Das Fixed-Income-Geschäft gehört nicht zu den Kernelementen der neuen Strategie der Credit Suisse. Doch Tabula rasa macht CEO Tidjane Thiam trotzdem nicht.

In den vergangenen Wochen hat die Credit Suisse (CS) über 200 Investmentbanker entlassen – hauptsächlich Fixed-Income-Trader, wie die Nachrichtenagentur «Reuters» berichtete.

Die Entlassungen sind Teil des im letzten Oktober angekündigten Stellenabbaus in der CS-Investmentbank in London. Die Fixed-Income-Händler – und auch Backoffice-Leute in diesem Bereich – trifft es vor allem, weil der Handel mit Zins- und Schuldpapieren kapitalintensiv und darum immer unprofitabler wird. Im vierten Quartal war das Ergebnis jenes Bereichs bei der CS um über 60 Prozent eingebrochen.

Bereits 2013 ausgelagert

Anders als London blieb New York vom Stellenabbau in dieser Investmentbank-Sparte aber weitgehend verschont. Das hat einen Grund: Die Grossbank hat den Handel mit Festverzinslichen bereits im Jahr 2013 an eine Tochtergesellschaft ausgelagert.

Dabei handelt es sich um eine Firma namens Wake, wie finews.ch berichtet hatte. Die CS hat dies nie offiziell kommuniziert. Der Sitz von Wake ist derselbe wie jener der CS in New York: 11 Madison Avenue.

Brady Dougans Wunsch

Das besondere an Wake ist: Partner und Teilhaber ist Tower Research Capital, ein Hochfrequenzhändler und Hedge-Fonds, gegründet vom illustren Mark Gorton – doch davon später.

Mit Wake hatte Brady Dougan, bis Sommer 2015 noch CEO der CS, auch ein persönliches Ziel verfolgt. Er wollte am Fixed-Income-Geschäft festhalten, jedoch auf einem technologischen Standard ähnlich den elektronischen Handelsplattformen für Aktien.

Der Ausweg über eine Tochtergesellschaft würde die Konzernbilanz zudem weniger belasten. Das ist eine Strategie, die Dougan übrigens auch im Bereich Corporate Bonds mit der Tochtergesellschaft Park View BDC umsetzte, von der auch finews.ch berichtet hat.

CS ist Mehrheitsaktionärin

Bei Wake gibt es allerdings einen gravierenden Unterschied: Die CS ist hier Mehrheitsaktionärin, womit sie dieses Fixed-Income-Geschäft nicht ausserbilanziell führen kann.

Zwar hatte es noch 2014 geheissen, die CS suche nach weiteren Aktionären für Wake. Doch hat sich diesbezüglich nichts getan, wie aus Dokumenten der Regulierungsbehörde Finra ersichtlich ist.

Neue Compliance-Chefin

Stattdessen ist Wake offenbar voll operativ: Chef des Unternehmens ist Frederic Dassori, der schon zuvor den elektronischen Fixed-Income-Handel bei der CS geleitet hat.

Seit Beginn des Jahres amtet zudem Paula Ann Dominick als Compliance-Chefin bei Wake – sie ist gleichzeitig Chief Compliance Officer der Credit Suisse Americas.

Woher stammt das Kapital?

CS-CEO Tidjane Thiam scheint offenbar gewillt, diesen Teil des sonst so geschundenen Fixed-Income-Geschäfts weiterzuführen – und dafür auch Kapital einzusetzen. Es sei denn, ein Teil des ursprünglichen Vorhabens wurde umgesetzt, und die CS konnte Kapital von privaten Kunden oder Investoren finden.

Auf dem Papier macht Wake Sinn: Der US-Bondmarkt ist liquide und Hochfrequenzhandel in diesem dünnmargigen Geschäft eine Innovation, womit die CS noch eine Klientel bedienen kann, die bei anderen Banken vor die Tür gesetzt worden ist.

Dennoch bleibt es eine Tochtergesellschaft, die – sofern die Angaben der Marktbehörde Finra aktuell sind – für die CS keine ausserbilanziellen Geschäfte machen kann. Dass die CS nie offiziell zu Wake Stellung bezogen hat, macht das Unternehmen nicht durchsichtiger.

Ein Genie als Partner

Interessant ist aber auch, mit wem sich die CS da in ein Boot gesetzt hat: Mit Mark Gorton (Bild), dem Gründer von Tower Research Capital. Gorton ist bei der CS kein Unbekannter: Der 50-Jährige hat einen Teil seiner Karriere nämlich bei der Credit Suisse First Boston als Fixed-Income-Trader verbracht und 1998 dann Tower gegründet.
Mark Gorton

Bekanntheit hat Gorton aber als Gründer der Filesharing-Plattform Limewire erlangt. Die Tauschbörse musste er aber 2010 nach einem US-Gerichtsurteil vom Netz nehmen.

Und ein Verschwörungstheoretiker

Der Mann gilt an der Wall Street als Genie – eines mit gänzlich unerwarteten Facetten. Gorton hat mehrere Essays verfasst, in denen er der Wahrheit über die Ermordung von John F. Kennedy und dessen Bruder Robert auf den Grund geht, über die Hintergründe der Terrorattacken vom 11. September 2001 schreibt und von weiteren Ermordungen von Zeugen und Journalisten und dies alles in einen grossen Zusammenhang stellt.

Mit einem Wort: Gorton ist ein Verschwörungstheoretiker, der Ex-Präsident Bill Clinton zur Mafia zählt und das Attentat auf Ronald Reagan dem damaligen CIA-Chef George Bush sen. in die Schuhe schiebt.

Ein seltsamer Partner, den sich die CS für ihr Fixed-Income-Geschäft ausgesucht hat.

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