Der Fall der Tessiner Privatbank BSI hat in der Schweiz für deutlich weniger Erschütterung gesorgt als in Asien. Dort ziehen Fachleute radikale Schlüsse: Das Swiss Private Banking sei am Ende.

«Und das ist das Ende der illustren Geschichte des Schweizer Finanzplatzes» – so schliesst ein kürzlich in der «South China Morning Post» erschienener Kommentar. Der Autor ist nicht irgendwer, sondern Peter Guy (Bild) – ein in Asien renommierter Finanzjournalist, der sich als Experte in Regulierungsfragen einen Namen gemacht hat.

Die Regulierung ist es denn auch, die nach den Worten Guys das Ende des Swiss Private Banking herbeiführen wird. Denn jenen Banken, welche die Regulierungskosten im Offshore-Geschäft auch künftig würden tragen können, werde die Aufsicht über kurz oder lang die Lizenz entziehen – so, wie das bei der BSI geschehen sei, schreibt Guy. Und alle anderen Finanzinstitute würden von der enormen Kostenlast erdrückt.  

Eigeninteressen im Spiel

Das Ende des Swiss Banking ist schon mannigfach verkündet worden – vor allem von jenen Stimmen aus dem Ausland die Eigeninteressen verfolgen. So stichelte bereits vergangenes Jahr der Präsident des Finanzzentrums von Abu Dhabi, Ahmed Ali al-Sayegh, gegen den Schweizer Finanzplatz, wie auch finews.ch berichtete.

Singapur hingegen sei die Zukunft. Dort habe man – im Gegensatz zur Schweiz – in den vergangenen 15 Jahren keinen einzigen Fehler gemacht.

Grobe Fehler in Singapur

Nun: Ali al-Sayegh muss inzwischen seine Sicht wohl etwas revidieren. Denn der «Fall BSI», der sowohl von der Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma als auch von der Singapurer MAS untersucht wird, hat offensichtlich gemacht, dass auch in Singapur grobe Fehler geschehen können – nämlich Verstösse gegen das Geldwäscherei-Gesetz wie auch gegen die «Know your Customer»-Regeln (KYC).

Der Verfehlen der BSI sorgt in Singapur für grosse Nervosität – denn es ist das erste Mal überhaupt, dass die Verletzung der KYC-Regeln und eine ungetreue Geschäftsabwicklung strafrechtliche Folgen haben.

London als Auslöser

Daraus zieht Peter Guy den Schluss, dass die Compliance-Kosten für die Banken nochmals massiv steigen werden und versteigt sich dann auf die These: Der Fall der BSI markiere das Ende der Schweizer Bankenbranche – wobei der Niedergang schon viele Jahre vorher eingesetzt habe.

Die Deregulierung des Londoner Finanzplatzes 1986 sei der Auslöser gewesen, Zürich als globales Bankenzentrum auszuschalten. Die Einführung von Fatca, dem Steuerabkommen mit den USA sowie der Steuerstreit, bei dem die Schweizer Banken horrende Bussen bezahlen mussten, hätten weiter dazu beigetragen, das Swiss Private Banking zu dezimieren. 

Globale Dominanz

Die Schweizer Banken sind tatsächlich verwundbar, weil sie im internationalen Urteil jahrzehntelang opportunistisch von Steuerflüchtlingen profitiert haben und so ihre globale Dominanz aufbauen konnten. Und darum stehen die Schweizer Geldhäuser auch unter einer besonderen Beobachtung – jeden Regelverstoss im Private Banking bringt die Öffentlichkeit reflexartig mit der Schweiz in Verbindung. Trotzdem haben sich die notorischen Abgesänge auf das Schweizer Bankwesen bislang als viel zu verfrüht herausgestellt.

Zugegeben, selbst wenn Guy in seinem Kommentar den verbalen Zweihänder schwingt – sein Kommentar ist nicht ganz undifferenziert. Wenn er argumentiert, dass im Prinzip nur die UBS und die Credit Suisse Grösse die Finanzkraft hätten, um im internationalen Wealth-Management-Wettbewerb langfristig bestehen zu können, beschreibt er akkurat die Sorgen kleinerer Schweizer Player. Es ist auch eine Tatsache, dass viele, dieser kleineren Institute über kurz oder lang vor dem Entscheid stehen werden, sich aus dem Offshore-Geschäft zurückzuziehen.

Schon etwas sprunghaft

Auch Guys Feststellung, wonach die einstigen Wettbewerbsvorteile im Swiss Banking nach und nach abbröckelten und heute im Prinzip nur noch in der stabilen Währung und den im internationalen Vergleich günstigeren Kreditkonditionen bestünden, lässt sich nicht ganz von der Hand weisen.

Doch daraus den Untergang der Schweizer Banken herzuleiten, mutet dennoch etwas sprunghaft an und blendet aus, dass das Swiss Private Banking in den vergangenen Jahren durchaus bewiesen hat, sich auf veränderte und verschärfte Wettbewerbsbedingungen einzustellen.

Wie Mark Twain

Peter Guys Nachruf muss eher als weiterer Weckruf aufgenommen werden. Oder um es mit den Worten Mark Twains zu formulieren: «Die Nachricht von meinem Tod ist stark übertrieben.»

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.37%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.79%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.86%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.33%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.65%
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