Fisch Asset Management ragt als Schweizer Investmentboutique heraus. Ein Fundament des Erfolgs: Fast nichts machen, dies dafür gut, sagt Mitgründer Pius Fisch im Interview mit finews.ch. Und die Mitarbeiter würden alles wissen – wirklich alles.


Herr Fisch, wir sitzen hier in Ihren Zürcher Büros und hören aus der unteren Etage Baulärm. Bauen Sie aus?

Ja, die Platzverhältnisse sind für die jetzigen knapp 70 Mitarbeiter schon recht eng. Geplant ist, auf rund 100 Mitarbeiter auszubauen.

Sind Wandelanleihen denn ein so gefragtes Investment, dass Sie Ihren Personalbestand dermassen ausbauen müssen?

Sagen wir es so, wir wollen auf eine stark steigende Nachfrage vorbereitet sein.

Sie sehen sie also kommen.

Ja, wir gehen davon aus, weil wir in letzter Zeit unsere Internationalisierung stark vorangetrieben haben. Ausgangspunkt war ein ganz anderes Ereignis gewesen, nämlich der Entscheid der Bank Schroders Ende 2013, das Management ihrer Wandelanleihen-Fonds selber zu übernehmen.

«Das muss unser Anspruch sein»

Das hat uns zwar nicht substanziell wehgetan, aber zum Nachdenken angeregt. Und das Ziel war: Wir müssen internationaler werden, und wir müssen die besten Investoren der Welt gewinnen. Das muss für uns als die Wandelanleihen-Spezialisten der Anspruch sein.

Was haben Sie bislang erreicht?

Wir holten Leute, die sich in für uns neuen Märkten auskennen, und wir starteten in einzelnen Ländern Kooperationen. Parallel dazu müssen wir die internen Strukturen ausbauen, um bereit zu sein für den erhöhten Aufwand.

Und was ist mit den besten Investoren der Welt?

Wir denken, dass die etablierten amerikanischen Family Offices die professionellsten Investoren sind, und so wären wir stolz, sie als Kunden zu haben. Aber soweit sind wir noch nicht. Die USA sind als Markt zwar sehr interessant, aber für einen Asset Manager unserer Grösse und mit unserer speziellen Ausrichtung auch sehr herausfordernd bezüglich der Ressourcen, die dafür aufgewendet werden müssten. Zurzeit haben wir keine US-Pläne, aber nichts ist unmöglich.

Als Sie als Asset Manager von Wandelanleihen anfingen – schien das zeitweise auch unmöglich?

Natürlich, was mein Bruder Kurt und ich damals vorhatten, war in der Branche nicht normal. Wir waren zu zweit, hatten einen Computer und eine klare Idee: Wir machen fast nichts, aber das machen wir gut: Asset Management mit Wandelanleihen.

Was war daran so anormal?

Wir hätten ein klassischer Vermögensverwalter werden können. Aber wir wollten nur institutionelle Kunden und nahmen von vornherein tiefere Margen in Kauf. Dafür wurden wir von manchen belächelt. Aber dafür hatten wir eine klare Positionierung. Zu Beginn boten wir auch Funds-of-Hedgefonds an, vor allem Managed Futures. Wir hatten also Produkte, die auch in schlechten Zeiten outperformen sollten.

«Dem Asset Management ist alles unterzuordnen»

Als dann der erste Wachstumsschritt kam und wir Pensionskassen als Kunden gewannen, haben wir uns nur noch auf Wandelanleihen konzentriert. Das hat sich als richtige Entscheidung erwiesen. Fisch und Wandelanleihen sind Namen, die zusammen gehören.

Gut, inzwischen haben wir Expertise auch auf Unternehmensanleihen ausgeweitet, indem wir bestehendes Know-how, wie die Kreditanalyse, auf neue Produkte anwenden im Sinne einer gesunden Diversifikation. Aber unseren Claim haben wir deswegen nicht verwässert.

Sie sind eigentlich die Asset-Management-Boutique der Schweiz geworden. War das ein Ziel?

Nein, unser Ziel war gutes Asset Management und Freude haben. Wir waren von Wandelanleihen als gutes Investment überzeugt. Wir sahen darin eine Chance, weil der Bereich zu klein ist für die grossen Anbieter. Wir haben anfänglich kein Marketing betrieben und auch keine Verkaufsorganisation gehabt.

Wichtig war, dass wir gutes Asset Management betrieben. Wenn man da gut aufgestellt ist, folgt der Rest, also auch die Kundengelder. Wir brauchten recht lange, bis wir lernten, wie wichtig gute Vertriebsleute sind. Wir verwalten derzeit rund 8.5 Milliarden Franken an Kundenvermögen.

Was macht eine Boutique anders?

Wir haben eine radikale Firmenphilosophie, das ist eine Bedingung für den Boutique-Charakter.

Beschreiben Sie Ihre Philosophie.

Das Asset Management steht im Zentrum. Ihm ist alles unterzuordnen. Weiter war von Beginn an klar, dass wir keinerlei Interessenskonflikte haben durften. Das wäre das Allerschlimmste gewesen. Das war relativ einfach umzusetzen in Bezug auf unsere Kunden. Wir haben am Handel nie verdient. Mit dieser Haltung war man in den 1990er-Jahren ein Exot.

«Bei uns herrscht absolute Transparenz»

Unsere Firma stellten wir so auf, dass wir die gleichen Interessen hatten wie unsere Kunden. Darum müssen wir die ganzen neuen Richtlinien wie Mifid nicht mehr implementieren. Innerhalb der Firma ist es dagegen schwieriger, Interessenskonflikte zu vermeiden.

Warum?

Weil dies heisst, dass alle Mitarbeiter im Unternehmen dasselbe Ziel verfolgen, nämlich nicht den Erfolg des Einzelnen, sondern den des Unternehmens.

Aber Sie haben das erreicht?

Das ist ein permanenter Prozess, aber wir haben schon einiges erreicht dank zweier Massnahmen. Erstens: Bei uns herrscht absolute Transparenz. Und zweitens: Wir machen jeden Mitarbeiter zum Unternehmer, in dem wir ihn am Umsatz beteiligen und grundsätzlich jeder Aktien erwerben kann.

Die Transparenz ist eine Voraussetzung für das unternehmerische Handeln der Mitarbeiter?

Ja, jeder muss alles wissen. Sie können von einem Mitarbeiter nicht verlangen, er soll unternehmerisch denken und handeln, ihn aber nicht vollständig in das Unternehmen einweihen.

Also weiss jeder Fisch-Angestellte alles, was im Unternehmen geschieht?

Ja, alles. Quartals- und Jahresberichte sind allen zugänglich, die Protokolle der Geschäftsleitungs- und Verwaltungsratssitzungen, die Saläre und Boni sind allen bekannt. Alles, ausser die Inhalte von Mitarbeitergesprächen.

Müssen Sie da nicht ständig Brände löschen?

Es stimmt, diese Philosophie verlangt Kompromisslosigkeit und Professionalität. Der Vorteil dieser Transparenz ist: Konflikte treten viel früher zu Tage und können auch gleich gelöst werden. Wenn einem Kollegen erklärt wird, warum der andere mehr verdient, muss dies natürlich auf Basis von nachvollziehbaren Bewertungskriterien geschehen. In der Regel akzeptieren dies unsere Mitarbeiter. Oder es gibt diese, die dazu nicht fähig sind. Die verlassen das Unternehmen dann.

Kommt das oft vor?

Wir haben eine sehr geringe Fluktuation, aber es ist schon vorgekommen.

Was ist der Vorteil dieser Lohntransparenz?

Sie ist Teil unseres Zieles: Dass – bildlich gesprochen – alle auf den selben Berg wollen, den Boutiquen-Gedanken quasi verinnerlichen. Die Transparenz hat nichts mit Altruismus zu tun. Sie soll einen Mehrwert schaffen.

Sie könnten doch Lohnanreize setzen – wie im meritokratischen Bankensystem.

Das tun wir. Ein Teil unseres Umsatzes gehen in einen Topf, der quartalsweise als Salär (nicht Bonus) ausbezahlt wird. Das hat mehrere Vorteile. Erstens: Jeder Neukunde ist direkt spürbar. Zweitens: Die Fixkosten sind tiefer. Machen wir weniger Umsatz, gehen auch die Löhne runter. Drittens: Weil wir diesen Topf quartalsweise verteilen, ist der Mitarbeiter direkt an einem konkreten Unternehmenserfolg aus den letzten drei Monaten beteiligt. Viertens: Es wollen alle auf denselben Berg.

«Noch haben mein Bruder und ich die Kontrolle»

Wenn einer unserer Verkaufsleute ein Ticket von 50 Millionen Franken löst, dann freut das auch den Mann in der IT, der den Auftrag verarbeiten muss. Das Schlimmste, was in einer Firma geschehen kann, ist, wenn umsatzfördernde oder gewinnbringende Mehrarbeit auf Ablehnung stösst. Auf diese Weise überlegt sich der IT-Mann aber vielleicht, was er tun kann, dass der Mann im Verkauf das nächste Mal ein 100-Millionen-Ticket löst.

Zahlen Sie auch Boutiquen-Löhne?

Wir zahlen in den unteren Hierarchien wohl überdurchschnittliche Löhne, im oberen Management teilweise eher weniger als im Markt. Aber wir geben Aktien aus, das ist der unternehmerische Lohnanteil. Wir haben Angestellte, die inzwischen eine schöne Beteiligung an der Fisch Asset Management AG halten.

Aber die Kontrolle haben noch Sie und ihr Bruder?

Ja, noch haben wir sie, aber irgendwann können wir sie aufgrund der Aktienzuteilungen auch verlieren.

Sie bekommen doch viele Angestellte, die das übliche Salär- und Bonussystem gewöhnt sind. Wie schwören Sie diese auf Ihre Firmenphilosophie ein?

Das Prinzip ist einfach: Jeder neue Angestellte ist eine Investition in den zukünftigen Unternehmenserfolg. Denn jeder Neuzugang bedeutet für die anderen zunächst etwas weniger Lohn. In der Regel ist es so, dass alle Neuzugänge unsere Philosophie toll finden, dann aber doch zwei Jahre brauchen, bis sich daran gewöhnt haben.

Gilt ihr Unternehmen im Rahmen der Schweizer Asset Management Initiative als Vorbild?

Ja, wir gelten als Schweizer Asset Manager, der es zu einem gewissen Erfolg gebracht hat. Ob wir ein Vorbild sind oder dazu taugen, müssen andere beurteilen. Man muss aber sehen: Heute sind die Rahmenbedingungen völlig anders. Um eine solche Unternehmung im Bereich institutionelle Kunden überhaupt starten zu können, brauchen sie viel Eigenkapital und hunderte Millionen verwaltete Vermögen.

«Die Einstiegshürden sind heute zu hoch»

Der regulatorische und administrative Aufwand ist massiv gestiegen. Im Prinzip sind die Einstiegshürden heute zu hoch. Das mag zwar gut für uns sein, aber für die Branche insgesamt ist es schlecht. Sie wird zu wenig gefordert.

Gab es in der nun 21-jährigen Geschichte von Fisch Asset Management nie den Moment, wo Sie alles in Frage stellen mussten?

Alles in Frage stellen nicht, aber die Finanzkrise hat uns stark getroffen. Es gab damals im Hedgefonds-Bereich viele Wandelanleihe-Investoren. Um sich Liquidität zu verschaffen, haben diese Hedgefonds dann alles verkauft. Wir konnten eigentlich nur zuschauen. Das war nicht einfach.

Dass Sie und Ihr Bruder auf zwei verschiedene Berge steigen wollten, kam das vor?

Wir sind zwar sehr oft unterschiedlicher Meinung, aber nie in den grossen Fragen. Aus meiner Sicht hilft es zum Beispiel, dass ich ein eher phlegmatischer Mensch bin. Das heisst, ich verspüre selten Stress. Das hilft ungemein.


Pius Fisch ist promovierter Jurist mit einer Ausrichtung auf Internationales Recht. Vor der Gründung von Fisch Asset Manegement zusammen mit seinem Bruder Kurt im Jahr 1994 arbeitete er bei der damaligen Zürich Versicherung in der International Division. Fisch ist Verwaltungsratspräsident des Unternehmens, gleichzeitig aber auch verantwortlich für die Entwicklung der Produkte. Seine juristische Ausbildung komme ihm dabei sehr zu Hilfe, sagt er. Fisch bezeichnet sich als Familienmenschen, ist passionierter Koch, sein Golfspiel komme zurzeit etwas zu kurz.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.36%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.81%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.84%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.35%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.64%
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