Die Chefs der beiden Grossbanken Credit Suisse und Deutsche Bank liefern sich ein Fernduell im Krisenmanagement. finews.ch ist der Meinung: Tidjane Thiam hat Vorteile.

Hand in Hand scheint der Niedergang der beiden stolzen Grossbanken Credit Suisse (CS) und Deutsche Bank zu verlaufen – so jedenfalls spiegeln es ihre Aktienkurse. Seit Tidjane Thiam und John Cryan die Geschicke der jeweiligen Finanzinstitute übernommen haben, sackte die CS-Aktie um 63 Prozent ab, jene der Deutschen Bank um 64 Prozent.

Sowohl Thiam als auch Cryan waren angetreten, das Steuer herumzureissen. Nach einigen Wochen Einarbeitungszeit hatten beide ihre Restrukturierungspläne vorgelegt. Seither scheint alles nur noch schlimmer geworden zu sein.

Die riskantesten Banken

Der Internationale Währungsfonds (IWF) bezeichnete die Deutsche Bank Ende Juni als das gefährlichste Finanzinstitut der Welt, die Credit Suisse folgte im «Financial Assessment Program» auf dem wenig rühmlicheren dritten Rang der für das Finanzsystem riskantesten Banken.

Trotz massivem Stellenabbau und harten Kosteneinsparungen gelang es sowohl CS als auch Deutsche Bank im zweiten Quartal nur mit Mühe, in den schwarzen Zahlen zu bleiben. Die Ergebnisse von 170 Millionen Franken respektive 20 Millionen Euro hatten Kommentatoren als «Zufallsgewinne» bezeichnet.

Erlittene Schmach

Beide CEO haben das Pech, dass die volatilen Finanzmärkte ihre Restrukturierungsanstrengungen nicht gerade stützen. Sowohl Cryan als auch Thiam sahen sich mehrfach genötigt, angesichts aufkommender Liquiditätssorgen im europäischen Bankensektor der Öffentlichkeit zu versichern, ihre Häuser seien «rock-solid» oder «hervorragend kapitalisiert» – Einschätzungen, welche Investoren ganz offensichtlich nicht teilten.

Vergangene Woche dann die gemeinsam erlittene Schmach: Die Aktien der CS und Deutsche Bank flogen aus dem Stoxx-Index der 50 grössten Europäischen Unternehmen. Am Montag wurde der Rauswurf dann Tatsache.

Auf Cryan prasselte zudem weitere Kritik, nachdem sein Institut im Stresstest unter den zehn schlechtesten der 51 geprüften Banken abgeschnitten hatte.

Gleichbehandlung gerechtfertigt?

Die Parallelen zwischen den beiden Grossbanken erstaunen wenig, hatten sowohl Thiams als auch Cryans Vorgänger es sträflich verpasst, die Häuser auf die völlig veränderte Grosswetterlage bezüglich Regulatorien und Kapitalvorschriften einzustellen.

Beide Banken ächzten unter überdimensionierten Investmentbanken und risikobeladenen Bilanzen bei zu wenig hartem Eigenkapital.

Märkte und Investoren scheinen Zustand und Positionierung der beiden Banken als sehr ähnlich zu betrachten; darauf lassen die jeweiligen Bewertungen schliessen. Doch scheint dies bei genauerer Betrachtung nicht gerechtfertigt.

finews.ch ist anhand einiger Kriterien und Kennzahlen der Meinung: Thiam steht nach einem Jahr mit der CS besser da als Cryan mit der Deutschen Bank.

1. Eigenkapital

Die harte Eigenkapitalquote der CS liegt nach dem zweiten Quartal bei 11,8 Prozent. Das ist nicht glänzend, doch gelang in der Berichts-Periode eine Verbesserung von 40 Basispunkten.

Die Eigenkapitalquote der Deutschen Bank verlor dagegen im Vergleich zu Ende 2015 30 Basispunkte auf 10,8 Prozent. Damit wird es für die Deutsche Bank zunehmend schwierig, das mittelfristige Ziel von 12,5 Prozent zu erreichen.

CS-CEO Thiam ist bescheidener und will das Eigenkapital im Zielband zwischen 11 und 12 Prozent halten.

2. Risiken in der Bilanz

Die Investmentbank der Deutschen Bank ist im Vergleich zu jener der CS ein Schwergewicht. Das spiegeln auch die risikogewichteten Aktiven, die sich bei der CS «nur» auf 271 Milliarden Franken belaufen, bei der Deutschen Bank aber auf 403 Milliarden Euro.

Während die CS also Risiken in ihrer Bilanz abgebaut hat, sind sie in der Deutschen Bank im ersten Semester sogar leicht angestiegen.

3. Ertragsquellen

Brady Dougan hatte die Verschiebung der Gewichte der Ertragsquellen in der CS zugunsten der Vermögensverwaltung und zulasten der Investmentbank bereits in Angriff genommen. Unter Thiam hat sich das Verhältnis nun deutlich gedreht: Das Investment-Banking steuert nur noch 39 Prozent der Gesamterträge bei, der Hauptteil stammt nun aus Corporate- und Private Banking sowie Asset Management. Unter Dougan war dieses Verhältnis noch umgekehrt.

Ganz anders bei der Deutschen Bank: In Cryans Strategie ist die Investmentbank noch immer der Ertragsmotor, sie steuert 63 Prozent der Gesamterträge bei. Damit ist die Deutsche Bank auch deutlich anfälliger auf Marktschwankungen, welche wohl noch eine ganze Weile anhalten werden.

4. Private Banking

Entsprechend der in Punkt 3 dargelegten Gewichtung der jeweiligen Investmentbank-Aktivitäten hat die Schweizer Grossbank ihre Private-Banking-Standpfeiler im Konzern verstärkt. Das im Hinblick auf eine nachhaltige Ertragsbasis von Vorteil, da Einnahmen aus der Vermögensverwaltung stabiler und weniger schwankungsanfälliger sind als aus dem Wertschriftenhandel.

Als Handelshaus will sich die Deutsche Bank weiterhin positionieren, wenn auch Cryan das Ziel hat, das Wealth Management zu stärken. Auch Thiam strebt dies an, wobei er auf eine deutlich stärkere Basis zählen kann als Cryan.

Die verwalteten Vermögen der CS im Private Banking belaufen sich derzeit auf gut 690 Milliarden Franken, jene der Deutschen Bank liegen bei rund 310 Millarden Euro.

5. Asien

Die Suche nach Wachstumsmöglichkeiten lässt sowohl Thiam wie Cryan in Richtung Asien blicken – und auch dort hat die CS Vorteile. Sie ist eine der führenden Investmentbanken und gehört zu den Top 3 im Private Banking.

Der Abstand zur Deutschen Bank ist mit 50 Milliarden Dollar verwalteten Vermögen beträchtlich. Kommt dazu, dass die CS mit ihrer Unternehmerbank-Strategie deutlich mehr Synergien mit der Investmentbank erzielt als die Deutsche Bank und somit besser aufgestellt ist, das vorhandene Wachstumspotenzial auszuschöpfen.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.25%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.77%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.92%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.29%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.77%
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