststände für sehr unwahrscheinlich »
  4. Im Finanzsektor ist auf Grund der verschärften Regulierung und Aufsicht mit eingeschränkteren Wachstumsmöglichkeiten zu rechnen und damit auch mit einem niedrigeren Gewinntrend zu rechnen.

Der Bericht der CS befasst sich sehr prominent mit den finanziellen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Krise, aber auch mit deren möglichen sozialen und politischen Folgen. An dem Werk beteiligt waren Sir John Major, ehemaliger britischer Premierminister und Senior Advisor der Credit Suisse, Ernesto Zedillo, Nobelpreisträger und ehemaliger mexikanischer Präsident, Robert Parker, Vice Chairman des Asset Management der Credit Suisse, sowie weitere Analysten der Credit Suisse und Experten.

Einige Erkenntnisse der Credit Suisse:

  1. Die Wirtschaft in den Schwellenländern wird über die nächsten Jahre grösser, stabiler werden und damit das globale Wachstum beschleunigen.
  2. Der Dollar wird sich weiter abschwächen, während der Euro und Gold an Wert zulegen werden. In diesem Punkt vertritt die UBS eine ähnliche Meinung: «Für den US-Dollar bleibt trotz einer neutralen Bewertung das Risiko einer erneuten Abwertung bestehen.»
  3. Die Einflussnahme des Staates wird nicht so schnell verschwinden, sondern einen weit reichenden Einfluss auf die Wirtschaft haben.
  4. Traditioneller Handelsprotektionismus dürfte sich jedoch nicht auf breiter Front durchsetzen, dagegen aber nationale Massnahmen im Finanzbereich, die nicht zuletzt darauf abzielen, den eigenen Markt zu schützen. Dazu gehören Kapitaleinlagensicherungen sowie auch die Bemühungen gegen das Offshore-Banking.
  5. Der staatliche Einfluss auf die Finanzwelt wird durch stärkere Regulierung und höhere Eigenkapitalvorschriften die Geschäftsmodelle der Banken nachhaltig verändern und in manchen Fällen zur Trennung oder Abspaltung einzelner Geschäftsbereiche führen. Auch hier gibt es Parallelen zur Einschätzung der UBS.

Folgende Kriterien werden wichtiger:

  1. Gutes Risiko-Management
  2. Klares ethisches Verhalten und Governance
  3. Mehr Transparenz im Investmentprozess
  4. Höhere Qualität beim Reporting
  5. Erstklassiges Research

Die UBS formuliert diesen Aspekt so: «Zu wissen, wo das wirkliche Risiko für das Portfolio liegt, insbesondere auch bei traditionell als sicher empfundenen Anlagen, scheint heute wichtiger als je zuvor.»

Zur Frage, ob der Kapitalismus gescheitert sei, heisst es im Bericht der Credit Suisse, dass man künftig mit einem «managed capitalism» wird Vorlieb nehmen müssen, der nach drei geographischen Richtungen seine Ausprägung finden wird: im angelsächsischen Raum, in Europa sowie in Asien unter dem Einfluss von China.

Im Investitionsbereich orten die CS-Experten das grösste Potenzial bei jenen Firmen, die noch weiter Kosten optimieren können und auch Umweltschutzanliegen gerecht werden. Als wandlungsfähige Branchen mit Zukunftspotenzial gelten nach dem Ermessen der Grossbank:

  1. Automobil
  2. Informationstechnologie
  3. Papier und Verpackungsindustrie
  4. Transport
  5. Detailhandel
  6. Telekommunikation

 

 

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.22%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.75%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.93%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.45%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.66%
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