Anfänglich hat man sie klein geredet, doch mittlerweile ist sie in voller Fahrt: die Konsolidierung. Und mit dem Fressen wächst bei manchen Akteuren der Appetit sogar noch munter weiter.

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Lange Zeit war nur davon die Rede. Aber an konkreten Beispielen fehlte es – bis vor gut eineinhalb Jahren. Damals meldete finews.ch exklusiv, dass die US-Bank Morgan Stanley ihr hiesiges Vermögensverwaltungsgeschäft verkaufen und sich aus der Schweiz zurückziehen wolle. Gesagt getan, schon wenige Wochen später stand fest, dass die «brasilianisch-baslerische» Bank J. Safra Sarasin diese Kundenvermögen übernehmen werde. Das war im April 2014.

Vielleicht war das gerade der Startschuss für eine ganze Reihe weiterer Deals. Denn seither ist es zu einem guten Dutzend solcher Transaktionen gekommen, die keinen Zweifel mehr daran lassen, dass die viel gepriesene Konsolidierung im Schweizer Private Banking in vollem Gange ist.

Gnade für die Ladenhüter

Selbst «Ladenhüter» wie die Tessiner Bank BSI, die jahrelang zum Verkauf stand, fand in den vergangenen zwölf Monaten eine neue Heimat. In dem Fall war es die brasilianische BTG-Pactual-Gruppe, die sich als Käuferin von insgesamt etwa 90 Milliarden Franken an Kundenvermögen andiente. Aber auch das internationale Geschäft der RBS-Tochter Coutts stand lange zum Verkauf, bis sich schliesslich im vergangenen Frühling die Genfer Union Bancaire Privée (UBP) die rund 30 Milliarden Franken an Depots schnappte.

Im Konsolidierungswettbewerb mischten mit der Zeit alle Arten von Banken mit – auch das ist interessant. Sei das nun die liechtensteinische Fürstenbank LGT (Schweiz), die sich vor gut einem Jahr rund 10 Milliarden Franken an Kundengeldern von der HSBC Private Bank angelte, oder im August 2014 die St. Galler Kantonalbank, die sich die lokale Vadian Bank unter den Nagel riss.

Einige Schockwellen

Ein sozusagen lokaler Schulterschluss war auch die Übernahme der Centrum Bank in Vaduz durch die ebenso dort ansässige VP Bank im vergangenen Dezember 2014; dieser Deal überraschte insofern, als dass die Centrum Bank erst im Sommer 2013 mit einer ganz neuen Management-Crew unter Olivier Jaquet angetreten war, um wieder auf Kurs zu kommen.

Obwohl von der Dimension her eher bescheiden, es ging um 6 Milliarden Franken an Kundengeldern, sorgte eine andere Akquisition für einige Schockwellen. Wie finews.ch im vergangenen Februar exklusiv berichtet hatte, übernahm die Ostschweizer Raiffeisen-Tochter Notenstein Privatbank die in Basel ansässige Privatbank La Roche 1787. Damit verschwand im Sog dieser jüngsten Konsolidierungswelle ein weiteres Institut aus der handverlesenen Kollektion der Schweizer Privatbanken.

Asset-Deal gegen Share-Deal

Und seit gestern ist bekannt, dass eine weitere Auslandsbank hierzulande verschwinden wird: Es ist die Royal Bank of Canada (RBC), die in der Bank Syz eine neue Mutter findet. In diesem Fall ist vor allem auch interessant, dass es sich dabei nicht um einen so genannten Asset-Deal handelt.

Darunter versteht man die Übernahme von lediglich Kundengeldern und Mitarbeitern. Das ist etwas günstiger und wohl auch weniger riskant als ein Share-Deal, wie das nun bei RBC/Syz der Fall ist.

Liebäugeln mit den USA

Dass es hier zu einem Share-Deal kommt, hängt damit zusammen, dass die RBC (Suisse) in Miami ein Niederlassung hat. Und darauf hat es die Bank Syz (auch) abgesehen, denn wie deren Mehrheitsaktionär Eric Syz gegenüber finews.ch bereits im vergangenen Februar erklärte, will er mit seiner Bank in die USA expandieren – und das ist ihm dank der RBC (Schweiz) nun auch gelungen. Dafür ist er ganz offensichtlich auch bereit, einen etwas höheren Preis zu bezahlen als bei einem Asset-Deal.

Wie er gegenüber finews.ch weiter versicherte, soll er offenbar noch genügend Mittel haben, um im nächsten Jahr eine weitere Akquisition zu tätigen. Darin lässt sich ein weiterer Trend ausmachen: Die jüngste Konsolidierungswelle hat bei den Akteuren und bislang untätig gebliebenen Banken einen weiteren Heisshunger auf Deals ausgelöst.

Ein Riesenhunger

So sagte unlängst sogar der CEO der Zürcher Rothschild Bank, Veit de Maddalena, gegenüber finews.ch, dass man einer Übernahme ganz und gar nicht abgeneigt sei. Das überrascht bei einem Institut, das sich bislang eher in vornehmer Zurückhaltung übte. Aber das ist bei weitem nicht ein Einzelfall. Auch Vontobel-Chef Zeno Staub versichert regelmässig, dass seine Bank, auch nach der Akquisition des Londoner Asset Managers TwentyFour Asset Management, unverändert an anderen Instituten oder Asset-Deals interessiert sei.

Ähnlich klingt es auch aus anderen Häusern: Bei der Privatbank EFG International, neuerdings unter Leitung des früheren Sarasin-Chef Joachim Strähle, ist man einer Transaktion durchaus nicht abgeneigt, ebenso verfügt die von Basel aus agierende Bank J. Safra Sarasin mit ihrer starken Muttergesellschaft in Brasilien über enorme Mittel, um die Konsolidierung weiter in Schwung zu halten.

Pragmatische Familie in Genf

Unterschätzen darf man auch die Familie de Picciotto nicht, die in den vergangenen Jahren mit ihrer Union Bancaire Privée (UBP) massgeblich an der Konsolidierung (ABN Amro, Lloyds Private Banking, Coutts International) beteiligt war. Zwar versicherte Bankchef Guy de Picciotto unlängst im Gespräch mit finews.ch, dass in den nächsten zwei Jahren nichts geplant sei. Doch sollte man diese Aussage bei den pragmatischen Genfern nicht immer ganz für bare Münze nehmen.

Last but not least sendet auch Notenstein-Privatbank-Chef Adrian Künzi regelmässig neue Signale aus, wonach er einer neuen Übernahme nicht abgeneigt sei. Gegenüber finews.ch sagte er schon vor einem Jahr, wo er die Privatbank gerne haben möchte: Auf einem Gewinnniveau von 60 bis 70 Millionen Franken. Weil der Schweizer Private-Banking-Markt, wo Notenstein seine Hauptkundschaft sieht, nur sehr moderat wächst, dürfte Künzi ohne weitere Zukäufe sein Ziel wohl kaum erreichen.

Ausschau nach einer neuen Braut

Alles in allem dürfte es somit spannend bleiben, zumal auch Julius-Bär-Chef Boris Collardi, seit er 350 Millionen Franken für den US-Steuerstreit zurückgestellt hat, wieder in die Offensive gehen kann. Die Integration des internationalen Geschäfts von Merrill Lynch ist inzwischen mehr oder weniger abgeschlossen; in den Kassen der «Bären» befindet sich jede Menge Überschusskapital – was liegt also näher, als sich ebenfalls nach einer neuen Braut umzusehen.

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