Der Verkauf der Privatbank Coutts International zeigt beispielhaft, was bei einem solchen Deal alles falsch laufen kann. Am Ende gibt es vermutlich nur Verlierer.

Coutts ist in der Bankenwelt ein ganz grosser Name, konnte sich doch das britische Institut in der Vergangenheit nicht nur damit schmücken, das Geldhaus der britischen Queen  zu sein, sondern auch so honorige Kunden wie Popstar Elton John oder Fussballer David Beckham zu bedienen. Doch viel von diesem Glanz ist inzwischen verblast. 

Denn Coutts besteht aus zwei Teilen, dem englischen Geschäft, das auch künftig der Royal Bank of Scotland (RBS) gehören wird, und dem internationalen Geschäft, das die RBS unlängst dem Genfer Finanzinstitut Union Bancaire Privée veräussert hat.

Diese Transaktion veranschaulicht beispielhaft, was dabei alles schief laufen kann. Hier sind die wichtigsten Punkte:

1. Zu lange auf dem Markt

Dass Coutts International verkauft werden sollte, wurde in Branchenkreisen schon lange kolportiert. Doch selbst nach der offiziellen Ankündigung war die RBS-Tochter über Monate einer latenten Ungewissheit ausgesetzt. Während dieser Zeit war es den Mitarbeitern kaum möglich, seriös und erfolgreich weiter zu arbeiten. So verlor das Institut schon damals wertvolle Mitarbeiter und Kunden.

2. Schlechte Kommunikation

Als die Transaktion beschlossene Sache war, kam zunächst keine offizielle Ankündigung der Verkäuferin oder der Käuferin. Es waren vielmehr die angelsächsischen Wirtschaftsmedien «Financial Times» und «Wall Street Journal», die den Deal mitteilten. Das zeugt kaum von guter Organisation.

3. Hüst und Hott beim Personal

Geradezu beschämend war das Hin und Her in Sachen Personal. Schon früh kamen Gerüchte auf, wichtige Kaderleute würden Coutts International verlassen, was die Bank dann energisch dementierte, um dann allerdings nur wenige Monate später einzuräumen, besagte Kundenberater würden das Institut doch verlassen. Das ist peinlich.

4. Peinlich, wenn auch der CEO geht

Bald sickerte in gewohnter Manier auch die Information durch, dass der bisherige CEO von Coutts International, Alexander Classen, die Bank verlässt. Auch in diesem Fall ist es den beteiligten Parteien offensichtlich nicht gelungen, zeitnah und proaktiv zu kommunizieren. Das ist insofern schwach, als dass der bewährte Bankier Classen der Mann hätte sein sollen, der die ganze Integration orchestriert.

5. Eine umstrittene Gallionsfigur

Bei der UBP ist Michel Longhini der für die Integration verantwortliche Manager. Der Leiter des Bereichs Private Banking hat bislang keine grossen Stricke zerrissen. In der Branche heisst es, ihm sei es weder gelungen, organisch zu wachsen, noch in Asien greifbare Erfolge zu erzielen – stattdessen verlässt der dortige Chef, Stephan Repkow, das Unternehmen. Longhini leistete zwar sein Gesellenstück mit der Integration des Geschäfts von ABN Amro (Schweiz). Doch Fachleute zweifeln daran, dass es bei Coutts so problemlos funktionieren werde, wie es Longhini unlängst in einem Interview in Aussicht stellte (siehe dazu auch Punkt 6).

6. Ernüchterungen im Onboarding

Zwar zeigt sich Michel Longhini in dem Interview überzeugt, die Coutts-Kunden an Bord der UBP holen zu können. Doch gerade in Asien, wo sich ein sehr wichtiger Wachstumsmarkt befindet, ist es ein offenes Geheimnis, dass das «Onboarding» mittlerweile die Hölle ist. Die Kunden haben – der Regulator grüsst – mittlerweile ganze Aktenstösse zu unterzeichnen, um die Bank zu wechseln. Vor diesem Hintergrund dürfte die angekündigte Integration wohl nicht so einfach vonstatten gehen, wie das in UBP-Kreisen angenommen wird.

7. Konsolidierung in neuem Licht

Am Beispiel der Integration von Coutts International in die UBP lässt sich durchaus ableiten, dass jene Banken, die im Schweizer Konsolidierungsprozess munter mitmischen, möglicherweise nicht die bevorzugten Banken für vermögende Privatkunden sind. Denn wer wünscht sich als High-Net-Worth-Individual (HNWI) eine Bank, bei der ein riesiger personeller Exodus erfolgt (Coutts), oder eine Bank, die aufgrund des Stellenabbaus (bei Coutts) und anhaltend ungewisser Entwicklung eher für negative Schlagzeilen sorgt (UBP)? Im Vorteil sind damit jene Geldhäuser, die unauffällig ihren Geschäften nachgehen.

8. Andere Banken profitieren

Wie sich zeigt, sind es vor allem die Konkurrenten, die von den Folgen einer Integration profitieren. Jüngstes Beispiel: EFG International. Der Schweizer Privatbank ist es bereits gelungen, eine ganze Zahl von Coutts-Kundenberatern zu engagieren, wie auch finews.ch berichtete. Der neue EFG-Chef Joachim Strähle kann selber ein Lied davon singen. Bei der einstigen Bank Sarasin, die er leitete, fiel er nach der Übernahme durch die Safra-Gruppe selber in Ungnade. Und damals zogen ebenfalls ganze Heerscharen an Sarasin-Mitarbeitern ab. Strähle hat nun immerhin einen neuen Posten bei EFG gefunden.

9. Zu viele Häuptlinge

Bei den meisten Akquisitionen zeigt sich, dass es plötzlich zu viele Häuptlinge gibt. Das führt zu bösem Blut respektive zu einem Verdrängungswettbewerb, was sich nun offenbar auch im Fall Coutts/UBP zeigt. Als Folge davon sind viele Top-Manager nur noch damit beschäftigt, ihre Position zu behaupten, anstatt die Geschäfte voranzutreiben.

10. Wo bleibt die Strategie?

Die Übernahme eines Konkurrenten mag zunächst als Stärke ausgelegt werden. Doch bei einer solchen Transaktion zeigt sich bald auch, wo die Schwachstellen liegen, je länger ein Institut an der Integration herumwerkelt. Vor diesem Hintergrund ist es umso wichtiger, eine konzise Strategie zu kommunizieren. Darauf wartet die Branche im Fall der neuen Liaison zwischen Coutts und der UBP. Aber das kann ja noch werden.

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