Im Schweizer Private Banking steht der nächste grosse Zusammenschluss an: EFG International will die BSI übernehmen und verhandelt die letzten Details mit der brasilianischen BTG Pactual. Doch ganz so sicher ist der Deal nicht.

1. Wenn sich zwei Schwache zusammentun...

Wenn sich zwei Schwache zusammentun, entsteht entweder ein noch schwächerer Player oder es folgt der Aufstieg ins Mittelmass. Die BSI hat die letzten Jahre praktisch im Stillstand verbracht – aufgrund der Unsicherheiten um ihre Zukunft.

Die EFG International wiederum ächzt unter vergleichsweise hohen Kostenbasis und eher niedrigen Erträgen. Seit fast einem Jahr versucht CEO Joachim Strähle den Turnaround zu schaffen. Doch dem Gelingen will niemand so recht trauen.

Sollte es zu Übernahme kommen, ist die Frage entscheidend, welche Synergien ein Zusammenschluss ermöglicht. Zusammen bringen die beiden gut 170 Milliarden Franken an verwalteten Vermögen auf die Waage, wovon gut 30 Milliarden im aufstrebenden asiatischen Markt. Das ist zum Sterben zu viel und zum Leben zu wenig. Es bräuchte somit noch weitere Zukäufe oder eine rigorose Sparpolitik, um nachhaltig profitabel zu werden.

2. Ist der Preis zu hoch?

Dem Vernehmen nach soll BTG Pactual 1,6 Milliarden Franken für die BSI fordern – und dabei noch einen Anteil von 20 bis 30 Prozent an der Tessiner Privatbank behalten wollen. Andere Quellen sprechen von rund 1,2 Milliarden Franken, welche BTG aus dem BSI-Verkauf lösen würde.

Beide Summen müssen mit einem grossen Fragezeichen begleitet werden. BTG Pactual hatte vor einem Jahr 1,25 Milliarden Franken bezahlt – und will die Privatbank nun abstossen. Das bringt die brasilianische Bank, die in Liquiditätsschwierigkeiten steckte, nicht in die beste Verhandlungsposition. Beharren die Brasilianer auf ihren hohen Forderungen, kann dies den Deal noch zum Scheitern bringen.

3. Compliance-Risiken in Singapur?

BSI gilt zwar seit der BTG-Übernahme und dem Abschluss des Programms zur Beilegung des Steuerstreits mit den USA als weitestgehend «sauber». Dennoch muss sich das Institut Fragen zum Umgang mit der Compliance gefallen lassen.

So zahlte die Tessiner Privatbank im März 2015 eine Busse von 211 Millionen Franken an die amerikanischen Behörden. Gemessen an den 2,8 Milliarden Dollar an US-Geldern bei der Bank wurde die BSI damit relativ hart bestraft. Darüber hinaus handelte sich das Institut in der Sache eine Rüge der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) ein. Das alles lässt darauf schliessen, dass bei der BSI einiges im Argen lag.

Bereits steht das Institut wegen einer neuen Rechtsfalls im Rampenlicht: in der Affäre um den malaysischen Staatsfonds 1MDB spielte ein BSI-Banker in Singapur offenbar eine zentrale Rolle, wie auch finews.ch berichtete. Der Skandal um den Staatsfonds droht den BSI-Verkauf zu belasten – und lässt bezüglich künftiger «Aufräumarbeiten» beim Tessiner Geldhaus Ungutes erahnen.

4. Es droht ein Clash der Kulturen

Bei der EFG International fliegen Berater raus, die den Leistungskriterien nicht genügen. Und wer die Leistung bringt, ist am Profit, den sie mit ihren Kunden erwirtschaften, mit 20 Prozent beteiligt.

Diese strikte Performance-Kultur dürfte bei einigen BSI-Beratern auf Ablehnung stossen. Es droht ein bei M&A-Deals unüblich hoher Wegzug von BSI-Bankern und mit ihnen Teile der Kundenvermögen. Ob das Zusammengehen der beiden Privatbanken letztlich von Erfolg gekrönt sein wird, hängt somit von einer Verschmelzung beider Kulturen zusammen, die von der Belegschaft weitum mitgetragen wird.

5. Woher kommt das Geld?

Die von Analysten geschätzten 120 Millionen Franken, welche der EFG für Übernahmen zur Verfügung stehen, reichen bei weitem nicht, um die BSI zu schlucken.

Eine Kapitalerhöhung zur Schaffung weiterer Mittel ist bei dem aktuell kellertiefen EFG-Aktienkurs wohl ausgeschlossen. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass sich viele Investoren für diesen Deal erwärmen können, angesichts der zahlreichen Probleme bei beiden Banken.

Den Grossteil der Übernahmesumme kann somit nur die EFG-Mehrheitsaktionärs-Familie Latsis aufbringen. Das Vermögen der Familie wird auf 3 bis 3,5 Milliarden Franken geschätzt.

6. Welchen Plan hat Joachim Strähle?

Der CEO von EFG International hat in der Vergangenheit mehrfach gezeigt, dass er nicht nur Firmeninteressen vertritt – sondern auch seine eigenen. Absehbar ist, dass Joachim Strähle bei einer Übernahme der Tessiner Privatbank sich auch den CEO-Posten sichern wollen würde – und BSI-CEO Stefano Coduri das Nachsehen hätte.

Details über die Übernahmeverhandlungen mit BTG Pactual sind nicht bekannt. Aber Führungsanspruch und Zusammensetzung des Managements sind immer ein Punkt bei einem solchen Deal. Schon manche Fusion oder Übernahme ist gescheitert, weil sich Manager ihre bestehende Machtposition sichern wollten.

7. Schaut die Finma zu?

Mit den neuerlichen Verkaufsgerüchten um die BSI machte eine weitere Spekulation die Runde. Nämlich, dass die Finma den Deal ganz besonderes genau anschaue und nur Käufer zulassen werde, die bereits in der Schweiz reguliert sind. Die Aufsicht hat selbiges nie bestätigt; ebenfalls besitzt sie nicht die Befugnis, eine Bankenfusion einfach so zu verhindern.

Tauchen hingegen schwere Rechtsrisiken auf – was angesichts der 1MDB-Affäre angesichts der Untersuchung der Schweizer Bundesanwaltschaft denkbar ist – könnte sich die Bankenaufseherin jedoch zum Einschreiten veranlasst sehen.

8. Führt die BTG eine zweite Agenda?

Nach den Turbulenzen um die zeitweilige Inhaftierung von Gründer und CEO André Esteves ist für die brasilianische Bankengruppe BTG Pactual klar: Die Tochter BSI wird abgestossen. Allerdings fühlt sich BTG stark genug, um keinen Notverkauf durchführen zu müssen.

Das zeigen die Medienberichte über den sich anbahnenden Deal mit EFG. So diktieren die Brasilianer offenbar nicht nur einen hohen Preis, sondern möchten auch einen Anteil von 20 bis 30 Prozent an BSI behalten.

Dringt BTG damit durch, hätte EFG einen Ankeraktionär an Bord, der nicht nur um ein Vielfaches grösser ist, sondern sich bisher durch eine sprunghafte Dynamik ausgezeichnet hat. Dass dieser Aktionär künftig ein gewichtiges Wort mitreden würde, versteht sich von selbst.

 

 

 

 

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