Peter Scott, Asien-Chef des Schweizer Bankensoftware-Anbieters Avaloq, setzt grosse Hoffnungen in das Joint-Venture mit Raiffeisen in der Schweiz, wie er im Gespräch mit finews.ch erklärt.

Im Hauptquartier von Avaloq Asia an der Phillip Street unweit der historischen Chinatown von Singapur herrscht Start-up-Stimmung. Kabel winden sich kreuz und quer durch die Büros. Vollgekritzelte Flipcharts stehen in den Ecken. Zwischen eilig zurechtgerücktem Mobiliar und liegengebliebenen Pappbechern diskutieren Gruppen von Mitarbeitenden miteinander – oder fokussieren auf ihre Bildschirme.

Dabei ist die Unternehmung längst der Gründersphase entwachsen. Innert weniger Jahre ist die Mitarbeiterzahl von Avaloq im asiatischen Stadtstaat von 20 auf über 200 gestiegen. Hinzu kommen Büros in Hongkong und Sydney. Und wie auch finews.ch unlängst vermeldete, nahm der grösste Schweizer Anbieter von Banken-IT im letzten Februar in Singapur ein Outsourcing-Zentrum (BPO) in Betrieb – das erste ausserhalb der vertrauten Märkte Schweiz und Deutschland.

Mit klaren Weisungen angetreten

Weiterhin stehen die Zeichen auf Wachstum, wie CEO Peter Scott im Gespräch mit finews.ch berichtet. «Wir stellen weiter Personal ein», sagt der Brite, der Anfang 2013 als General Manager von Avaloq Asia mit der klaren Weisung antrat, das Wachstum in den beiden Banken-Hubs Singapur und Hongkong sowie in Australien voranzutreiben.

Als Fernziel wurde ihm damals die Expansion ins boomende China gesetzt.

Seither haben die Zeiten gründlich geändert: Die Sorgen um das Wachstum der chinesischen Wirtschaft halten die Märkte in Atem, während selbst grosse Banken dazu übergehen, ihre Zelte im Private Banking mit schwerreichen asiatischen Kunden abzubrechen. Also just jenem Bereich, wo die Expertise von Avaloq liegt.

Für Scott, der schon beim IT-Konzern Sun Microsystems, dem Finanzinformationen-Übermittler Swift und der britischen Grossbank Barclays arbeitete, ist das freilich kein Grund zur Beunruhigung. «Aus meiner Sicht», sagt er, «gibt es bezüglich der derzeitigen Entwicklung in China im Westen viele Missverständnisse.»

«Wie die USA in den 1950ern»

Was dort nämlich geschehe, sei der Übergang zu einer Phase, in der das Wachstum mehr durch Faktoren wie Wohlstand und Demografie getrieben werde. «Diesbezüglich befindet sich China dort, wo die USA in den 1950er-Jahren waren: Die Mittelschicht hat noch kein Auto, kein Haus, aber will dies unbedingt besitzen.»

Für das Banking in der Region – und für Zulieferer wie Avaloq – bietet dies laut Scott massiv Potenzial. In China werden künftig enorme Mengen vermögender «Affluent»-Kunden nach Bankdienstleistungen verlangen, die über das blosse Retail-Angebot hinausgehen, erwartet der Avaloq-Mann.

Doch das stelle die asiatischen Banken, die den Grossteil dieser aufstrebende Klientel bedienten, vor massive Probleme. «Die Retailbanken in der Region verfügen derzeit nicht über die IT, um solche komplexere Dienste abzubilden», berichtet Scott. Entsprechend ortet er in diesem Bereich das grösste Potenzial für die Vermögensverwaltungs-Software von Avaloq. «Jene Banken sind auf der Suche nach genau dieser Fähigkeit.»

Ein Blick Richtung Arizon

Indes: Das Potenzial fällt dem Schweizer IT-Anbieter nicht einfach zu. Eine Spezialistin für Retailbanken ist Avaloq eben gerade nicht, und ihre Software verträgt sich oft nur schwer mit deren «gewachsenen» IT. Das bestätigt Scott, wenn er sagt: «Die Herausforderung für uns besteht in Asien nun darin, unsere Angebot auf die Kernbanken-Systeme von Retailbanken anzupassen.»

Interessanterweise wird der Grundstein für die Expansion ins asiatische «Affluent»-Banking in der Schweiz gelegt. Dort sind Avaloq und Raiffeisen mit dem Gemeinschaftsunternehmen Arizon daran, die IT der Genossenschafts-Bank von Grund auf zu erneuern. Ein Mammut-Projekt, das Medienberichten zufolge bereits mit diversen Schwierigkeiten befrachtet ist.

Weitere Bank gewonnen

Dennoch blickt Scotts Team in Asien hoffnungsvoll Richtung Arizon. «Wir erwarten, dass unsere Zusammenarbeit mit Raiffeisen Schweiz uns eine wertvolle Basis liefern wird», sagt der Geschäftsführer von Avaloq Asia. In der Region selber sei die Zusammenarbeit mit der BT Financial Group (Westpac) in Australien wertvoll, da diese ebenfalls Retail-Investment-Dienste anbiete.

Mit der China CITIC Bank International und der Singapurer DBS verfügt Avaloq bereits über weitere «einheimische» Kunden, die ihre Vermögensverwaltungs-Dienste ausbauen wollen. «Vergangene Woche konnten wir zudem einer weiteren grossen asiatischen Bank helfen, mit der Avaloq Banking Suite live zu gehen», sagt Scott. Den Namen des Instituts will er nicht nennen.

Umkehr des Kolonial-Banking

Derweil baut Scott das Outsourcing aus; die etablierten Privatbanken in Hongkong und Singapur sind derzeit zum Sparen gezwungen und daher vermehrt an Auslagerungen interessiert. Gleichzeitig, sagt der Avaloq-Mann, erlaube das BPO-Zentrum in Singapur, internationale Player global beim Outsourcing zu betreuen.

Dazu könnten dereinst auch asiatische Grossbanken gehören, gibt Scott zu bedenken. Sozusagen als Umkehr zum «Kolonial-Banking» dürften im 21. Jahrhundert mehr Institute aus der Region Asien-Pazifik in den Westen expandieren, glaubt der Avaloq-Manager. «Die Ankunft der China Construction Bank in Zürich», sagt er mit einem Lächen, «ist da nur ein Beispiel».

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.3%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.79%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.91%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.36%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.63%
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