Julius Bär will nach den Akquisitionen der vergangenen Jahre auf eine Phase des organischen Wachstums umschwenken. Dabei spielen zwei neu zur Bank gestossene Ex-CS-Leute tragende Rollen.

Mit rund 300 Milliarden Franken an Kundengeldern zählt die Julius-Bär-Gruppe nicht zu den weltweit allergrössten Vermögensverwalterinnen, wie einer Rangliste des britischen Research-Unternehmens Scorpio Partnership zu entnehmen ist.

Ausserdem hat das Zürcher Institut keine Investmentbanking-Abteilung, um die reichsten Kunden in diesen Belangen bedienen zu können – so, wie das beispielsweise die UBS und die Credit Suisse tun und nicht müde werden zu betonen, dass ein solcher Service heutzutage unabdingbar ist, um Kunden mit 50 Millionen Franken zu betreuen.

Zwei Top-Shots

Trotzdem will Julius Bär auch künftig in der Champions League der Vermögensverwaltung mitspielen, wie CEO Boris Collardi vergangene Woche vor den Medien in Zürich unterstrich. Sein Hauptaugenmerk liegt dabei auf zwei Märkten: Asien und die Schweiz.

Um seine Ziele zu erreichen, hat er im Verlauf des vergangenen Jahres zwei Top-Shots an Bord geholt: Barend Fruithof, der seit kurzem als Schweiz-Chef amtet, sowie Jimmy Lee, sein Pendant für den asiatischen Markt, wo Julius Bär zwischen 20 und 25 Prozent aller Depots verwaltet.

Jagd auf Unternehmer und «Tycoons»

Boris Collardi 509 kopie

Wie viele andere Kaderleute bei Julius Bär, standen Fruithof und Lee zuvor bei der Credit Suisse auf der Payroll – Boris Collardi (Bild oben) vor langer Zeit übrigens auch. Beide haben unbestritten ihre Verdienste und sollen nun vermögende Unternehmer und in Asien bisweilen auch «Tycoons» an Land ziehen.

«Ich habe grosse Erwartungen in Bezug auf die neue Führung dieser beiden Geschäftsbereiche», sagte Collardi letzte Woche weiter. «Neue Kunden aus dem Unternehmertum sowie die bestehenden Beziehungen effizienter zu gestalten, ist ein wichtiger Teil unserer neuen Strategie des organischen Wachstums», so der Julius-Bär-CEO.

Geringer Marktanteil in der Schweiz

Obwohl die Geschichte der Bank bis ins Jahr 1890 zurückreicht, besitzt sie erstaunlicherweise bis heute keinen besonders hohen Marktanteil. «Wir weisen einen geringen Marktanteil in der Schweiz aus, was uns ein grosses Potenzial eröffnet», erklärte Julius-Bär-Finanzchef Dieter Enkelmann vergangene Woche. Vor diesem Hintergrund will die Bank ihre Chancen vor allem mit Produkten und Dienstleistungen für sehr vermögende Privatkunden ausschöpfen – so, wie sie das in Asien bereits tut.

barend fruithof 500

Und dabei spielt der 48-jährige Fruithof (Bild oben) eine zentrale Rolle: Von Haus aus kein Private Banker, aber zweifelsohne einer der fähigsten Bankmanager hierzulande, verfügt auf Grund seiner bisherigen Tätigkeiten bei der Zürcher Kantonalbank, der Raiffeisen-Gruppe sowie bei der CS über ausgezeichnetes Netzwerk in die Schweizer Wirtschaft respektive zu allen wichtigen Unternehmern. Und diesen Pool soll er nun für Julius Bär anzapfen.

Auf der Wachstumswelle reiten

Ähnlich verhält es sich mit seinem Pendant in Asien: Der Singapurer Jimmy Lee, der früher für die Deutsche Bank, später für Clariden Leu und schliesslich für die CS arbeitete, ist in Südostasien sowie teilweise auch in China bestens vernetzt.

«Jimmy Lee soll neue Energie in die Bank bringen, ein neues Momentum setzen, neue Ziele für die Mitarbeiter formulieren und strukturelle Anpassungen vornehmen, um auf der nächsten Wachstumswelle zu reiten», sagte Collardi vergangene Woche im Interview mit finews.ch.

Lokale Leute gefragt

Der 53-jährige Jimmy Lee (Bild unten) passt auch zu einem branchenweiten Trend in Asien, wo verschiedene westliche Banken dazu übergegangen sind, einen einheimischen, sprich asiatischen Statthalter zu installieren. Die UBS ernannte kürzlich den Singapurer Edmund Koh zum neuen Wealth-Management-Chef für Asien-Pazifik, bei der Credit Suisse stieg der Indonesier Helman Sitohang in die Konzernleitung auf; er ist der erste Asiate in diesem Gremium bei der CS.

Jimmy Lee 500 kopie

Diese Ernennungen zielen nicht zuletzt auch darauf ab, beste Beziehungen zu den jeweiligen Aufsichtsbehörden zu unterhalten, was lokale Leute oftmals besser gewährleisten können als ausländische Manager

Enorme «Kraftübungen»

Julius Bär verfolgte in den vergangenen Jahren eine mehr oder weniger forsche Akquisitionsstrategie, die seinerzeit mit der Übernahme dreier Privatbanken von der UBS sowie mit dem Asset Manager GAM begann. In der Folge kam es zu weiteren Käufen, wie den Schweizer Ableger der holländischen ING Bank, Kundengelder der israelischen Bank Leumi oder das Luxemburger Geschäft der deutschen Commerzbank.

Den ganz grossen Wurf landete Collardi indessen mit der Übernahme des internationalen Vermögensverwaltungs-Geschäfts von Merrill Lynch, das bis Ende des vergangenen Jahres vollständig integriert wurde. Nun, nach diesen enormen «Kraftübungen» peilt der Julius-Bär-CEO eine ruhigere Entwicklungsphase an, die nicht zuletzt auch nach der Bezahlung der Busse im US-Steuerstreit, nicht mehr von äusseren Ereignissen dominiert werde, wie Collardi erklärt. Eine Phase von «organischem Wachstum» und weniger eine solche, die von «Deals» bestimmt wird.

Umdenken im Hause

Die beiden hochkarätigen Chef-Anstellungen in der Schweiz und Asien sind klare Indiz für die neusten Wachstumsvorstellungen. Ein weiteres Zeichen für das Umdenken im Hause Bär ist sicherlich auch aus Collardis Rhetorik zu vernehmen, wenn er sich aus den jüngsten Konsolidierungsrunden im Private Banking – namentlich im Verkauf der Tessiner BSI Bank – eher heraus hält und stattdessen von Markenpflege und dem weiteren Ausbau von Kundenbeziehungen spricht.

«Julius Bär ist eine bestens eingeführte Marke in vielen Ländern. Wir haben viel geleistet und den Kunden bewiesen, dass wir uns aus den branchenweiten Problemen heraushalten können und stattdessen ein vertrauensvoller Partner sein können. Das sind gute Voraussetzungen für ein stabiles Wachstum», sagt Collardi.

Kaum mehr valable Kaufobjekte

Die neuen Maximen bei Julius Bär mögen vielleicht aber auch mit dem Umstand zu tun haben, dass geeignete Akquisitionsobjekte immer schwerer zu finden sind, insbesondere in Asien, wo die Preise nach wie vor am oberen Limit sind. In der Schweiz wiederum mag die Zahl an Kaufobjekten grösser sein, doch handelt es sich dabei zunehmend um Institute, die nach dem faktischen Ende des Schweizer Bankgeheimnisses keine Existenzberechtigung mehr haben.

Vor diesem Hintergrund hat Collardi die Zeichen der Zeit durchaus erkannt und mit Barend Fruithof einen Banker engagiert, der hierzulande das asiatische Drehbuch eines Jimmy Lee verinnerlichen kann oder wie es der Julius-Bär-CEO formuliert wohlklingend fomuliert: «Nun haben wir das Beste aus beiden Welten – eine globale Reichweite, und gleichsam eine grosse Nähe zum Markt.»

(kb/cb)

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.29%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.73%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.92%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.29%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.78%
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