Tom Hayes, der verurteilte Ex-UBS-Händler, galt als genial. Genial kriminell war seine Erkenntnis, wie einfach er den Libor-Zinssatz manipulieren konnte. Er könnte der grösste Finanzbetrüger aller Zeiten sein.

Diese These stellt jedenfalls die Nachrichtenagentur «Bloomberg», die Aufstieg und Fall von Thomas William Alexander Hayes – wie der 36-jährige Brite mit vollem Namen heisst – in einer lesenswerten Reportage beschreibt.

Laut der Agentur gibt es vier Schlüsselereignisse, welche Hayes prägten und schliesslich zerstörten. Das erste Schlüsselerlebnis erlebte er als 21-Jähriger bei seinem ersten Job bei der Royal Bank of Scotland (RBS) am Derivate-Handelsdesk.

Geld machen – sonst nichts

Als Trainee bestanden seine Hauptaufgaben in Teekochen und Besorgungen für Kollegen. Als Belohnung durfte er jeden Tag 20 Minuten fragen, was er wollte. Die Erkenntnis aus den Antworten war einfach, die Erfolgsformel im Finanzgeschäft lautete: Mache Geld, und alles andere gibt sich von selber.

Das war 2001 gewesen. 2006 hatte ihn die UBS abgeworben und nach Tokio geschickt, wo er am Yen-Libor-Desk handelte. Es lief es an einem Oktobertag schlechter als sonst. Hayes war tief im Minus, hatte riesige Wetten auf Zinsbewegungen ausstehen — aber der Yen-Libor bewegte sich nicht.

Es ging ihm ein Licht auf

Hayes rief einen Broker in London an, um Hinweise auf mögliche Veränderungen zu bekommen. Der Broker bot Hayes an, mit jenem Kollegen zu sprechen, der jeweils die tägliche Libor-Vorhersage an jene Banker mailt, welche den Zinssatz fixieren. Der Broker sagte zudem, er könne veranlassen, dass die Vorhersage etwas tiefer ausfallen werde.

Für Hayes sei da «ein Licht aufgegangen», heisst es in dem Bloomberg-Artikel. Wenn er die Broker beeinflusste, konnte er auch den Libor beeinflussen, ohne dass es jene 15 Banken bemerkten, die den täglichen Zinssatz festlegen. Und Hayes hatte sehr gute Beziehungen zu den Brokern.

UBS widerspricht

Bei der UBS sei Hayes sehr offen gewesen, wenn er seine Handelsstrategien erklärte und darlegte, in welche Richtung er den Libor bewegen würde. «Bloomberg» zitiert dazu einen UBS-Sprecher, es sei völlig falsch, dass Hayes bei der UBS ein «Licht aufgegangen» sei.

Weder er noch die UBS habe die Libor-Manipulation erfunden. Die Manipulation sei quer durch die Industrie weltweit von Brokern entweder individuell oder in Absprachen über Jahre hinweg betrieben worden.

Mitten im Untergang im Plus

Das dritte Schlüsserlebnis für Hayes geschah am 15. September 2008, dem Tag des Untergangs von Lehman Brother, und es gab ihm ein Gefühl der Unbesiegbarkeit. Der Zusammenbruch der Wall-Street-Bank drohte zu einem Flächenbrand im globalen Finanzsystem zu werden. Hayes' Positionen waren in Gefahr.

Denn der Kollaps würde nach aller Logik die Zinsen steigen lassen. Er aber hatte enorme Wetten auf einen stabilen Libor ausstehen. Hayes war damals 28 Jahre alt und sein Handelsbuch zeigte ein Plus von 70 Millionen Dollar für das laufende Jahr, so gut war er bislang mit der schwelenden Krise gefahren – und dabei im Hintergrund den Libor-Zins beeinflusst.

Als der Handel in London eröffnete, war Lehman Brothers kollabiert. Hayes kontaktierte über einen Instant-Messager einen seiner vertrauenswürdigsten Broker: «Cash mate, really need it lower.»

Behielt die Kontrolle

Der Broker kam der Aufforderung nach und sagte jeder Bank, die ihn um seine Vorhersage bat, der Libor werde an diesem Tag wohl fallen. Und tatsächlich, Hayes behielt die Kontrolle. Auch über die nächsten drei Tage gelang es ihm, den Zins soweit zu manipulieren, dass er seine Positionen halten konnte – während die Finanzwelt untergehen zu gehen drohte.

Das vierte Schlüsselerlebnis für Hayes war ein Zusammentreffen mit Andrew Thursfield, dem Chef des Cash-Desks bei Citigroup in London. Hayes hatte 2010 zur US-Bank gewechselt und wollte jene Person treffen, welche den Libor dort fixierte.

«Sie können beim Libor helfen»

Hayes erste Worte waren: «Nett Sie kennenzulernen. Sie können uns beim Libor helfen.» Thursfield war der falsche Mann für eine solche Ansage. Britisch, pedantisch und buchhälterisch sah sich der Risikofachmann als Hüter der Citi-Bilanz.

Ausserdem kooperierte Citi bereits in den seit 2008 laufenden Untersuchungen über mögliche Libor-Manipulationen.

Thursfield hatte eigenhändig eine Dokumentation zu verfasst. Vor Hayes warnte er intern – und dieser merkte erst nach seiner Rückkehr nach Tokio, dass sich die Schlinge um seinen Hals zugezogen hatte. Der Rest ist Geschichte.

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