Nur Narren würden Eigenkapitalrendite-Ziele verfolgen, kritisierte Credit-Suisse-Chef Tidjane Thiam unlängst. Jetzt legt er noch einen drauf – und tritt damit eine Debatte im Banking los.

Am Bankengipfel der britischen «Financial Times» am Dienstag in London war Tidjane Thiam (Bild) – neben dem ehemaligen Nationalbank-Präsidenten Philipp Hildebrand – der Star. Dort warf sich der Chef der Credit Suisse (CS) für die neue Strategie der Schweizer Grossbank ins Zeug und machte dabei aus seinen Überzeugungen keinen Hehl.

Prominent figurierte einmal mehr Thiams Ablehnung von Eigenkapital-Rendite-Zielen (RoE). Anlässlich der Strategieanpassung Ende Oktober hatte nämlich der neue CS-CEO demonstrativ von der im Banking bis dato zentralen Kennzahl Abstand genommen, wie finews.ch damals von der Medienkonferenz berichtete.

Ausser Kontrolle

Das Thema brachte das Blut des hühnenhaften gebürtigen Afrikaners schon damals in Wallung. Wo man auch hinschaue im Banking, so Thiam, seien solche Ziele von Managern wieder und wieder verfehlt worden. Was ganz einfach daran liege, dass die Kennzahl von allzu vielen Unwägbarkeiten abhänge und sich damit kaum kontrollieren lasse. Für den ehemaligen McKinsey-Berater ist dieser Mangel an Vorhersehbarkeit ein rotes Tuch.

«Ich wäre ein Narr, würde ich mich auf etwas festlegen, das ich nicht kontrollieren kann», sagte Thiam damals.

Eine stille Revolution

Vor dem Londoner Publikum legte der CS-Chef nun noch einen drauf: Wie unter anderem die Agentur «Reuters» vom Anlass berichtete, warnte Thiam in Zusammenhang mit Eigenkapital-Rendite-Zielen gar vor einer «Todesspirale». Denn wenn die Banken ihre RoE-Ziele verpassten, mache das die Investoren nervös – die wiederum Einsparungen vom Management forderten, so der Top-Banker. «Und dabei kann einiges schief gehen», wusste der Ex-Berater. Lapidar stellte Thiam fest: «Bei der CS werden wir bis 2019 kein RoE-Ziel formulieren.»

Mit der demonstrativen Abkehr von der «Fetisch»-Kennzahl der Bankmanager hat Thiam mittlerweile eine breite Debatte in Gang gebracht. Der CS-CEO habe eine «stille Revolution» im Banking eingeleitet, titelte etwa die einflussreiche «Financial Times» unlängst (Artikel bezahlpflichtig).

Die Schweizer «Finanz und Wirtschaft» kommentierte ihrerseits, die Eigenkapital-Rendite sei ein «falsches Ziel». Es schaffe bloss schädliche Anreize und sei für Grossbanken «nicht sinnvoll».

Auch bei der UBS

Die jüngsten Ereignisse scheinen dieser Sichtweise Recht zu geben. Am selben Tag, an dem Thiam in London sprach, verkündete sein Pendant bei der Schweizer Erzrivalin UBS, Sergio Ermotti, ein neues Eigenkapital-Rendite-Ziel. Und korrigierte dabei wie beiläufig die Marke, die er seiner Bank erst letzten Sommer gesteckt hatte.

Indes: Die Abkehr von einer Kennzahl, mit der Grossbanken gerade gar nicht punkten können, scheint etwas gar wohlfeil. Denn die Zeiten, in denen ehemalige Top-Banker wie Ex-UBS-Verwaltungsrat Marcel Ospel oder sogar Ex-CS-Chef Brady Dougan zweistellige Eigenkapital-Renditen versprechen konnten, sind definitiv vorbei.

Banken wie Stromversorger

So zeigt eine aktuelle Studie des Beratungsunternehmen Oliver Wyman, wie die RoE-Werte seit der Finanzkrise hinter die Werte anderer Sektoren zurückgefallen sind (siehe Grafik unten). Banken, so der brutale Schluss der Studie, rentierten für ihre Eigner künftig nur noch etwa soviel wie Stromversorger.

Grafik ROE

Dieser für die Aktionäre durchaus unangenehmen Perspektive aus dem Weg zu gehen, indem man Eigenkapital-Rendite-Ziele einfach abschafft, mag zwar pragmatisch sein. Banker wie Thiam machen es sich damit aber zu einfach.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
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  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
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  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
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