Chef Alex Friedman nennt im Interview die Fehler, welche GAM 2015 gemacht hat und wie er seine Strategie dennoch zum Erfolg führen will. Er müsse dabei auch darwinistische Prinzipien anwenden, erklärt Friedman.

Alex Friedman, GAM hat ein schwieriges Jahr gehabt – der Gewinn sank, auch die verwalteten Vermögen. Nehmen Sie nun Anpassungen an der vergangenes Jahr angekündigten neuen Strategie vor?

Nein. Es stimmt, GAM war 2015 nicht immun gegen die insgesamt schwierigen Marktverhältnisse, das hat sich in den Resultaten niedergeschlagen. Aber die Kernelemente unserer Strategie lauteten, die Marke GAM sowie die Marktpositionierung zu stärken, eine Kostenstruktur zu bilden, die sich auch in schwierigen Marktbedingungen bewährt – und zu wachsen, wo immer möglich. Daran hat sich nichts geändert. Im Gegenteil: Ich bin entschlossen, diese Strategie schneller umzusetzen.

Was waren die Hauptgründe für die Schwierigkeiten von GAM – die schwierigen Marktverhältnisse einmal ausgeklammert?

Wir sahen uns drei grossen Herausforderungen ausgesetzt, von denen wir zwei nicht kontrollieren konnten: Der Gegenwind im Markt sowie das Währungsumfeld. Die dritte waren Vermögensabflüsse. GAM verlor im Bereich Risikoprämien zwei Mandate mit 800 Millionen Dollar, weil die Performance enttäuschend war. Das ist ein Fehler, der uns zuzuschreiben ist.

«Es kann sehr voreilig sein, ein kurzfristiges Urteil zu fällen»

Wir haben Massnahmen ergriffen und ein neues Team eingesetzt: Die Alternative Beta Partners um Lars Jäger. Seither hat sich die Performance deutlich verbessert. Ein weiteres Problem waren die Abflüsse aus Dach-Hedgefonds, was aber nicht an deren Performance lag, sondern einen branchenweiten Trend aufzeigt. Und GAM spürt nach wie vor Abflüsse im Privatkundengeschäft, das noch aus der Zeit stammt, in der wir Teil von UBS und Julius Bär waren.

Was ziehen Sie für Konsequenzen, wenn auf Grund der Performance Gelder abfliessen?

Das ist eine der ganz wesentlichen Fragen in dieser Branche. Zunächst: Es kann sehr voreilig sein, ein kurzfristiges Urteil über ein Strategie zu fällen – auch wenn sie Geld verliert. In der Regel zeigt sich erst in drei oder mehr Jahren, ob eine Strategie funktioniert. Man muss erst klären, ob tatsächlich Fehler gemacht wurden oder ob es externe Faktoren waren, die zur schlechteren Performance geführt haben. Im ersten Fall muss man die richtigen Lehren ziehen und entsprechende Korrekturen vornehmen, vielleicht sogar Änderungen im Team.

Und im zweiten Fall?

Im zweiten Fall muss man die Strategie eventuell an das Umfeld anpassen. In unserem grössten Anleihefonds haben wir kürzlich letzteres getan: Wir haben aufgrund der Zinsentwicklung und -aussichten unsere Wetten in den Nicht-Schwellenländern reduziert. Wir haben vermehrt Optionen eingesetzt, um die Fondsperformance nach unten abzusichern. Drittens haben wir zwei neue taktische Modelle eingeführt.

Das erste Quartal 2016 war bislang auch schwierig. Sie haben weitere Geldabflüsse im Retailsegment erlitten. Wie reagieren Sie auf diesen erhöhten Druck?

Wir spüren keinen kurzfristigen Druck, da GAM gut aufgestellt ist, nicht zuletzt in finanzieller Hinsicht. Ausserdem können sich Neugeldzuflüsse schnell ändern. Wir behalten unsere Dividendenpolitik bei. Natürlich reagiert der Aktienkurs kurzfristig, weil GAM an der Börse kotiert ist. Die Realität ist: Das muss ich ignorieren und mich auf unsere Arbeit im Unternehmen und unsere Strategie konzentrieren.

«Ich knalle nicht mit der Peitsche»

Die Ergebnisse dieser Strategie werden nicht innerhalb von sechs Monaten oder einem Jahr sichtbar werden. Das braucht zwei oder mehr Jahre. Es kann in solchen Marktverhältnissen manchmal schwierig sein. Aber wir haben unseren Kurs ausgesteckt und daran halten wir fest.

Das heisst, Sie müssen das vergangene Jahr angekündigte Kostensparprogramm nicht beschleunigen?

Nein. Wir sind diesbezüglich schon unserem Fahrplan voraus. Aber nicht, weil ich eine schnellere Umsetzung fordere, sondern weil wir unsere Strategie darauf ausgerichtet haben, uns ein einem schwer zu kontrollieren Umfeld besser zu positionieren.

Ihre Wachstumsstrategie basiert auf drei Pfeilern: Organisch wachsen, Teams zu GAM holen und Akquisitionen tätigen. Wo setzen Sie den Fokus?

Das klingt etwas unaufgeregt, aber der Fokus muss auf allen drei liegen. Organisches Wachstum ist das tägliche Geschäft. Das heisst, wir prüfen laufend, welche Strategien und Fonds funktionieren und welche nicht. Letztes Jahr haben wir insgesamt 41 unserer Fonds zusammengelegt oder geschlossen. Das ist das darwinistische Element in unserem Geschäft: Man muss laufend überprüfen, welche Teams mit welchen Strategien erfolgreich sind oder Chancen haben, erfolgreich zu werden. Dann gilt es Konsequenzen zu ziehen. Das heisst aber auch, dass wir mit bestehenden Teams laufend neue Strategien anbieten. Wir haben derzeit eine Pipeline von rund einem halben Dutzend neuer Produkte.

Aber Sie wollen auch neue Team holen?

Neue Teams wie die Alternative Beta Partners anzuheuern, um Angebotslücken zu füllen, ist nur ein Teil der Wachstumsstrategie. Und Akquisitionen dienen dazu, Fähigkeiten einzukaufen, die intern nicht vorhanden waren. Ein Beispiel ist das Immobilien-Finanzierungsgeschäft von Renshaw Bay. Das war eine kleine Übernahme, und ich erwarte hier auch Grössere.

Die Kauf-Gelegenheiten kommen aber nicht immer, wenn man sie braucht.

Das schon. Aber das Umfeld sollte zurzeit günstig sein. Erstens hat GAM Angebotslücken, was uns attraktiv für Teams macht. Zweitens stehen viele kleine Asset Manager unter steigendem Kostendruck, was Kaufgelegenheiten schafft.

Sie zählen GAM also zu den Grossen mit Anziehungskraft?

Das ist relativ. Im Vergleich zu Asset Managern mit 5 oder 10 Milliarden Franken Kundengeldern sind wir gross. Im Vergleich zu Blackrock sind wir winzig.

Könnte GAM zum Übernahmekandidaten werden?

Wir sind aufgestellt, um unabhängig zu bleiben. Gleichwohl ist die Asset-Management-Branche extrem fragmentiert, und es wird wohl zu einer Konsolidierung kommen. Aber weil es auch ein «Peoples Business« ist, also weiche Faktoren wie die Firmenkultur und das Halten von wichtigen Leistungsträgern eine grosse Rollen spielen, sind Zusammenschlüsse nicht so einfach. Die Branche bewegt sich insgesamt eher langsam.

Sie haben hervorgehoben, dass die GAM-Plattform sehr gut für Wachstum aufgestellt ist. Sind Akquisitionen überhaupt notwendig?

Wir sind davon überzeugt, dass wir auch rein organisch wachsen können. Akquisitionen sind immer eine Frage der Gelegenheit, dann müssen sie Sinn ergeben und zum Gewinnwachstum beitragen.

«Wir wollen wenig Bürokratie»

Zukäufe sind also nicht eine Frage des Müssens. Wir müssen uns fragen, sind Akquisitionen eine Ergänzung unseres Geschäfts? Unsere Antwort darauf ist: Ja, das können sie sein.

Sie haben in der Geschäftsleitung Anpassungen vorgenommen. Chefökonom Larry Hatheway und M&A-Spezialist Tim Dana stossen dazu, Andrew Hanges scheidet aus. Ist das Gremium nun gemäss ihrer Strategie aufgestellt oder sind weitere Anpassungen geplant?

Die Geschäftsleitung ist nun von sieben auf acht Mitglieder angewachsen, was immer noch ziemlich überschaubar ist. Wir wollen eine schlanke Organisation mit wenig Bürokratie bleiben. Mein Job als CEO besteht beispielsweise auch im täglichen Austausch mit den Portfoliomanagern.

Sie sind jetzt seit gut 18 Monaten CEO von GAM. Was ist ihr persönliches Fazit bezüglich der angekündigten Fortschritte?

Leider habe ich diese angeborene Eigenschaft, ein ungeduldiger Mensch zu sein. Ich wäre bezüglich der Umsetzung unserer Strategie und unserer Wachstumspläne naturgemäss etwas weiter. Gleichzeitig halte ich mir vor Augen, dass ich langfristig hier bin und meine Aufgabe darin sehe, einen der besten Investment Manager der Welt aufzubauen, nicht was die Grösse der verwalteten Vermögen, sondern was Performance, Marke, geografische Präsenz, Talententwicklung und Unternehmenskultur betrifft. Das geht nicht über Nacht, aber die Richtung stimmt. Der Job macht mir Spass, auch wenn das Umfeld zurzeit wirklich schwierig ist. Aber das ist auch eine Chance für GAM, sich zu beweisen.

Ihr Gesamtsalär ist im Vergleich zu letztem Jahr deutlich tiefer – 5 Millionen anstatt 15 Millionen Franken. Hängt dies auch mit Ihrer Performance zusammen?

Was meine Performance betrifft, müssen Sie den Verwaltungsrat fragen, ob er mit mir zufrieden ist (lacht). 2014 war sicher nicht repräsentativ für meine Vergütung, da darin einmalige Elemente enthalten waren, die durch meinen Stellenwechsel bedingt waren.

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