Der Chef von Julius Bär hat in den letzten Monaten prominente Banker zuhauf zur Privatbank geholt. Mittlerweile zeitigen die Ernennungen aber unerwartete Folgen. Ist seine Personalpolitik zu sprunghaft?

Bis 2020 werde der Schweizer Leitindex auf 20'000 Punkte steigen: Das prognostizierte Burkhard Varnholt im vergangenen Jahr. Genau wissen konnte er das natürlich nicht. Denn auch der Investmentchef (CIO) von Julius Bär kennt die Zukunft nicht.

Würde er das tun, dann hätte er damals schon gesehen, dass er innert Jahresfrist nicht mehr für die Zürcher Privatbank tätig sein würde. Das steht – im Gegensatz zum SMI-Stand von 2020 – inzwischen fest.

Wie dieser Tage bekannt wurde, wechselt der Anlageexperte zur Grossbank Credit Suisse (CS), für die er bereits einmal gearbeitet hatte. Dort übernimmt Varnholt künftig die Position des Vize-Investmentchefs in der Division International Wealth Management.

Ein Investmentchef zuviel

Kommt der Wechsel überraschend? Nicht wirklich. Im vergangenen Januar ernannte Julius-Bär-CEO Boris Collardi wie aus heiterem Himmel Yves Bonzon zum Co-Investmentchef von Julius Bär. Bonzon, ehemals CIO der Genfer Privatbank Pictet, war eigentlich auf dem Sprung zur Bank BSI gewesen. Doch als diese in Turbulenzen geriet, zweigte Bonzon zu den Bären ab.

Formell wurde für ihn neu der Bereich Investment Management geschaffen. Doch Beobachtern war klar, dass Varnholts Position in der Bank damit empfindlich beschnitten wurde. Varnholt und Bonzon: Da war einer zuviel – Varnholt.

Die Folge: Yves Robert-Charrue, der bei Julius Bär für das Geschäft mit unabhängigen Vermögensverwaltern zuständig ist, musste für seinen Kollegen aus CS-Tagen einspringen und auch dessen Investment Solutions Group übernehmen. Eine Zusatzbelastung in einem ohnehin schwierigen Umfeld – derweil bei Julius Bär die Suche nach einem Nachfolger beginnt.

Abgänge häufen sich

Varnholt ist dabei nur der Letzte einer ganzen Serie schlagzeilenträchtiger Abgänge beim Zürcher Traditionshaus. Kürzlich hat auch Bernard Kobler, seines Zeichens Leiter des Marktgebiets Zentralschweiz, die Bank verlassen.

Kam der Wechsel überraschend? Nicht wirklich. Collardi ist mit der Ernennung Koblers im Juni 2015 ein Wagnis eingegangen. Kobler war nämlich zuvor über eine aussereheliche Affäre gestolpert und musste als CEO der Luzerner Kantonalbank gehen.

Collardi foutierte sich um den angeschlagenen Ruf Koblers und gab dem gestandenen Banker mit besten Kontakten zu reichen Kunden in der Zentralschweiz eine zweite Chance.

Das mochte mutig sein. Doch die Ausgangslage war für den ehemaligen Bankchef denkbar schwierig. Als Kundenberater erschien Kobler fehl am Platz und wenig glaubwürdig. Wie es aus dem Umfeld der Bank heisst, blieb denn auch seine Wirkung begrenzt.

Die Folge: Der Abgang sorgt für Unruhe beim Team in der Zentralschweiz und wirft die Privatbank auf dem Schweizer Heimmarkt zurück.

Tabula rasa in Asien

Auf dem anderen Heimmarkt der Bären, in Asien, zeitigte die Personalpolitik von Chef Collardi ebenfalls unbeabsichtige Folgen. Dort hatte der Asienchef Thomas «Tom» Meier durchblicken lassen, dass er nach zehn Jahren erfolgreicher Aufbauarbeit in Singapur in die Schweiz zurückkehren möchte.

Wie Insider berichten, hatte Collardi im Nu eine Alternative parat: Letzten August installierte er den Singapurer Credit-Suisse-Banker Jimmy Lee als neuen CEO in der wichtigsten Wachstumsregion des Instituts.

Meier musste sich mit der vagen Position eines «Non-Executive Vice Chairman» begnügen.

Damit kam das Management von Julius Bär in Asien jedoch nicht zur Ruhe. Im Gegenteil. Wie auch finews.ch berichtete, zog Lee Männer seines Vertrauens in die Geschäftsleitung nach.

So wurde vergangenen Januar der CS-Banker Torsten Linke zum neuen Head Private Banking South East Asia ernannt; der bisherige Südost-Asien und Singapur-Chef David Lim, der massgeblich am Aufbau der Operationen in dieser Region beteiligt war, erhielt die Rolle eines Vice Chairman zugewiesen. Letzen April stiess zudem David Shick ebenfalls von der CS zur Privatbank und ersetzte dort Kaven Leung als Head Private Banking Greater China.

Verhängnisvoller Brauch

Kamen diese Wechsel überraschend? Nicht wirklich. Kennern des Asien-Geschäfts war von Anfang an klar, dass es zu solchen Umwälzungen in der Chefetage kommen werde, denn: Mit einem neuen CEO müssen die alteingesessenen Manager in der nachfolgenden Führungssstufe zumeist gehen.

Die Folge: Mit Lee hat Julius Bär einen illustren Asienchef gewonnen. Innert weniger Monate hat das Institut aber auch mehrere fähige Top-Banker in der Region verloren. Weitere könnten diesem Muster folgen. Das wiegt schwer, da Talente im umkämpften Asiengeschäft rar sind.

Prominente Zugänge, schlagzeilenträchtige Abgänge: der Personalpolitik von Julius-Bär-CEO Collardi mutet etwas Sprunghaftes an. Das hat finews.ch bereits für seinen Management-Stil diagnostiziert – und vor den unberechenbaren Auswirkungen gewarnt.

Frische Kräfte

Jetzt verdichtet sich das Bild: Der Julius-Bär-Chef kämpft den «War for Talents» nach der Devise: Wenn ein Spitzenmann zu haben ist, muss er zu Julius Bär. Ob bestehende Julius-Bär-Manager dafür weichen oder Macht abgeben müssen, spielt eine untergeordnete Rolle. Wie sagte Collardi gegenüber finews.ch anlässlich der Ernennung von Lee zum Asienchef treffend: «Nach zehn Jahren unter der gleichen Führung schleicht sich etwas Gemächlichkeit ein. Da tun frische Kräfte Not.»

Frische Kräfte für eine stets frisch und dynamisch wirkende Privatbank – das scheint die Story zu sein, die der quirlige CEO für Julius Bär erzählen will.

«Noch einen Zacken zulegen»

Dies nicht zuletzt auch am Schweizer Heimmarkt, wo der im vergangenen Jahr ernannte Schweiz-Chef Barend Fruithof äusserst ambitiöse Wachstumsziele verfolgt. Der ehemalige Leiter des CS-Firmenkundengeschäfts in der Schweiz hat zwar keinerlei Erfahrungen im Wealth Management. Doch das ist einerlei. Er gilt als einer der besten Bankmanager hierzulande – und war sich schon bei der CS nicht zu schade, hart durchzugreifen.

Das kündigte Fruithof bereits gegenüber finews.ch an: «Wir müssen überall noch einen Zacken zulegen», sagte er im letzten Februar mit Blick auf seinen neuen Verantwortungsbereich.

Weitere Wechsel würden da nicht überraschen.

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