Vor einigen Monaten bezeichnete finews.ch die Glarner Kantonalbank als die digitalste Bank der Schweiz. Nun liesse sich auch die agilste Bank des Landes finden.

Julius-Bär-Chef Boris Collardi (Bild) musste seit seinem Amtsantritt viel Missgunst und Kritik einstecken. Man traute ihm einfach nicht zu, dass er das traditionsreiche Institut erfolgreich führen könnte. Doch recht eigentlich bewies er das Gegenteil.

Er richtete das Unternehmen zielstrebig auf die Vermögensverwaltung aus, kürte Asien zum zweiten Heimmarkt und beteiligte sich schon früh an der viel zitierten Konsolidierung im Schweizer Private-Banking-Geschäft. Seit der Übernahme des CEO-Postens vor sechs Jahren hat die Julius-Bär-Aktie knapp 30 Prozent zugelegt. 

Aktionäre unterschätzt

Natürlich gab es auch Rückschläge; die Bank musste in Deutschland eine kostspielige Einigung akzeptieren, um die Vergangenheit (mit unversteuerten Vermögen) hinter sich zu lassen, das Institut geriet auch immer wieder unter einen enormen Kostendruck und paukte drastische Sparmassnahmen durch, und er unterschätzte auch die Sensibilität der Aktionäre, die sein Kompensationspaket nicht einfach so durchwinkten. Und mit wechselnden Lohnberechnungmodellen sorgte er für einige Verwirrung, wie auch finews.ch berichtete.

Leer ging das Unternehmen auch beim Übernahmeversuch der Basler Bank Sarasin aus und musste sich bis vor kurzem den Vorwurf gefallen lassen, eine veraltete IT zu haben.

Epochale Veränderungen

Trotzdem kann Julius Bär als die möglicherweise agilste Bank der Schweiz bezeichnet werden. Denn kaum viele andere Institute haben sich über die vergangenen Jahre so aktiv an den epochalen Veränderungen in der Finanzbranche beteiligt wie dies die Zürcher Bank getan hat.

Insbesondere bei der Konsolidierung lieferte Julius Bär sozusagen die Blaupause für grosse wie auch kleine Übernahmen, sei dies mit dem internationalen Vermögensverwaltungsgeschäft von Merrill Lynch oder mit den Kundengeldern der israelischen Bank Leumi.

Vorgehensweise kopiert

In beiden Fällen hat Julius Bär nicht einfach einen Fantasiepreis bezahlt, sondern das, was ihr effektiv an Kundengeldern zufloss. Damit initiierte die Bank eine Vorgehensweise, die später einige andere Institute kopierten.

Eine Vorreiterrolle übernahm das Unternehmen auch mit der konsequenten Ausrichtung auf den asiatischen Wachstumsmarkt – dies zu einem Zeitpunkt, als andere Banken noch ihre Wunden aus den Folgen der Finanzkrise leckten. Und schliesslich gelang es der Bank, trotz ihrer internationalen Ausrichtung, sich im hart umkämpften Heimmarkt zu behaupten oder ihre Position – zum Teil auch mit neuen Filialen – gar noch auszubauen.

Rasche Reaktion

Als Wendepunkt in der jüngeren Entwicklung von Julius Bär muss der 15. Januar 2015 betrachtet werden. Zu dem Zeitpunkt löste die Schweizerische Nationalbank überraschend die Euro-Untergrenze auf, was die vorwiegend international tätigen Schweizer Banken massiv unter Druck brachte, zumal für sie der Hauptanteil ihrer Kosten im Inland anfällt.

Doch nur die wenigsten Geldhäuser reagierten so unmittelbar auf diese veränderte Ausgangslage wie Julius Bär. Das Unternehmen nahm dabei auch in Kauf, in den Medien für seine Kostensenkungs-Massnahmen und dem damit verbundenen Stellenabbau heftig kritisiert zu werden. Gleichzeitig kündigte die Bank an, ihre IT zu erneuern, womit sie einen erheblichen Schwachpunkt in ihrer Organisation ausmerzte. Und last but not least konnte Julius Bär zum selben Zeitpunkt vermelden, die Integration des Merrill-Lynch-Geschäfts erfolgreich abgeschlossen zu haben.

Verfrühte Spekulationen

Vergangene Woche legte der Kurs der Julius-Bär-Aktien überdurchschnittlich zu, was neuerliche Spekulationen über eine Fusion oder Übernahme weckte. Allerdings dürfte eine solche Ankündigung noch allzu verfrüht sein. Die jüngsten Anpassungen, die die Bank seit Anfang Jahr aufgegleist hat, müssen noch weiter umgesetzt werden. Vieles deutet indessen darauf hin, dass die Bank am (morgigen) Dienstag ein überdurchschnittlich gutes Resultat für die ersten vier Monate präsentieren wird.

Ein Indiz dafür lieferte unlängst die UBS. Der Konzern, der ebenfalls stark auf die Vermögensverwaltung für Privatpersonen fokussiert, überraschte den Markt mit enorm guten Zahlen im ersten Quartal 2015. Die Bank Julius Bär, die, wie erwähnt, in Asien stark etabliert ist, hat von der positiven Entwicklung dort ebenfalls profitiert.

Viel Neugeld

Ausserdem dürften die Kostensenkungs-Massnahmen bereits greifen, und die Börse hat sich nach dem Taucher von Mitte Januar 2015 längst wieder erholt. Unter dem Strich führt die gesamte Entwicklung zu einer Senkung des Kosten-Ertrags-Verhältnisses (auf geschätzte 67 Prozent) sowie auf einen Neugeld-Zufluss, der mindestens im Rahmen der Erwartungen (4 bis 6 Prozent) liegen dürfte; dem weiteren Vernehmen nach könnte es Julius Bär gelungen sein, die Margen deutlich zu steigern.

Die Kursavancen von vergangener Woche sollten folglich weniger vor dem Hintergrund einer neuen Übernahme gedeutet werden. Vielmehr dürfte die Entwicklung im laufenden Jahr manche Investoren zu Käufen verleitet haben. Das Ganze unterstreicht so auch, dass Julius Bär durchaus als die derzeit agilste Bank der Schweiz betracht werden kann.

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