Mit dem Verkauf der Asset-Management-Tochter Vescore an Vontobel erleben die hochfliegenden Pläne von Raiffeisen eine harte Landung.

Ein Streit, der jahrelang für Schlagzeilen zuhauf sorgte, fand mit einem lakonischen Spruch ein Ende. «Das ist wie in einer Ehe», sagte der Raiffeisen-Chef Patrik Gisel am Donnerstag vor den Medien, «da sind auch nicht alle Jahre glücklich».

Tatsächlich taten Gisel und Vontobel-CEO Zeno Staub ganz so, als hätte es den 2012 ausgebrochenen Zwist zwischen den Banken nie gegeben. Aufgeräumt stellten sie die vertiefte Partnerschaft vor, die letzten Februar beschlossen und nun mit dem Verkauf der Raiffeisen-Asset-Management-Tochter Vescore besiegelt wurde.

Industrielle Logik

Basis für die neue Beziehung, die bis 2020 andauern soll, ist nun die «industrielle Logik». Das Zürcher Traditionshaus liefert als «Fabrik» die Asset-Management-Expertise und das Research; der «Rote Riese» Raiffeisen konzentriert sich auf den Vertrieb und die Kundenberatung. 1 plus 1 ergebe da 3, rechneten Staub und Gisel vor.

Dass die Partnerschaft aber zumindest für Raiffeisen mit einem Minus beginnt, versuchte Gisel auf die leichte Schulter zu nehmen. Der Verkauf der aus einer vollmundig angekündigten Akquisitionsstrategie gewachsenen Vescore kommt für Raiffeisen einer eigentlichen Niederlage gleich: die drittgrösste Schweizer Bank schaffte es nicht, ihren Asset-Management-Arm in die schwarzen Zahlen zu bringen – und verkaufte.

«Raiffeisen erwies sich nicht als optimales Umfeld für Verscore», fasste Gisel am Donnerstag diese Erfahrung lapidar zusammen. Aus dem Statement liess sich heraushören, dass der Raiffeisen-CEO nicht unglücklich sein dürfte über die nun frei gewordenen Management-Kapazitäten.

Abschied von Vincenz' Erbe?

Dennoch: Das Ende von Raiffeisen-Vescore, die neue Einigkeit mit Vontobel – damit verabschiedet sich CEO Gisel ein gutes Stück weit vom Erbe seines Vorgängers Pierin Vincenz. Der hatte die bodenständige «Bauernbank» Raiffeisen zu einem Imperium aufgebaut und dabei auch die Konfrontation mit Vontobel nicht gescheut.

Was wird nun aus dem Vincenz-Imperium? Gisel formulierte es diplomatisch: «Unter meinem Vorgänger hat Raiffeisen viel Potenzial eingekauft. Jetzt müssen wir dieses in Erträge verwandeln».

Bei Vescore war das im Alleingang offenbar nicht mehr möglich, und auch bei der Privatbanken-Tochter Notenstein La Roche stehen nun Veränderungen ins Haus. Zwar kommt ein Verkauf des 2012 von der untergegangenen Wegelin & Co. übernommen Private Banking mittelfristig nicht infrage, wie Gisel betonte.

Ein neuer Typ Privatbank

Trotzdem will er Notenstein La Roche künftig noch stärker auf den Vertrieb ausrichten, wo die grosse Stärke von Raiffeisen Schweiz mit ihren 3,9 Millionen Kunden liegt.

Mehr noch: Wie am Rande der Medienkonferenz zu vernehmen war, schwebt Raiffeisen offenbar ein ganz neuer Typ von Privatbank vor. So wird derzeit darüber beraten, das Angebot auf eine handvoll standardisierte Mandate zu reduzieren, die dann sowohl an die reiche Notenstein-Kundschaft wie auch an vermögende Raiffeisen-Klientel vertrieben werden.

Mit der Vereinfachung des Angebots und der Steigerung des Volumens soll das Kosten-Ertrags-Verhältnis (Cost Income Ratio, CIR) von Notenstein La Roche unter 60 gesenkt werden. Ein rekordverdächtiger Wert, lag doch die CIR der Raiffeisen-Tochter zuletzt noch bei einem Wert von 80. Wie finews.ch Anfang Juni exklusiv vermeldetet, ist das Institut damit beschäftigt, rund 10 Millionen Franken einzusparen.

Das wäre dann erst der Anfang.

Leonteq im Abwärtsstrudel

Zu kämpfen hat derzeit noch ein weiterer Pfeiler des Imperiums. Der Zürcher Derivate-Spezialist Leonteq, an dem die Raiffeisen-Gruppe 26,5 Prozent hält und wo Ex-CEO Vincenz als Präsident amtet, musste im April eine Gewinnwarnung ausgeben.

Über das ganze Jahr hinweg bleiben die Erträge dort unter Druck, warnte Leonteq damals. Bös an Boden verlor auch die Aktie: im letzten Halbjahr mehr als 60 Prozent.

Darüber dürfte sich Gisel nicht wenig ärgern, obwohl er sich weiter zu Leonteq bekennt. Der Derivatespezialist bleibe als Finanzbeteiligung und als Produktelieferant Partner von Raiffeisen. Daran ändere sich nichts – wenigstens «im Moment», wie es der Raiffeisen-CEO sibyllinisch ausdrückte.

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