Sie war Investmentbankerin und üblem Machogehabe ausgesetzt. Ihre und die Erfahrungen anderer Bankerinnen hat Maureen Sherry nun zu einem Frauenroman verarbeitet, der eigentlich eine Komödie ist.

Das hat Maureen Sherry alles erlebt: Wenn die junge Mutter sich mit der Brustpumpe auf die Toilette zurückzog, begleiteten sie «Muh-Muh»-Rufe ihrer Kollegen im Handelsraum der Investmentbank Bear Stearns. Einer hat die frisch abgepumpte Muttermilch aus dem Kühlschrank genommen und unter dem Gegröle der anderen getrunken.

Als sie einmal eine Pizza bestellte, weil sie keine Zeit für eine Mittagspause hatte, lagen dort Präservative anstatt Paprikascheiben drauf. Und dergleichen mehr.

Gläserne Decke beim Karriereaufstieg

Kein Zweifel: Maureen Sherry hat als Derivatehändlerin bei Bear Stearns die übelsten Zeiten des testosterongetränkten und frauenfeindlichen Investmentbankings miterlebt.

Sie und Kolleginnen hatten einen Stammtischverein gegründet, den «Glass Ceiling Club». Denn Frauen stiessen während ihrer Karriere an der Wall Street irgendwann an eine gläserne Decke – es ging einfach nicht höher.

Zuerst war ein Sachbuch geplant

Als die Finanzkrise ausbrach, hatte sich Sherry bereits vom Banking verabschiedet, wollte aber ein Sachbuch über die Frauenfeindlichkeit in der Branche schreiben. Es wurde ein Roman, «Opening Belle», der stark autobiografisch gefärbt ist.

Die Protagonistin arbeitet bei einer Investmentbank und ist Starverkäuferin von verbrieften Hypotheken, bis sie merkt, dass etwas nicht stimmt.

Soweit so bekannt: Die Liste von Büchern und Filmen, welche die Finanzkrise zum Thema haben, ist mit «Opening Belle» um einen Frauenroman länger geworden.

Ernstes Thema als Komödie

Wobei: Das Buch ist in einem so unterhaltsamen Ton gehalten, dass sich Sherry den Vorwurf gefallen lassen muss, sie habe das Thema «Frauenfeindlichkeit an der Wall Street» nicht genügend Ernst genommen.

Sie sagte der «Welt», das Komödienhafte vereinfache den Zugang zum Thema. Mit Erfolg: Das Buch soll mit Hollywood-Star Reese Witherspoon in der Hauptrolle verfilmt werden. Aber Frauen und Diskriminierung an der Wall Street sind Sherry ein grosses Anliegen. Sie hat schon Meinungsseiten in der «New York Times» gefüllt.

Karriereabbruch wegen Familie

Allzu sehr gelitten hat die 50-Jährige aber nicht bei Bear Stearns. Sie verdiente sehr ordentlich, fühlte sich bei ihren Kollegen eigentlich gut aufgehoben und sie verliess die Bank auch nicht, weil sie mit der Kultur nicht mehr klar kam oder ihre Karriere zum Stillstand gekommen war, sondern weil sie sich ihrer wachsenden Familie widmen wollte.

Wer Sherry böse will, kann ihr vorwerfen, sie beschreibe in dem Roman ein System, von dem sie selber nach wie vor sehr gut lebt. Ihr Mann ist Private-Equity-Manager, sie leben an der noblen Fifth Avenue in einem 8-Millionen-Dollar-Apartment und schicken ihre Kinder in Privatschulen, die jede 200'000 Dollar Jahresgebühr kosten.

Sitzen im Glashaus

Ein Luxusleben will Sherry dies aber nicht nennen. Sie habe ja keinen Privatjet oder Polopferde, sagte sie zur «Welt». An der Upper West Side, wo sich die Private-Equity- und Hedgefonds-Millionäre tummeln, gehören Sherry und ihre Familie damit zu den «Manhattan Poor», den Habenichtsen.

Auch wenn der Begriff scherzhaft gemeint ist, beschreibt er doch das Glashaus, in welchem Sherry sitzt – und nur halbherzig mit Steinen danach wirft.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.89%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.9%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    27.67%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.09%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.46%
pixel