Banker und SVP-Nationalrat Thomas Matter sieht den Brexit als Chance für die Schweiz. Das ist aufgrund seiner politischen Färbung nicht überraschend. Seine Argumente sind hingegen stichhaltig.

Thomas Matter, Gründer der Neuen Helvetischen Bank und Nationalrat der SVP, sieht im Brexit eine grosse Chance für die Schweiz. Das schreibt der Unternehmer im Blog auf der SVP-Internetseite.

Er sieht diese Chancen insbesondere im Bereich der Forschung, zu welchem er den Vorschlag macht, die Schweiz solle viel eher den Wissensaustausch durch einen Verbund «mit den vorzüglichen englischen Universitäten statt mit dem EU-Mittelmass suchen.»

Engere Zusammenarbeit mit London

Die andere grosse Chance sieht Matter in der Finanzplatzpolitik. «Angesichts der Tatsache, dass künftig auch Grossbritannien nicht mehr EU-Mitglied ist, sollten die Finanzplätze von London einerseits und Zürich sowie Genf andererseits weit enger zusammenarbeiten», schreibt er.

Die City of London geniesse privilegierte Sonderrechte und es sei nicht einzusehen, warum der Schweizer Finanzplatz diese Sonderrechte gegenüber der EU kampflos aufgeben solle. «Die Grossbanken müssten in London statt in Brüssel lobbyieren», so der Banker.

Kritik an den Medien

Die Idee einer kooperativen Finanzplatzstrategie der Schweiz zusammen mit Grossbritannien hatte kürzlich David Stubbs, Stratege bei J.P. Morgan Asset Management, auf finews.ch lanciert.

Der Grundton von Matters Brexit-Blog ist mit seinen Hinweisen auf die vorhandenen Chancen für die Schweiz ein völlig anderer als jener in der Schweizer Medienlandschaft. In SVP-Manier kritisiert Matter denn auch die Berichterstattung in Zeitungen und Staatsmedien, welche den EU-Austrittsentscheid der Briten wahlweise als «Schock», als «Abgrund», ja sogar als «Untergang» kommentiert hätten.

Berlin, Paris und Frankfurt bringen sich in Stellung

Von Chancen für die Schweiz– wie sie Matter sieht – war allenthalben nichts zu hören. Während sich vornehmlich Paris, Berlin und Frankfurt in Stellung bringen, um von einem möglicherweise geschwächten Finanzzentrum Londons zu profitieren, herrscht in der Schweiz diesbezüglich Stille.

Die «Financial Times» vom Donnerstag beschreibt in einem Artikel, wie sich die deutsche Hauptstadt ins Zeug legt, um London als Fintech-Hub abzulösen. Die Freien Demokraten Berlins fuhren diese Woche mit riesigem Transparent durch London mit der Botschaft: «Start-ups, Ruhe bewahren und nach Berlin umziehen.»

Berlin Fintech

Die offizielle Schweiz sieht als Nicht-EU-Mitglied keine solche Chancen. Dass Zürich als Fintech-Hub von einer Schwächung Londons vielleicht profitieren könnte, ist auf den ersten Blick auch nicht absehbar. Doch von Initiativen und kreativen Ideen, wie dies zu bewerkstelligen wäre, hört man nichts.

Kein EU-Finanzzentrum in den Top Ten

Gleiches betrifft den Schweizer Finanzplatz, von dem Matter meint, er könne profitieren. Wenn London als global wichtigster Finanzplatz überhaupt nicht mehr in der EU sei, sollten Zürich und Genf weit enger mit London zusammenarbeiten.

Matters Punkt: In der EU gibt es – mit Ausnahme Londons – keinen einzigen relevanten Finanzplatz. Im Global Financial Centres Index figuriert Luxemburg auf Platz 14, Frankfurt erst auf Platz 18. Zürich hingegen ist auf Platz 6, Genf auf Platz 15. Die Kräfte zu bündeln, würde die vorhandenen Stärken noch weiter hervorheben.

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