Die Credit Suisse leidet unter einem Glaubwürdigkeitsproblem – was sich an der Börse drastisch zeigt. Der amerikanische Grossaktionär Harris Associates sieht das viel positiver. Seine Aussagen erinnern an Durchhalte-Parolen.

Die Credit Suisse (CS) leidet an der Börse unter Schwindsucht. Die Hälfte ihrer Börsenkapitalisierung hat sich innerhalb von gut sechs Monaten im Nichts aufgelöst. Trotzdem hat David Herro, Anlagechef der Chicagoer Investmentgesellschaft Harris Associates, die mit 5,17 Prozent an der CS beteiligt ist, eine völlig konträre Meinung zum Urteil der Märkte.

Herro kann diese Marktreaktionen nicht verstehen, wie er in einem Interview mit der «Finanz und Wirtschaft» am Mittwoch erklärt: «Ich sehe keinen Grund, warum das Unternehmen plötzlich 40 oder 50 Prozent weniger wert sein sollte als vor einem halben Jahr.»

Glaubwürdigkeit abgestürzt

Als so genannter Value-Investor muss Herro so etwas sagen. Value-Investoren kaufen Unternehmenswerte, wenn kaum einer mehr an diese glaubt. Das trifft auf die CS zurzeit zu. Der Glaubwürdigkeitsverlust in die Bank, in ihre Strategie und auch in ihren CEO Tidjane Thiam spiegelt sich in dem dramatischen Absturz wider.

Der Markt glaubt zurzeit nur das, was er in der Bank sieht: Ein Institut, dem nach wie vor der klare Fokus fehlt, das jahrelang Altlasten in Milliardenhöhe vor sich hinschob und auch nach einer Kapitalerhöhung bezüglich Eigenmittel eher schwach auf der Brust ist.

Muss oder kann keine frischen Mittel aufnehmen?

Herro sieht das anders: Kapitalmässig sei die CS sehr stark aufgestellt, behauptet er und leitet dies von dem Plan ab, das Schweizer Geschäft an die Börse zu bringen. «Sie (die Bank) macht Fortschritte, schafft Kapital und muss keine frischen Mittel am Markt aufnehmen.»

Die Aussage müsste wohl eher lauten: Die Bank kann derzeit keine frischen Mittel aufnehmen. Erstens hat sie bereits mit der letztes Jahr erfolgten Kapitalerhöhung von 6 Milliarden Franken alle Möglichkeiten ausgereizt. Und zweitens ist der Aktienkurs derzeit viel zu tief, als dass eine weitere Aufnahme Sinn machen würde.

Transformation geht viel schneller

Harris Associates ist der drittgrösste Aktionär der CS und hat im vergangenen Herbst viel Geld in die Bank eingeschossen – dessen Wert sich aber im Nu wieder verflüchtigt hat.

Anlagechef Herro gehörte nicht zu jenen, die von Beginn an mehr Kapital für die Bank gefordert haben. Er ist mit Thiam-Vorgänger Brady Dougan befreundet und war bei Thiams Antritt zunächst der Meinung gewesen, eine Kapitalerhöhung wäre ein zu einfacher Weg, um die Situation der Bank zu verbessern.

Jetzt stärkt er Thiam den Rücken, die Transformation der Bank werde bereits im kommenden Jahr vollzogen sein, nicht erst in zwei, drei oder fünf Jahren. «Entsprechend freundlich wird das die Börse aufnehmen», ist er überzeugt.

Was nun?

Interessant ist seine Aussage in Bezug auf das Hauptziel Thiams und dessen Transformationskurs: «...die Rendite auf dem Kapital zu steigern.»

Allerdings hatte niemand anders als Thiam selber im vergangenen Oktober an der Strategieorientierung erklärt: «Eine Kapitalrendite ist etwas für Narren.» Er ist nach wie vor der Meinung, diese Messgrösse sei nicht kontrollierbar, weshalb sie sich auch nicht als Ziel eigne.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.32%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.78%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.86%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.43%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.61%
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