Kehrtwende im BTG-Korruptionsfall: Firmengründer und CEO André Esteves ist aus der Haft entlassen worden. Dennoch liegen Kaufgebote für die Tessiner BTG-Tochter BSI auf dem Tisch.

Im Fall «Esteves» hat sich eine entscheidende Wendung ergeben. Amaral Delcídio, brasilianischer Senator und Kronzeuge der Anklage, der gleichzeitig wie BTG-Pactual-Gründer und CEO André Esteves (Bild unten) verhaftet wurde, gab Anfang dieser Woche überraschend zu, dass er bei seiner Aussage geblufft habe, wie Recherchen von finews.ch ergaben. Esteves sei nie daran beteiligt gewesen, Zeugen der Korruptions-Affäre zu bestechen, sagte er.

Das hat nun sofortige Konsequenzen: Der oberste brasilianische Gerichtshof entschied am (gestrigen) Donnerstag, den tief gefallenen Esteves gegen Kaution freizulassen. Er bleibt in Hausarrest und muss seinen Pass hinterlegen; eine elektronische Fussfessel kriegt er jedoch nicht. Alle zwei Wochen muss er sich bei der Polizei melden. Das Ganze dürfte wesentlich zur Beruhigung der Lage rund um die Bank beitragen.

Esteves 502

Angespannte Lage

Ein allfälliger Verkauf der BSI steht somit auf Messers Schneide. Einen «Fire Sale» – also einen Notverkauf wichtiger Bilanzpositionen und Beteiligungen – konnte die brasilianische Finanzgruppe BTG Pactual gerade noch abwenden. Denn bereits am vergangenen Freitag gelang es der brasilianischen Banken-Gruppe, sich eine Kreditlinie von 1,5 Milliarden Dollar zu verschaffen. Damit rettete sie sich über einen drohenden Liquiditätsengpass hinweg.

Eine Woche später indes präsentiert sich die Lage nach wie vor angespannt. Das Vertrauen der Kunden hängt an einem seidenen Faden. Entsprechend gross ist die Besorgnis in São Paulo, wie Quellen aus dem Umfeld des angeschlagenen Instituts gegenüber finews.ch berichten. «Für gewöhnlich sind die Auswirkungen solcher Schocks für eine Bank fatal», heisst es dort.

«Sehr ernsthaftes Interesse»

Nicht minder heikel ist die Lage der Tessiner Tochter BSI: Seit der Verhaftung Esteves’ wird die erst im vergangenen September definitiv übernommene Privatbank als Verkaufsobjekt gehandelt. Selbst BSI-Chef Stefano Coduri (Bild unten) sprach kürzlich offen von der Möglichkeit eines Verkaufs.

Das bestätigen nun auch Personen mit guten Kenntnissen der Vorgänge bei BTG Pactual. «Es liegen diverse sehr ernsthafte Kaufinteressen vor», berichten sie gegenüber finews.ch.

Es trifft dabei auch zu, dass BTG die amerikanische Fusions-Spezialistin Lazard mit dem Verkaufs-Mandat beauftragt hat – und dass die in Medien herumgebotene Liste möglicher Käufer durchaus akkurat ist. Darunter befinden sich die Schweizer Banken Credit Suisse, Julius Bär und J. Safra Sarasin.

Stefano Coduri

Eingezäunte Tochter

Obschon die BSI somit nach nur wenigen Monaten zum zweiten Mal die Hand wechseln würde, gilt sie als attraktives Ziel. Denn: Die Altlasten sind mehrheitlich bereinigt und einschneidende Sparmassnahmen eingeleitet. Zudem ist die BTG-Tochter «ring-fenced» – das heisst, das Mutterhaus kann nicht in letzter Sekunde Werte aus dem Schweizer Institut abziehen.

Obschon ein Verkauf angedacht ist, heisst das aber noch lange nicht, dass er auch ausgeführt wird, wie die Insider weiter berichten. Denn BTG Pactual konnte bisher einen Run auf die Bank erfolgreich abwenden; und bislang bediente das Institut auch sämtliche Forderungen, weil die sieben Kern-Teilhaber der Bank mit ihrem gesamten Vermögen bürgen.

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