Tom Meiers Rochade mag auf Anhieb nicht schlüssig sein. Doch hinter dieser Personalie Machtkämpfe und Intrigen bei Julius Bär zu vermuten, ist so seriös wie wenn Donald Trump von Polit-Ambitionen schwadroniert.

Zugegeben, dass der erfolgreiche Asien-Chef der Bank Julius Bär nach aussen hin völlig überraschend seine Zelte in Fernost abbricht und in die Schweiz zurückkehrt, mag wie eine Relegation anmuten.

Immerhin baute Thomas «Tom» Meier (Bild) innert zehn Jahren die Zürcher Traditionsbank in Asien aus bescheidenen Anfängen zu einem der wichtigsten Akteurinnen in der Region auf. Und ausgerechnet er soll sich künftig – in der Schweiz – mit der etwas lapidar anmutenden Funktionsbezeichnung «Non-Executive Vice Chairman» begnügen – also mit einem Titel, der gleich mit zwei zweitrangigen Konnotationen besetzt ist, nämlich mit «non» und «vice»?

Tanz zwischen zwei Welten

Kein Wunder, dass da wüste Spekulationen wild ins Kraut schiessen. Doch gemach, bisweilen haben manche Personalien einfach auch nur einen «personal touch».

Meier hat in der Tat mehr als zehn Jahre Asien auf dem Buckel, denn bereits bei der Credit Suisse stand er im Fernen Osten im Einsatz. Der Tanz zwischen zwei Welten verlangte, wie er selber häufig sagte, einiges an Kreativität und Flexibilität ab, zumal er auch Familienvater ist. Seine Familie hatte ihren Lebensmittelpunkt zwar in der Schweiz. Doch lebte zeitweise eine Tochter bei ihm in Singapur.

Nicht ganz so abwegig

Nachvollziehbar ist auch, dass man ab einem gewissen Alter die ganze Reiserei gesehen hat. Der 53-jährige Meier war nämlich mindestens einmal im Monat in der Schweiz. Dass er künftig wieder in unseren Breitengraden leben möchte, ist folglich nicht ganz so abwegig, selbst wenn seine Kinder inzwischen erwachsen sind.

Von einem Eklat kann insofern auch nicht die Rede sein, da der Wechsel erst per Ende 2015 erfolgt, also in rund viereinhalb Monaten. Bis dahin ist und bleibt Meier Asien-Chef – man müsste also eher von einer umsichtig geplanten Nachfolgeregelung sprechen.

Auf dem Zenit des Erfolgs

Dass Meier die Leitung möglicherweise auf dem Zenit seines Erfolgs abgibt, spricht ebenfalls für ihn, sofern man rein aus seiner persönlichen Warte argumentieren möchte. Denn tatsächlich sind die Rahmenbedingungen, nicht zuletzt in Singapur, in den letzten zwei Jahren deutlich komplexer geworden und die «cost of doing business» enorm gestiegen. Und es ist nicht ausgeschlossen, dass die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Turbulenzen in China noch einen Grossteil der Region für einige Jahre in Mitleidenschaft ziehen könnten.

Dass Meier, je nach Auslegung, mit einem «Frühstücks-Direktoren-Titel» abgespiesen wird, mag für manche Beobachter so interpretierbar sein; doch im Wissen, dass seine Ablösung erst in mehreren Monaten erfolgt, lässt sich auch folgern, dass diese Funktionsbezeichnung nicht in Stein gemeisselt ist, sondern seiner künftigen Aufgabe noch angepasst werden kann.

Eine illustre Person

Umgekehrt macht es Sinn, dass mit Jimmy Lee Kong Eng (endlich) ein Asiate Einsitz in der Geschäftsleitung der Bank nimmt, zumal Julius Bär diese Marktregion seit Jahren als «zweiten Heimmarkt» betrachtet, und wo ein Viertel aller Kundengelder – also gut 70 Milliarden Franken – gebucht sind.

Mit Jimmy Lee hat Julius Bär eine mutige Wahl getroffen, denn der Banker ist eine illustre Person, wie in der Branche seit langem zu hören ist. Doch gleichzeitig sucht Lees Beziehungsnetz in Asien weit nach seinesgleichen.

UBS als Vorläuferin?

Auch die UBS hat in den vergangenen Jahren die Zahl an asiatischen Führungskräften zu Lasten von Schweizer ausgebaut, weil sie sich davon mehr Chancen verspricht. Und die Credit Suisse setzt seit geraumer Zeit mit Helman Sitohang ebenfalls gezielt auf einen Mann aus der Region.

Ob dies bei Julius Bär nun auch Schule macht, lässt sich noch nicht abschätzen. Sicher ist, dass mit Jimmy Lee das Asien-Geschäft von Julius Bär nicht weniger aufregend sein wird. Und man darf gespannt sein, wie sich Tom Meier sozusagen im Abendland zurecht findet.

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