Crash-Gurus malen den Teufel an die Wand. Aber Banken und Vermögensverwalter waren sich selten so schnell einig wie jetzt. Hier sind sieben Gründe, warum die China-Krise den Geldhäusern gelegen kommt.

Für die Medien war es der «schwarze Montag», und Börsenprofis wie der bekannte Schweizer Börsenspezialist Felix Zulauf vermuteten angesichts des von China ausgehenden Börsenbebens gar den «Anfang eines Währungskriegs».

Doch für die Banken und Vermögensverwalter waren die letzten Tage alles andere als schwarz. Der China-Crash, der auch den Schweizer Leitindex seit Wochenbeginn um 7 Prozent in Mitleidenschaft zog, ist für sie vor alle eins: ein gefundenes Fressen.

Kaufempfehlungen allerorten

Inzwischen überschlagen sich nämlich Vermögensverwalter und Prtivatbanken weltweit mit Empfehlungen an ihre Kunden, weitere Aktien zu kaufen. Seit Jahren sei die Gelegenheit nie mehr so günstig gewesen wie jetzt, sich mit Risikopapieren einzudecken.

Allen voran geht Francesco der Ferrari, als Chef der Privatbank der Credit Suisse in Asien ein Schwergewicht in der Szene. Viele seiner Kunden sähen die Turbulenzen als Chance, um Aktien zuzukaufen, erklärte er gegenüber der Agentur «Reuters».

Das berühmte fallende Messer

Derweil betitelten die Analysten der Bank of America/Merill Lynch eine eilends erstellte Marktstudie mit «Falling Knife Time» – und erörtern darin, ob Anleger nun ins «fallende Messer» greifen sollten. So bezeichnen Börsianer Wertschriftenkäufe bei stark fallenden Kursen. Und die Antwort lautet, nicht ganz überraschend: Ja, sie – die Anleger – sollen. Denn schliesslich seien die Märkte «extrem überverkauft».

Auch der bekannte Schweizer Finanzwissenschafter und frühere Bankrat der Zürcher Kantonalbank (ZKB), Maurice Pedergnana, stimmt ins Loblied der Aktie ein. «Tiefere Kurse bieten erstklassige Chancen», resümiert er im Blog des von ihm geführten Vermögensverwalters Zugerberg Finanz.

Nur: Dass die Banker in den letzten Tagen nun plötzlich viel mutiger geworden sind, ist kaum anzunehmen. Und das gilt erst recht für die Kunden. Im Gegenteil: Hinter den bisweilen marktschreierischen Analysen und Empfehlungen stecken ganz andere Motive. Was genau, das erörtert finews.ch in sieben Punkten:

1. Sie sind von dieser Krise weit entfernt

Für einmal ist es eine Krise, die sich in exotischer Ferne abspielt. Kein Grexit droht im nahen Ferien-Charterland, keine Insolvenz im sonnigen Spanien, und Verwerfungen an der Wall Street sind auch nicht in Sicht. Es ist «nur» ein Crash am andern Ende der Welt unter Milliarden von Chinesen, die uns vermeintlich nichts angehen; zwar in der zweitgrössten Volkswirtschaft der Welt, aber gleichzeitig von den meisten ausländischen (Privat-)Investoren abgeschottet.

Das sind beste Zeiten für unsere Banken. Denn diese reale Krise liefert viel wertvolles Anschauungsmaterial, um die eigenen Kunden an der Hand zu nehmen und sie vor den grossen Gefahren an den Finanzmärkten zu warnen und gleichzeitig die eigene Beratungskompetenz in den Vordergrund zu rücken – und dafür wo möglich einen bescheidenen Obolus in Rechnung zu stellen.

2. Sie hängen nicht mit drin

Keine Krise der jüngeren Vergangenheit hat die Banken kalt gelassen. Im Gegenteil: Die Lehman- und Finanzkrise vor bald zehn Jahren war eine direkte Folge gigantischer Fehlspekulationen der Banken selber gewesen. Zahllose Institute mussten den Staat um Hilfe angehen und sich in Abhängigkeiten begeben. In einer solchen Situation konnte man Anlegern schlecht raten, in die Krise hineinzukaufen – auch wenn es sich gelohnt hätte.

Dasselbe bei der Euro- und Schuldenkrise: Banken waren überladen mit griechischen, spanischen oder portugiesischen Anleihen, denen ein Ausfall oder Schuldenschnitt drohte. Gelassen von Kaufgelegenheiten zu sprechen, während die Renditen von Staatsanleihen in die Höhe schiessen, war da nicht angebracht. «This time it's different», liesse sich nun sagen. Die Krise betrifft die Banken nicht – also können sie sie an der Kundenfront nutzen.

3. Sie können immer ein Verkaufsthema gebrauchen

Auch wenn sich Finanzinstitute gerne mit dem Zusatz «Beraterbank» schmücken – sie leben von der Produktion und vom Verkauf von Anlageprodukten. Eine Krise, die sich an den Finanzmärkten zwar global manifestiert, aber lokal begrenzt zu sein scheint, ist ein hervorragendes Verkaufsthema, das sich richtiggehend ausschlachten lässt.

Die Nachricht ist profan: Kurse und Bewertungen sind gefallen – also gilt es nun zu kaufen. Als Verkaufsthema ist dies für die Banken jedenfalls eine einfachere Botschaft als komplexe Absolute-Return- oder Smart-Beta-Strategien in einem Nullzinsumfeld an den Mann respektive an die Frauen zu bringen.

4. Sie können sich als «Beraterbank» profilieren

In heiklen Zeiten hören Anleger gerne auf den Rat von Experten. Besonders, wenn es sich um «komplexe» Märkte handelt. Beim China trifft beides zu. Das kommt den Vermögensverwaltern zupass: Denn sie haben die Produkte und die Expertise griffbereit.

Für die asiatischen Märkte gilt diese Feststellung in ganz besonderem Masse – weil die Unternehmen aus dem Reich der Mitte für uns weit weg, zuweilen intransparent und schwer zugänglich sind, können die (Schweizer) Banken die Rolle eines «Gatekeepers» einnehmen. Und lassen sich das in klingender Münze vergüten.

5. Sie sehen eine «gesunde Korrektur»

Der Crash an den Börsen Chinas kommt den Banken noch aus einem anderen Grund gelegen: Innert der vergangenen 18 Monate tummelten sich die meisten Aktienkurse an den chinesischen Finanzmärkten zunehmend in einer enthemmten Blasenzone. Allein die Börse in Schanghai legte seit Sommer 2014 rund 150 Prozent an Wert zu. Will heissen: Selbst den Banken, die ihre Kunden eigentlich immer gerne zu weiteren Käufen animieren, wurde es angesichts solcher Bewertungen etwas schwindlig.

Umso mehr heissen sie nun die jüngsten Verwerfungen willkommen und sprechen, wie es in ihrem Jargon heisst, von einer «gesunden Korrektur» und neuen Einstiegsmöglichkeiten. «Reculer pour mieux sauter», liesse sich daraus auch ableiten. Bloss, manche Anleger, die in den vergangenen Wochen massive (Buch-)Verluste einstecken mussten, dürfte diese «gesunde Korrektur» eher wie ein Blutbad vorkommen.

6. Sie profitieren von nervösen Märkten

Machen die Finanzmärkte Bocksprünge, mag das für die Investoren ärgerlich sein. Die Banken hingegen freut’s. Denn ein nervöses Auf-und-Ab an den Börsen treibt ihre Handelserträge hoch. Vor dem China-Crash sorgte die Schweizerischen Nationalbank (SNB) Mitte Januar mit der plötzlichen Aufhebung der Kursuntergrenze bereits für klingende Kassen bei den Banken. Denn auch damals lösten die Anleger mit panikartigen Transaktionen eine hohe Volatilität aus.

7. Sie müssen die Cash-Bestände anlegen

Schweizer Vermögensverwalter und Banken haben seit langem ein Problem: Sie zahlen auf den bei der Nationalbank deponierten Cash-Beständen ihrer Kunden ab einem bestimmten Limit Strafzinsen. Umso höher ist der Anreiz, die Kunden nun hinaus aus dem Bargeld zu bewegen und sie hinein in andere Anlageklassen zu begleiten. Ein Thema wie China kommt da wie gerufen.

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