Es scheint wie eine Revolution: John Cryan, CEO der Deutschen Bank, hält nichts vom Anreizsystem der Boni. Seine klaren Worte finden nun auch in der Schweiz Nachahmer.

Das Flaggschiff des deutschen Finanzplatzes, die Deutsche Bank, ist arg in Schlagseite geraten – über sechs Milliarden Euro Verlust hat allein die Investmentbank im dritten Quartal 2015 eingefahren.

Nun soll der neue Kapitän der Deutschen Bank, John Cryan, das Schiff wieder flott machen. Dabei hat der gegenüber der Öffentlichkeit eher zurückhaltende Bankchef überraschend klare Worte gefunden – was den Bonuskult und die hohen Löhne der Banker anbelangt.

Wirkungsloser Bonus

Er habe keine Ahnung, sagte Cryan kürzlich an einer Veranstaltung der Universität Frankfurt, weshalb er einen Arbeitsvertrag erhalten habe, der einen Bonus vorsehe. «Ich verspreche Ihnen, nicht mehr oder weniger hart zu arbeiten, nur weil mir jemand einen Bonus verspricht», sagte Cryan. (siehe Bild).

Seine Aussage knüpft an eine weitere an, die vor allem bei Nicht-Bankern für Applaus gesorgt hat, innerhalb der Bankbranche aber einige saure Mienen auslöste. Cryan sagte wörtlich: «Ich glaube, dass die Leute im Bankensektor zu viel Geld verdienen.»

Dass diese Worte aus dem Mund eines Topbankers kommen, der als ehemaliger Finanzchef bei der UBS auch ein Millionengehalt bezog, wirkt wie eine wundersame Läuterung. Endlich kommen die Banker zur Vernunft, mag sich der eine oder andere gedacht haben.

«Bankergesetz» ad absurdum geführt

Allerdings: Als Antwort auf die von der Politik dazwischengeschobenen Bonideckel erhöhte die Deutsche Bank im vergangenen Jahr die Fixgehälter ordentlich. Dies fand aber noch unter der Ägide von Cryans Vorgängern Anshu Jain und Jürgen Fitschen statt.

Indem Cryan dem Bonus seine leistungssteigernde Wirkung abspricht, führt er das in Stein gemeisseltes Gesetz ad absurdum, welches besagt: Nur wer hohe Boni bezahlt, bekommt die besten Leute.

Der gebürtige Brite ist nicht der einzige, der sich in neuer Bescheidenheit übt. Auch in der Schweiz scheinen erste zarte Anzeichen eines Umdenkens aufzutauchen.

Jobinhalt wichtiger als Vergütung

So begnügt sich der neue CEO der Aargauer Kantonalbank (AKB) Pascal Koradi mit einem Lohn von 600'000 Franken. Der von der Kantonspolitik verordnete Maximallohn liegt im Vergleich zu ähnlich grossen Finanzinstituten tatsächlich am unteren Ende der Lohnskala.

Doch Koradi beklagt sich nicht: Mit 600'000 Franken im Jahr komme er «gut über die Runden», sagte der 43-Jährige gegenüber der Tageszeitung «Blick».

Koradi liess im Interview auch durchblicken, dass er den Jobinhalt stärker gewichte als die Vergütung. Zudem sei er gekommen, um zu bleiben. Auf höhere Lohnangebote von der Konkurrenz scheint er demnach nicht zu warten.

Auch bei der systemrelevanten Postfinance mit einer Bilanzsumme von gut 120 Milliarden Franken finden sich offenbar Kader, die für vergleichsweise wenig Geld einen anspruchsvollen und guten Job erledigen. Im vergangenen Jahr zahlte die staatliche Postfinance ihren acht Geschäftsleitungs-Mitgliedern im Schnitt je 380'000 Franken.

Im Vergleich: Bei den ebenfalls systemrelevanten Schweizer Finanzhäusern Raiffeisen und Zürcher Kantonalbank sind es laut der jüngsten Retail-Banking-Studie je gut 1,3 Millionen Franken pro Kopf.

Finden Cryan und Koradi Nachahmer? 

Bleibt abzuwarten, ob die Einstellung von Cryan oder Koradi Nachahmer findet oder ob die beiden Aussenseiter bleiben. Zu befürchten ist eher Letzteres. Denn solange die anderen Banken ihre Topleute mit hohen Boni an sich binden, wird der Tanz um das Goldene Kalb anhalten.

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