Der viel beachtete Bankenanalyst enerviert sich, dass der Geschäftsbericht der UBS mittlerweile über 800 Seiten zählt. Und er erklärt, warum Banken gut beraten wären, ihre Bilanzen auf den Punkt zu bringen.

Wenn Matt Spick (Bild) das Wort ergreift, dann hört die Finanzwelt genau hin. Der Bankenanalyst, der seit Jahren für die Deutsche Bank in London arbeitet, gehört mit den Veteranen wie Huw van Steenis von Morgan Stanley oder Jeremy Sigee von Barclays zu den meist beachteten Branchenkennern überhaupt.

Die Investoren rechnen Spick dabei besonders hoch an, dass er der mit Komplexität überfrachteten Bankenwelt mit Klartext begegnet. So geschehen in Deutsche-Bank-eigenen Magazin «Konzept» vom letzten Mai: In einem lesenswerten Kommentar knöpfte sich Spick dort einmal mehr die Grossbanken vor – und allen voran die Schweizer UBS.

Von 256 auf 868 Seiten

Doch was ärgert Spick plötzlich an der Grossbank, die er als Analyst seit Jahren begleitet? Es ist, um die Worte des Analysten zu gebrauchen, die «grosse Informationsflut».

«Der Geschäftsbericht und Jahresabschluss der UBS von 2014 hatte nicht weniger als 868 Seiten», kritisiert Spick. Damit habe sich dessen Volumen gegenüber der Krise verdreifacht. Die Berichterstattung von Banken, folgert Spick anhand des Beispiels UBS, habe mittlerweile einen solchen Grad an Komplexität erreicht, dass sie kaum mehr zu durchdringen sei.

Der ausgewiesene Bankenexperte gibt dabei ganz offen zu, selber bei der Lektüre der Telefonbuch-dicken Geschäfts- und Quartalsberichten an Grenzen zu stossen. «Selbst professionellen Aktienanalysten gelingt es kaum, Informationen über die gesamte Bandbreite des Bankgeschäfts zu verstehen.»

Risiken werden nicht mehr ernst genommen

Wenn selbst Spezialisten wie Spick das Handtuch werfen, ist das Aktionariat und breite Anlegerpublikum erst recht verloren – und auch der Öffentlichkeit geht der Durchblick über die Vorgänge bei den Banken abhanden.

Als Banker, der er selber ist, macht Spick jedoch die Branche nicht alleine für vierteljährliche Informations-Sperrfeuer verantwortlich. Vielmehr sieht er darin einen klaren Zielkonflikt zwischen den immer strengeren Offenlegungspflichten der Aufsichtsbehörden und der Art und Weise, wie die Compliance der Banken darauf reagiert.

«Eines der grössten Probleme mit dieser immer engmaschigeren Compliance besteht darin, dass damit die Marktdisziplin ausgehebelt wird, insbesondere in den Bereichen mit den grössten Risiken», so Spick. Oder anders gesagt: «Wenn alles zum Risikofaktor erklärt wird, werden Risiken nicht mehr ernst genommen.»

Die falschen Risiken aufgeführt

Als Beispiel nennt der Deutsche-Bank-Analyst den Geschäftsbericht der UBS aus dem Jahr 2006. Der sei zwar «nur» 256 Seiten stark gewesen. Doch die Krise im Jahr 2008, die schliesslich in der Rettung der Bank durch die Schweizer Steuerzahler mündete, hat trotzdem kaum jemand kommen sehen.

«Rückblickend müssen wir heute festhalten, dass auf all diesen Seiten einfach nicht die richtigen Informationen zu finden waren», resümiert der Analyst.

Auf Seiten der Aufsicht sei das Problem inzwischen bekannt und werde im Rahmen von Basel III mit neuen Vorschriften für die Offenlegung angegangen, so Spick weiter. Doch das genüge noch nicht.

Abschlag für Black-Box-Banken

Vielmehr müssten die Banken selber Alternativen entwickeln. «Wenn die Banken ihre Angaben nicht selbst vereinfachen, wird der Markt sie weiterhin mit Bewertungsabschlägen gegenüber anderen Branchen abstrafen», mahnt Spick. Er selber errechnete, dass «einfache» Banken an der Börse einen konstanten Bewertungsaufschlag gegenüber komplexen Instituten geniessen.

Die UBS legt wert auf die Feststellung, dass sie sich anstrenge, ihr Geschäft verständlich darzustellen. «Dies insbesondere, da wir bei der Offenlegung von Informationen eine Führungsrolle einnehmen wollen», betonte eine Sprecherin.

Dadurch stelle die Bank sicher, dass die Anspruchsgruppen über Strategie und Leistung informiert sind, wie es weiter hiess. Und das, erkennt auch die UBS, trage dazu bei, Vertrauen zu schaffen: «Und zwar nicht nur bei Anlegern, sondern auch bei Kunden und Regulierungsbehörden sowie in der Öffentlichkeit.»

Damit geht die Schweizer Grossbank eigentlich mit Spick einig. Auch der findet nämlich: «Es ist mit Sicherheit im Interesse aller, wenn die Bilanzierung und sonstige Informationen möglichst klar, einfach und verständlich sind.»

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.62%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    19.23%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    27.49%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.44%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.21%
pixel