Das Tessiner Finanzinstitut BSI soll der Schweizer Privatbank EFG International zum Wachstumssprung in Asien verhelfen. Doch diese Hoffnung scheint sich zusehends zu zerschlagen. Chronik einer Fehlspekulation.

Mit Renato Cohn kommt bei der BSI in Asien bereits der dritte Chef innerhalb eines Jahres ans Ruder. Denn nach Hanspeter Brunner im März hat nun auch sein interimistischer Nachfolger Raj Sriram das Handtuch geworfen. Die offiziellen Gründe: Brunner geht in Pension, Sriram will eine Pause einlegen.

In Anbetracht der riesigen Probleme, welche die BSI in Asien bekundet, muten diese Begründungen vorgeschoben an. Die Tessiner Privatbank ist in einen Korruptions- und Geldwäschereifall um den malaysischen Staatsfonds 1MDB verwickelt; gegen zwei Mitarbeiter in Singapur ermitteln die Behörden.

Die Schweizer Bundesanwaltschaft untersucht den Fall ebenfalls; sie schätzt, dass mehr als 4 Milliarden Dollar durch den Staatsfonds und in fremden Taschen geflossen sind.

EFG allein in Asien

Dokumente zeigen, dass das BSI-Management wohl im Bilde war, dass es sich bei 1MDB um einen heiklen Kunden handelte. Aber offenbar liessen die Chefs die Kontrollen schleifen, angesichts der erklecklichen Summen, die dieser malaysische Grosskunde der Tessiner Privatbank einbrachte. So ist es nicht verwunderlich, dass das Asien-Geschäft bald einmal zur Ertragsperle der BSI avancierte.

Gerade aus diesem Grund hatte es die Schweizer Privatbank EFG International auf die BSI abgesehen, die damals noch der brasilianischen BTG-Pactual. Gruppe gehörte. Denn EFG International hatte bis dahin nur einen kleinen Fussbadruck in Asien. Zudem war die Privatbank nicht im Stande, aus eigener Kraft eine kritische Grösse zu erreichen. Die von der griechischen Latsis-Familie kontrollierte EFG International brachte in Asien gerade einmal 10 Milliarden Dollar an verwalteten Vermögen auf die Waage.

Mitsamt BSI wären es rund 25 Milliarden Dollar – im Konjunktiv, denn diese Zahl inzwischen mit Vorsicht zu geniessen.

Nackte Zahlen

Tatsächlich hat der 1MDB-Skandal bei der BSI enorme Fliehkräfte entwickelt. Nicht nur die Chefs treten reihenweise ab, auch andere Kaderleute, wie der Chief Operating Officer Gary Tucker, haben die Bank verlassen. Auch in der Compliance-Abteilung sowie an der Kundenfront kam es zu Abgängen.

Offenbar verliert die BSI in Asien täglich Kundengelder, und sie darf zurzeit keine neuen Kunden aufnehmen. Während diese Informationen unbestätigt sind, sprechen die nackten Zahlen eine klare Sprache.

Im Jahresbericht 2015 wies die BSI noch 84,3 Milliarden Franken an verwalteten Vermögen aus. EFG International rechnete bei der Ankündigung der Übernahme im Februar aber noch mit 88 Milliarden Franken. Vor einem Jahr lagen die Kundenvermögen gar bei 94 Millliarden Franken.

Brasilianer und Italiener liegen sich in den Haaren

EFG International wollte die Vorgänge bei der BSI in Asien gegenüber finews.ch nicht kommentieren. Im Übernahmevertrag sei jedoch festgehalten, dass sich der Kaufpreis von 1,3 Milliarden Franken je nach Entwicklung der BSI-Kundenvermögen noch anpassen könne, präzisierte ein Sprecherin. Auch bezüglich Haftungsfragen sei EFG abgesichert.

Die BSI-Verkäuferin BTG Pactual soll ein Konto für allfällige Zahlungen in Rechtsfällen eingerichtet haben – allerdings liegen sich die brasilianische Bank und die vormalige BSI-Besitzerin, die italienische Generali-Versicherung, in den Haaren.

EFG International wird am kommenden 29. April seine Aktionäre um Geld bitten, um die Übernahme definitiv zu tätigen. Seit klar ist, dass die Familie Latsis die Kapitalerhöhung entsprechend ihrer EFG-Beteiligung von 54 Prozent vollumfänglich mitträgt, scheint die Finanzierung gesichert.

Heisse Phase steht noch bevor

Gleichzeitig hört man von Seiten BTG Pactual, dass der Verkaufsprozess wie geplant verlaufe. Die heisse Phase steht allerdings noch bevor, mit den Bewilligungen der jeweiligen Finanzaufsichtsbehörden.

Die Singapurer MAS wird dabei eine Schlüsselrolle einnehmen. Denn sie überprüft seit Anfang April die Geldflüsse und Transaktionen im Zusammenhang mit dem Staatsfonds 1MDB.

Im Skandal stecken geblieben

Bei der BSI Asien scheint die Zuversicht auf einen geordneten Wechsel zu EFG International jedoch kaum mehr vorhanden zu sein. Mit Cohn hat nun ein früherer BTG-Manager das Ruder übernommen. Das entbehrt nicht einer gewissen Ironie.

Denn die BTG-Gruppe sah sich auf Grund von Verwicklungen in den Petrobras-Skandal in Brasilien gezwungen, ihre frisch erworbene Private-Banking-Perle BSI gleich wieder zu verkaufen. Nun steckt diese selbst in einem Korruptionsskandal und droht, den Wachstumssprung von EFG International in Asien zu blockieren.

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