Seit die Familie Safra das Sagen hat, ist die Privatbank J. Safra Sarasin ein verschwiegenes Haus geworden. Nun wird es noch stiller – die Publikationen über Aktien sind eingestellt worden.

Die Privatbank J. Safra Sarasin ist lange eine der wenigen Schweizer Banken gewesen, die noch ein Aktienresearch für ihre Privatkunden geführt und die Berichte auch öffentlich gemacht hat. Seit Ende April gibt es diese Berichte nicht mehr. Ein Sprecher der Bank bestätigte Recherchen von finews.ch, dass diese das Aktienresearch eingestellt hat.

Insgesamt waren fünf Analysten für das Aktienresearch zuständig. Diese wurden laut Auskunft von J. Safra Sarasin allesamt dem Nachhaltigkeitsresearch zugeführt.

Über die Gründe der Einstellung des Aktienresearch schweigt sich die Bank aber aus. Auf entsprechende Fragen konnte der Sprecher keine Antworten geben.

Kundenberater müssen sich anders behelfen

Im Klartext heisst das: Das Research wird nur noch für das Asset Management betrieben. Privatkunden erhalten keine Berichte zu einzelnen Aktien mehr.

Das heisst auch, dass die Berater von J. Safra Sarasin sich anders behelfen müssen, wenn sie ihren Privatkunden einzelne Investments empfehlen wollen. Dem Vernehmen nach werden die bislang für das Private Banking tätigen Analysten weiterbeschäftigt.

Allerdings ist fraglich, ob sich diese mit der neuen Rolle zufrieden geben werden. Schon die vergangenen Veränderungen im Research haben zuletzt zu zahlreichen Abgängen geführt. Von der alten Sarasin-Garde der Analysten um Rainer Skierka oder Oskar Schenker ist kaum einer übrig geblieben.

Ära geht zu Ende

Bei der Bank J. Safra Sarasin geht damit gleichsam eine Ära zu Ende, war das Aktienresearch der vormals Basler Bank Sarasin und die Expertise der Analysten zu den einzelnen Unternehmen doch weitherum geschätzt und anerkannt gewesen. Es galt auch als Marketinginstrument für das Renommée der Bank. Zuletzt hatte es unter der Leitung von Michael Romer gestanden.

Mit der Einstellung wird es um die Bank noch stiller – Berichte gehen nicht mehr an die Öffentlichkeit. Es scheint wie eine logische Folge in der Entwicklung der Bank, seit sie von der brasilianischen Familie Safra 2012 übernommen worden ist. Seither ist sie ein richtig verschwiegene Privatbank geworden.

Viel Unruhe

In den Researchabteilungen hatte es zuletzt Veränderungen und Abgänge gegeben. Schon 2007 hatte Sarasin ihr sogenanntes «Sellside»-Research, jenes für Kunden der Bank, an die Neue Zürcher Bank (NZB) ausgelagert. Sarasin hielt damals noch eine Beteiligung an der NZB, die bald darauf in Turbulenzen geriet.

Nach der Übernahme durch Safra kam Unruhe auf, die zu einem Exodus führte: Rund 40 ehemalige Sarasin-Banker wechselten zur St. Galler Notenstein Privatbank, darunter zahlreiche Analysten im Nachhaltigkeitsbereich. In der Folge musste der damalige Leiter des Aktienresearch, Peter Casanova, gehen.

Eine, dann zwei – und wieder zurück

Die Bank führte daraufhin eine Trennung ein: Für Private Banking und Asset Management waren nun zwei verschiedene Abteilungen von Analysten zuständig. Dieser Schritt wird nun wieder rückgängig gemacht, indem das Aktienresearch einfach eingestellt wird.

Die Bank beschäftigt nun noch rund 15 Analysten für ihre Fonds. Auch das Nachhaltigkeitsresearch führt sie weiter.

«Shownummer» Nachhaltigkeit

Doch heisst es aus informierten Kreisen, dass diese einstige Paradedisziplin der Bank Sarasin in der J. Safra Sarasin nur noch eine «Shownummer» sei. Die guten Leute seien weg – zu Notenstein, wie Andreas Knörzer, der dort das Institutionelle Geschäft leitet.

Primäres Aktienresearch auf der «Sellside» ist in der Branche aber auch ingesamt eine immer weniger gelittene Disziplin.

Ein Grund dafür ist, dass das klassische Aktien-Brokerage immer weniger betrieben wird, beispielsweise noch von der Bank Vontobel oder von Nischenplayern wie der Bank am Bellevue, der BZ Bank, von Kepler Chevreux, von der Mainfirst Bank und auch von der Neuen Helvetischen Bank.

Ganzheitliche Beratungslösungen

Doch das «alte» Geschäftsmodell, in welchem Broker ihren Kunden Aktien verkauften und dafür Provisionen kassierten, ist mehrheitlich ausgelaufen.

Im Privatkundengeschäft zielen die Banken heute vermehrt auf ganzheitliche Beratungslösungen und Anlagekonzepte, in denen einzelne Aktien und das entsprechende Research nur noch eine untergeordnete Rolle spielen.

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