Viele Banker wollen heutzutage der Untergangsstimmung in der Schweiz entfliehen und melden sich beim Produkte-Chef von Julius Bär in Asien. «Ich erhalte Anrufe zuhauf», sagt Luigi Vignola. 

Luigi Vignola gehört zu den wenigen Schweizer Top-Bankern, welche die «China-Krise» der letzten Börsenmonate aus allernächster Nähe erlebt haben. Als Leiter ‹Markets und Investment Solutions› für die Region Asien-Pazifik war es an ihm, die wilden Turbulenzen für die schwerreiche asiatische Klientel von Julius Bär zu glätten. Eine Aufgabe, die ihn bisher kaum mitgenommen zu haben scheint, wie sich im Gespräch mit ihm zeigt.

Im Gegenteil. In aufgeräumter Stimmung empfängt der Private Banker in den noblen Büros der Zürcher Privatbank im 43. Stock des Asia Square Tower 1 in Singapur – und berichtet in breitem «Züritüütsch», wie er die jüngsten Verwerfungen wahrgenommen hat.

«Unsere Private-Banking-Kunden in Asien waren den Turbulenzen in China in der Regel nicht extrem ausgesetzt», sagt Vignola. Dies, weil sie in der Regel gar nicht so stark am chinesischen Aktienmarkt investiert gewesen seien. «Das führte dazu», so der «Bär-Banker», «dass viele von ihnen die Gewinne in der ersten Jahreshälfte 2015 verpassten. Dafür litten sie später auch nicht an den Rücksetzern.»

Wo sich die Spreu vom Weizen trennt

Tatsächlich sei der Jahresauftakt 2016 bezüglich der Handelsvolumen nicht besonders gut gewesen, räumt Vignola ein. Um dann – wie sein CEO Boris Collardi – anzufügen, warum auch das sein Gutes habe: «Die Kunden nun vermehrt unsere Beratungs-Leistungen zu schätzen.»

In den letzten sechs Jahren Bullenmarkt sei es für Berater einfach gewesen, lukrative Trades zu finden. Erst jetzt trenne sich die Spreu vom Weizen, erklärt der Bär-Mann. Darum, sagt der Top-Banker, bläue er seinem Team ein: «Das ist die Zeit unseres Lebens!»

Wobei das nicht als Aufruf zum Vabanque-Spiel verstanden werden darf, wie Vignola zu bedenken gibt. «Manchmal ist es besser, einen Trade nicht zu machen.»

Die fetten Zeiten sind vorbei

Die asiatische Kundschaft, der gerne eine manische Affinität zum Handeln nachgesagt wird, anerkenne diese konservative Haltung zunehmend, berichtet der Banker weiter. «Asiatische Entrepreneure, die ihr Vermögen in den letzten Jahren gemacht haben, begreifen, dass die besten Zeiten bereits vorbei sein könnten», sagt er. «So sind sie zunehmend auf Erhalt ihres Geldes aus – das spüren wir.»

Vignola, der seine Banking-Karriere zur Jahrtausendwende in der damals potenten Derivate-Schmiede der Zürcher Kantonalbank (ZKB) startete, stiess 2009 zu Julius Bär. Vor vier Jahren schickte ihn die Privatbank als Leiter Märkte nach Singapur. Wie auch finews.ch berichtete, kam Ende 2014 noch das Amt des Produktechefs hinzu.

Eine Position, um die ihn in der Heimat offenbar zahlreiche Kollegen beneiden. «Ich erhalte Anrufe zuhauf von Schweizer Private Bankern, die sich nach einem Job in Asien umsehen.»

Lokale Talente bevorzugt

Die Antwort an die Bewerber, die der Untergangsstimmung im Swiss Banking entfliehen wollen, ist dann aber oft abschlägig. Julius Bär baue das Personal in Asien zwar weiter aus, sagt Vignola. «Allerdings sind wir daran interessiert, vorab lokale Talente zu uns zu holen. Für Expats ist es eher schwierig, sich rasch im neuen Umfeld zurechtzufinden.»

Ein Bekenntnis zu lokalem Talent ist die Ernennung des ehemaligen Credit-Suisse-Bankers Jimmy Lee zum neuen Asienchef von Julius Bär. Unter ihm ist die Zürcher Privatbank gerade daran, das Geschäft im «zweiten Heimmarkt» umzukrempeln. Nach den Worten von Bär-Chef Collardi will die Privatbank so auf der nächsten Wachstumswelle reiten.

Das ist umso wichtiger, als sich bei der Privatbank der Neugeldzufluss zuletzt insgesamt verlangsamt hat.

Weniger Übernahme-Ziele

Nebst dem organischen Wachstum liegen für Julius Bär nach wie vor auch Übernahmen drin, wie Vignola in Singapur bekräftigt. «Mit Blick auf das Umfeld sind wir weiter in der glücklichen Lage, zu den Konsolidierern zu gehören – obwohl die Zahl der möglichen Ziele selbst in der asiatischen Region bereits abgenommen hat.»

In den letzten Wochen wurde kolportiert, die Schweizer Privatbank könnte ein Auge auf das asiatische Private Banking der britischen Barclays geworfen haben; zuletzt hatte sich Julius Bär bei einem Vermögensverwalter in Schanghai eingekauft.

Auf die nächste Überraschung der «Bären» darf man gespannt sein.

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