Die Ausrüstung von Kundenberatern mit Tablets gilt als erster grosser Digitalisierungs-Schritt im Swiss Banking. Doch angekündigt ist er leichter, als umgesetzt, wie finews.ch-Recherchen zeigen.

Wenn Schweizer Banken den Eintritt ins Digitalisierungs-Zeitalter ankündigen, klingt das meist ebenso optimistisch wie steril. Dann ist etwa vom «Einsatz innovativer Finanztechnologie» die Rede und vom «Zusammenspiel des Investment Center mit der Kundenberatung».

Seltener ist in solchen Meldungen von Menschen zu lesen: von Bankangestellten nämlich, welche die innovative Technologie tatsächlich einsetzen und das Zusammenspiel erst ermöglichen.

Das ist verhängnisvoll, wie Recherchen von finews.ch zeigen. Denn wo Mensch und Maschine aufeinandertreffen, sind Pech, Pannen und Peinlichkeiten oft vorprogrammiert. Exemplarisch zeigt das die Ausstattung von Kundenberatern mit Tablets – neben den Bezahl-Apps der bisher bedeutendste Digitalisierungs-Schritt im Swiss Banking.

Die Angst vor dem Vorführ-Effekt

Vorne an der «Kundenfront» wird die vollmundig angepriesene Technologie nämlich nicht immer mit offenen Armen empfangen. Oft genug sorgt sie für Frust bei Beratern und Vorgesetzten – und löst gar Ängste aus.

«Besonders gefürchtet ist das Risiko, vor dem Kunden den so genannten Vorführ-Effekt zu erleben», berichtet etwa Alexia Böniger. Die Chefin des in Zürich beheimateten Banken-Ausbildungszentrums CYP weiss, wovon sie spricht. Seit Jahren setzt CYP explizit auf die Digitalisierung und hat bereits 4'000 Lernende im Bankfach an Tablets ausgebildet hat.

Zudem führt die Ausbildungsstätte derzeit im Auftrag mehrerer Kantonal- und Regionalbanken Tablet-Schulungen für Kundenberater durch, die neu mit den Geräten ausgerüstet wurden.

Berater auf sich selber gestellt

«Wir stellen dabei unterschiedliche Haltungen gegenüber dem Instrument fest, von begeistert bis ablehnend», fasst Böniger die Erfahrungen mit den Kursteilnehmern dipolmatisch zusammen. Die Ablehnung rühre meist daher, dass die Technik noch nicht beherrscht werde.

Nicht selten entfacht die Art der Einführung solche Ressentiments zusätzlich. «Wir stellten schon fest, dass Banken den Beratern die Geräte in die Hand drücken und diese dann auf sich selber gestellt bleiben», berichtet Böniger. «Hier hilft CYP gerne aus.»

Fest steht: das «Going Digital» der Kundenberater ist nicht mehr auzufhalten. Vorreiter sind diesbezüglich die Grossbanken; bei ihren digitalen Investmentangeboten – «Advice» bei der UBS und «Invest» seitens der Credit Suisse – spielten Tablets und andere Endgeräte als smarte Begleiter im Kundenkontakt von Anfang an eine bedeutende Rolle.

ZKB sucht Kinderkrankheiten

Von der CS war zum aktuellen Einsatz von Tablets nur zu erfahren, dass Kundenberater, die Kunden in Anlagen beraten, Tablets nutzen. Auch die UBS gibt sich zugeknöpft: «Wir sind derzeit mit verschiedenen Geräten in Pilot-Projekten aktiv, über verschiedene Segmente hinweg», heisst es bei der grössten Schweizer Bank.

Längst springen auch kleine und mittelgrosse Player auf den Trend auf; die Schwyzer Kantonalbank setzt Tablets auch ausserhalb der Filialen ein, die Regionalbanken-Gruppe Clientis hat bereits 120 Kundenberater ausgerüstet, und die Regionalbank Valiant ist diesbezüglich in den Startblöcken.

In der Testphase befinden sich Tablets auch beim grössten Schweizer Staatsinstitut, der Zürcher Kantonalbank (ZKB). Wie deren oberster Private Banker Christoph Weber gegenüber «finews.ch» eröffnete, werden die Geräte im Lauf des kommenden Jahres an sämtliche Kundenberater ausgeliefert.

Ärger mit der App

Gut 30 speziell ausgebildetet ZKB-Berater aus dem Privat- und Firmenkundengerät testen die Geräte Kinderkrankheiten, wie das Institut auf Anfrage päzisierte.

Die Tests erfolgen mit gutem Grund. Trägt die menschliche Komponente, kann die Digitalisierung immer noch an der Technologie scheitern – auch das zeigt sich am Exempel der Tablets.

Recherchen zufolge hatte etwa die Clientis-Gruppe im Rahmen eines Pilotversuchs mit der Technik zu kämpfen. «Nach der Einführung gab es Probleme mit Standardeinstellungen und dem Update der Evoja-App», bestätigte Clientis auf Anfrage. Hinter der Applikation steht der Telekom-Riese Swisscom.

Bionische Vision

Auch die Ausbildner bei CYP ärgerten sich schon mit ihren Tablets herum. «Die Technologien sind komplex, Fehlerquellen kommen immer wieder vor», sagt Chefin Böniger. CYP habe zwei Jahre gebraucht, um eine stabile Umgebung zu schaffen, die auch mit den steten Erneuerungen der Applikationen und Betriebssystemen mithalten kann, sagt sie.

Pannen im System, Ängste bei den Nutzern – die Erfahrungen mit den Tablets zeigen, wie weit Alltag und Vision in der Digitalisierung des Swiss Banking auseinanderklaffen. Derweil sind die Vordenker der Branche in ihren Planspielen bereits beim «bionischen Kundenberater» angelangt.

Gegenwärtiger erscheinen da die Bemühungen um neue Grundfertigkeiten für Kundenberatern. Peter Wandelt, selber mit Ausbildungsfragen bei einer Grossbank betraut, hat kürzlich im Rahmen seiner Masterarbeit bei der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) ein neues Kompetenzmodell beschrieben.

Wie ein Fernsehmoderator

Dieses soll insbesondere Private Banker befähigen, mit den Auswirkungen der Digitalisierung zurechtzukommen – und enthält neben Fach-, Methoden-, Sozial- sowie Selbstkompetenzen auch die Forderung nach digitalem Know-how wie Multichannel-Management und Spezialisierung. Diese Kompetenzen, schliesst Wandelt, müssten von den Banken explizit gefordert und gefördert werden.

So oder so, die Digitalisierung wird den schon jetzt schwer geforderten Kundenberatern noch mehr abverlangen. Oder wie es ein Banker gegenüber Wandelt ausdrückte: «Das ist ein Moderatorjob, das ist wie einer, der irgendwie im Fernsehstudio mit den ganzen Gästen am Tisch jonglieren kann.»

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.21%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
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  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
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  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.42%
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