Zwischen den beiden Familien, nach deren Namen eine der ältesten Banken der Schweiz benannt ist, herrscht Krieg. Ein Blick in die Abgründe.

Die Probleme kamen schleichend und waren somit auch lange Zeit bestreitbar. Doch mittlerweile sind sie offenkundig – selbst wenn die Medienstelle der Privatbank Lombard Odier das Gegenteil behauptet. Wer sich jedoch in Genf, wo das Unternehmen seinen Sitz hat, etwas umhört, erfährt einiges.

Als unlängst die beiden Kaderleute B.V. und J.B. (Namen der Redaktion bekannt) ihre Kündigung einreichten, gingen bei Lombard Odier die Alarmglocken los. Denn dabei handelte es sich nicht nur um zwei hohe Angestellte mit Kapitalbeteiligung am Unternehmen, sondern mit ihnen hätte noch ein Dutzend weiterer Mitarbeiter die Bank verlassen. Das wiederum wäre über kurz oder lang mit einem Abfluss von Kundengeldern und einem Verlust an Reputation verbunden gewesen.

Hohe Gehaltsversprechen

Dem obersten Partnergremium der Bank blieb nichts anderes übrig, als diesen Mitarbeitern so hohe Gehaltsversprechen zu machen, dass sich ein Abgang nicht mehr lohnte.

thierry lombard 502

Diese Episode ist nur ein Müsterchen für die Vorgänge, die sich seit einiger Zeit hinter den Gemäuern der Bank Lombard Odier abspielen. Recht eigentlich herrscht Krieg – Krieg zwischen den beiden namensgebenden Protagonisten des Hauses: Thierry Lombard (Bild oben) und Patrick Odier.

Sohn abgewiesen

Zugegeben, das Wort «Krieg» ist hart. Es in diesem Kontext zu verwenden, hat aber vor allem mit dem Ausscheiden des Teilhabers Thierry Lombard Ende 2014 zu tun. Dass man ihm – nach seinem Ermessen – damals keinen gebührenden Abschied bereitete, mag unverdient sein, das Fass zum Überlaufen brachte indessen der Umstand, dass die geschäftsführenden Partner dem Sohn Alexis Lombard, der als bewährter Privatbankier bereits im Sold des Unternehmens stand, den Aufstieg und die Nachfolge seines Vaters im obersten Gremium der Bank verweigerten. Spätestens da war der Konflikt zwischen den Familien Lombard und Odier in vollem Gange.

Dass es überhaupt so weit kommen konnte, hängt mit der Konstellation in dem obersten Gremium der Bank und einigen betrüblichen Ereignissen zusammen. Anfang 2015 war beim freizeitlichen Sport der langjährige Partner Bernard Droux verstorben, ein geerdeter Bankier mit langer Erfahrung, der es dank seiner kongenialen und diplomatischen Art immer verstanden hatte, innerhalb des obersten Gremiums ausgleichend zu wirken.

Veränderte Machtverhältnisse

Das Vakuum, das er hinterliess, verbunden mit der immer stärkeren externen Beanspruchung Patrick Odiers als Präsident der Schweizerischen Bankiervereinigung, veränderte die Gravitationskräfte innerhalb des Partnergremiums, das sich zudem einem Generationenwechsel unterzog. Als Folge davon hatte bereits der (junge) Teilhaber Arthur Caye die Bank verlassen, während sich Hubert Keller, der (junge) Leiter für den Bereich Asset Management, immer mehr Einfluss verschaffte.

Der Umstand, dass die klassische Vermögensverwaltung bis heute schwierige Zeiten durchmacht und man auf Teufel komm raus versuchte, das Asset Management mit enormen Mitteln auf Erfolgskurs zu bringen – was jedoch nie nachhaltig gelang –, führte zu einer wachsenden Nervosität im Hause, was wiederum die Fluktuation massiv erhöhte.

Neuer Name

So sprang 2015 beispielsweise der Leiter für das Geschäft mit unabhängigen Vermögensverwaltern und Initiant der Online-Plattform E-Merging, Olivier Collombin, nach immerhin 28-jähriger Firmentreue, mit seinem ganzen Team ab. Auch mit der langjährigen und hoch kompetenten Philanthropie-Fachfrau Karin Jestin kam es zu einer nicht nachvollziehbaren Trennung. Pikant ist in diesem Zusammenhang, dass die ganze Philanthropie-Sparte unter der Ägide Thierry Lombards stand.

Zwar bemühte sich die Bank nach aussen hin den Schein zu wahren, dass alles in Ordnung sei. Doch allein die Tatsache, dass man die Holding der Bank von Lombard Odier auf bloss noch Odier umbenannte, wie finews.ch berichtete, deutet auf veränderte Kräfteverhältnisse hin.

Überraschende Ankündigung

Als Thierry Lombard im vergangenen Jahr dann überraschend ankündigte, sich an der Lausanner Privatbank Landolt zu beteiligen, war dies der definitive Affront für seine einstigen Mitstreiter, selbst wenn dies die Medienstelle energisch bestreitet. Dass er noch sein Büro am Sitz von Lombard Odier an der Rue de la Corraterie hat, wie ein Sprecher unterstreicht, muss indessen nicht zwingend eine Geste fortdauernder Freundschaft sein, vielmehr gehört das ganze Gebäude zu einem grossen Teil Thierry Lombard respektive seiner Familie.

Auf Anfrage von finews.ch stellte ein persönlicher Sprecher Lombards ein Interview zu einem späteren Zeitpunkt in Aussicht.

Pläne mit Landolt

In Westschweizer Finanzkreisen besteht indessen nicht der geringste Zweifel, dass sich mit dem Einstieg bei Landolt das Verhältnis zwischen Lombard und Odier vollends verfinstert hat. Lombards Parteinahme bei Landolt ist denn auch nicht als isolierte Goodwill-Aktien eines alternden Privatbankiers zu deuten. Vielmehr hat er mit diesem, 1780 gegründeten Institut noch einiges vor, zumal sein Sohn Alexis und dessen Cousin Frédéric Binder ebenfalls von Lombard Odier zu diesem Unternehmen gewechselt haben, wo sie nun mit vereinten Kräften daran sind, ihre Klientel für Landolt zu gewinnen.

Alexis Lombard bringt in diesem Zusammenhang beste Kontakte zu lateinamerikanischen Kunden mit. Gleichzeitig ist man bei Landolt bestrebt, eine Abteilung für unabhängige Vermögensverwalter auf- respektive auszubauen.

Weitere Veränderungen

Vor diesem Hintergrund stehen Lombard Odier wechselvolle Zeiten bevor. Die Dynamik innerhalb des Partnergremiums wird sich in diesem Jahr erneut verändern, sobald sich die Grande Dame des Hauses, Anne-Marie de Weck, altershalber zurücktritt, und Patrick Odier (Bild unten) mit seinem Verzicht auf eine weitere Amtszeit als Präsident der Schweizerischen Bankiervereinigung wieder mehr Zeit für die Bank haben wird. Neuer Erfolg ist damit aber noch nicht garantiert.

Patrick Odier 502 kopie

Vielmehr wird sich die Bank, die derzeit ausgerechnet im Technologie-Bereich am stärksten wächst und dabei viele operationelle Stellen ins europäische Ausland verlagert, klar werden müssen, ob sich die enormen Investitionen in den Asset-Management-Bereich tatsächlich lohnen. Schon seit einiger Zeit spekuliert man in Finanzkreisen darüber, dass das Asset Management verkauft werden könnte, wobei Patrick Odier dies unlängst gegenüber finews.ch dementiert hat.

Neue Märkte erschliessen

Im Private Banking, einer Geschäftsdomäne, die sich branchenweit im Umbruch befindet, muss Lombard Odier im europäischen Kontext sowie in Asien neue Wachstumsmärkte erschliessen, was ebenfalls nicht einfach ist. Eine zentrale Rolle spielt dabei der Standort Zürich, den die Bank in den vergangenen Jahren unter der Leitung des früheren Credit-Suisse-Bankers Dominique Wohnlich substanziell ausgebaut und verstärkt hat.

Sinnvoll wäre auch eine rasche Beilegung der Differenzen zwischen den Lagern Lombard und Odier.

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