Der Inventx ist mit dem Clientis-Auftrag ein ganz grosser Coup gelungen. Im Interview mit finews.ch verrät Gregor Stücheli die Details zum Deal. Der Mitinhaber und CEO begründet auch, weshalb Swissness und das «Freitagsbier» so zentral sind.


Herr Stücheli, Inventx hat es geschafft, die viel grössere Swisscom auszustechen. Macht Sie das stolz?

Selbstverständlich. Mit der Übernahme des Applikationsmanagements und IT-Betriebs steigt unser Umsatz mittelfristig markant. Die Swisscom bleibt aber Partner, sie betreut weiterhin die PCs und das Netzwerk der Clientis. Ich denke wir haben die Clientis überzeugen können, weil wir untereinander und mit unseren Kunden sehr eng zusammenarbeiten.

Und wie sieht diese Kooperation aus?

Die Nähe zum Kunden und zu verstehen, wie eine Bank tickt, ist in unserem Geschäft entscheidend. Deshalb schicken wir unsere IT-Fachkräfte auch in ein zweiwöchiges Praktikum bei einer unserer bestehenden Kundenbanken.

«Wir treffen uns alle zwei Monate zum Freitagsbier»

Alle zwei Monate trifft sich die ganze Belegschaft – derzeit sind es 140 Personen – und ausgewählte Kunden am Hauptsitz in Chur zum Freitagsbier zu einer Mitarbeiter-Information, um sich untereinander auszutauschen.

Hand aufs Herz. Sie offerierten einfach viel billiger als Swisscom.

Inventx ist komplett eigenfinanziert und inhabergeführt. Somit machen wir keine Geschäfte, bei denen wir Geld verlieren. Schliesslich wollen wir nicht mit Schulden sterben. Klar haben wir – was die Struktur angeht – tiefere Gemeinkosten als ein Grossunternehmen. Aber wir wollen nachhaltig wachsen und Arbeitsplätze hier in der Schweiz schaffen.

Derzeit zählt die Inventx 140 Mitarbeitende. Wie viele zusätzliche Personen brauchen Sie, um das Clientis-Projekt zu stemmen?

Ich rechne mit 20 bis 25 neuen Arbeitsplätzen. Wir sind derzeit auf der Suche nach zusätzlichen Fachkräften. Vor allem Application Manager, Citrix-Spezialisten, aber auch Microsoft-Spezialisten und auf Digital-Banking spezialisierte Consultants.

«Das kann verheerende Auswirkungen haben»

Weshalb entschied sich die Clientis-Gruppe für eine Multi-Provider-Strategie? Damit sind ja auch Kosten verbunden.

Grundsätzlich müssen Sie dies die Clientis fragen. Ich habe aber unter anderem von Clientis verstanden, dass sie eine Wettbewerbssituation zwischen den Providern schaffen wollen und so die Möglichkeit haben, das Beste aus beiden Kontrahenten herauszuholen. Es darf aber nicht über den Preis gehen, Servicequalität und Innovationskraft ist genauso wichtig, ja sogar wichtiger. Denn wir sind das Herz und die Niere einer Bank.

Inwiefern?

Sollte zum Bespiel die Verbindung von einem Dritt-System zum Kernbanken-System fehlschlagen, kann dies verheerende Auswirkungen auf das operative Geschäft einer Bank haben. Dies ist auch der Grund, weshalb gewisse Privatbanken auf dem Platz Zürich sehr zurückhaltend mit der Auslagerung der IT an Drittanbieter sind. Entsprechend gross ist dafür das Wachstumspotenzial in unserer Branche.

«Wir stehen unter scharfer Beobachtung»

Was sind die nächsten Meilensteine?

Erste Priorität hat die erfolgreiche Migration des Applikationsmanagements und des IT-Betriebs von Swisscom zu Inventx. Die Banken werden uns diesbezüglich mit Argusaugen beobachten. Gleichzeitig wollen wir unsere Expertise im Digital Banking an die Kunden bringen. Unsere Spezialität ist es, Fintech-Dienstleistungen von Drittanbietern an das Kernbankensystem zu koppeln.

Sie haben ein Rechenzentrum in Chur und seit letztem Jahr auch eines in St. Gallen. Weshalb zwei Rechenzentren?

Wir unterhielten zuvor beide Rechenzentren in Chur, und dies war suboptimal im Falle einer Naturkatastrophe. Für Kunden – insbesondere Banken – sind neben der physischen Sicherheit die IT-Sicherheit und der Datenschutz oberstes Gebot. Unsere Standorte sind diesbezüglich auf dem neuesten Stand.

«Die Banken meiden ausländische Eigentümer»

Auch die Eigentümer-Struktur spielt eine wichtige Rolle. Banken schätzen es nicht, wenn Rechenzentren im Besitz von ausländischen Eigentümern sind. Jeder, der die NSA-Affäre oder die Querelen um die CDs mit gestohlenen Bankkundendaten mitverfolgt hat, kann nachvollziehen, dass Swissness – im Sinne von höchster Sicherheit, Vertrauen, Stabilität und Servicequalität – im Finanzsektor nach wie vor ein Qualitätssiegel ist.


Gregor Stücheli übernahm die Inventx 2010 zusammen mit seinem Geschäftspartner Hans Nagel per Management-Buyout von der deutschen Telekom. Er ist zudem Mitinhaber und Verwaltungsratspräsident des IT-Providers Proventx. Stücheli präsidiert auch den Aufsichtsrat der BEDAG Informatique. Zuvor war er Managing Director bei T-Systems Schweiz, wo er rund 1'200 Mitarbeiter führte. Zuvor hatte er diverse Managementfunktionen bei IBM Schweiz und am Hauptsitzt in New York inne.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.34%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.79%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.87%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.35%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.65%
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